
Geschlechtsangleichende Operationen in Schweizer Spitälern, 2019–2022
Im Jahr 2022 wurde bei rund 500 Personen eine geschlechtsangleichende Operation vorgenommen. Seit 2018 ist die Zahl dieser Eingriffe kontinuierlich angestiegen. 68% der Operationen im Jahr 2022 betrafen eine Angleichung vom weiblichen zum männlichen Geschlecht. Die chirurgischen Eingriffe zur Geschlechtsangleichung konzentrieren sich fast ausschliesslich auf fünf Schweizer Spitäler. Die vorliegende Publikation beschreibt das soziodemografische Profil der betroffenen Patientenschaft und enthält Angaben zu den erhaltenen Behandlungen.
1 Anzahl Hospitalisierungen und betroffene Personen
2022 wurden 525 Hospitalisierungen Ambulante Behandlungen sind in diesen Zahlen nicht enthalten. im Zusammenhang mit einer geschlechtsangleichenden Operation erfasst. Die Eingriffe bestanden in einer teilweisen oder vollständigen Angleichung der körperlichen Merkmale der betroffenen Personen an ihr empfundenes Geschlecht. Die 525 Hospitalisierungen betrafen 486 Personen; bei einigen von ihnen wurden im Verlaufe des Jahres 2022 mehrere Operationen vorgenommen. Bis 2018 wurden nur sehr wenige Personen im Zusammenhang mit einer Geschlechtsangleichung in der Spitalchirurgie erfasst. Seit 2019 ist die Zahl der chirurgischen Geschlechtsangleichungen kontinuierlich gestiegen, sodass sie sich zwischen 2019 und 2022 mehr als verdoppelt hat (+115%; G1). Von 2019 bis 2022 wurden in Schweizer Spitälern insgesamt 1462 geschlechtsangleichende Operationen bei 1210 verschiedenen Personen durchgeführt. Teilweise werden bei der betroffenen Patientenschaft mehrere Operationen durchgeführt, was während des Geschlechtsangleichungsprozesses entsprechend viele Hospitalisierungen erfordert. 2022 handelte es sich bei 409 (84%) der insgesamt 486 operierten Personen um den ersten Eingriff, bei 16% um Folgeeingriffe.
Untersucht wurden Hospitalisierungen, die die folgenden Diagnosen und Behandlungen umfassen, kodiert nach den geltenden medizinischen Klassifikationen:
– Behandlung 64.5 Operation zur Geschlechtsangleichung (Schweizerische Operationsklassifikation CHOP) oder 70.61.11 Konstruktion einer Vagina mit gestielter Haut des Penis (zur Geschlechtsangleichung) (CHOP) als Haupt- oder Nebenbehandlung. Solche Operationen werden als «Geschlechtsangleichung» oder «Geschlechtsanpassung» bezeichnet;
– Diagnose F64 Störungen der Geschlechtsidentität (internationale Klassifikation der Krankheiten [ICD] Version 10) oder Geschlechtsinkongruenz (ICD Version 11) als Haupt- oder Nebendiagnose. Geschlechtsinkongruenz ist durch eine ausgeprägte und anhaltende Inkongruenz zwischen dem empfundenen Geschlecht und dem zugewiesenen Geschlecht gekennzeichnet (Definition ICD). Ebenfalls verwendet wird der Begriff Geschlechtsdysphorie.

2 Soziodemografische Merkmale
357 der im Jahr 2022 für geschlechtsangleichende Operationen verzeichneten Hospitalisierungen (68%) betrafen Eingriffe für eine Angleichung vom weiblichen zum männlichen Geschlecht, 168 (32%) vom männlichen zum weiblichen Geschlecht. Über den gesamten Beobachtungszeitraum sind mehr Angleichungen vom weiblichen zum männlichen Geschlecht zu verbuchen als umgekehrt (G2). Diese Verteilung gilt nicht nur für die Analyse nach Anzahl Hospitalisierungen, sondern auch in Bezug auf die Personen: 2022 unterzogen sich 340 Personen mit biologisch weiblichem Geschlecht einer Operation zur Angleichung ans männliche Geschlecht, verglichen mit 146 Personen mit einer Angleichung vom männlichen zum weiblichen Geschlecht.

Das Durchschnittsalter der Personen, bei denen eine geschlechtsangleichende Operation vom weiblichen zum männlichen Geschlecht vorgenommen wurde, lag bei 27 Jahren. 54% zählten zur Altersklasse der 15- bis 24-Jährigen (G3), 26 von ihnen waren minderjährig. Bei den Angleichungen vom männlichen zum weiblichen Geschlecht war die Patientenschaft mit einem Durchschnittsalter von 34 Jahren weniger jung. Ein Drittel von ihnen war zwischen 25 und 34 Jahren alt, ein Viertel zwischen 15 und 24 Jahren. Minderjährige Personen wurden hier keine verzeichnet.

Das Durchschnittsalter der behandelten Personen war zwischen 2019 und 2022 für die Angleichungen in beide Richtungen stabil, wobei die Fallzahl in allen Alterskategorien angestiegen ist (+283). Die Zahl der unter 18-Jährigen belief sich 2019 auf 17 Personen, 2020 auf 23 Personen, 2021 auf 27 Personen und 2022 auf 26 Personen.
Von den zwischen 2019 und 2022 insgesamt erfassten Hospitalisierungen betrafen 19% Personen mit Wohnsitz im Kanton Zürich. Damit entfallen auf 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons 4,4 Hospitalisierungen für eine geschlechtsangleichende Operation. Besonders hoch war dieses Verhältnis in den Kantonen Basel-Stadt (10,9) und Basel-Landschaft (6,9). In einigen Zentralschweizer (NW, OW, SZ) und Ostschweizer Kantonen (AI, GL, GR, TG,) sowie im Tessin lagen die Werte dagegen bei unter 3,0. Zwischen 2019 und 2022 wurden 33 geschlechtsangleichende Operationen bei Personen mit Wohnsitz im Ausland durchgeführt. Zur Anzahl Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die sich im Ausland einem solchen Eingriff unterzogen haben, liegen keine Daten vor.
3 Behandlungen
Vom weiblichen zum männlichen Geschlecht
Operationen zur Angleichung vom weiblichen zum männlichen Geschlecht umfassen unter anderem Mastektomien (Entfernung der Brüste), Hysterektomien (Entfernung der Gebärmutter) und Salpingoovarektomien (Entfernung von Teilen des weilblichen Genitalsystems) sowie Phalloplastiken (Konstruktion eines Penis). Bei der Analyse wurden lediglich in einem Spital vorgenommene Operationen mit Spitalaufenthalt berücksichtigt.
Im Rahmen der im Jahr 2022 verzeichneten 357 Hospitalisierungen zur Angleichung vom weiblichen zum männlichen Geschlecht wurden 221 Mastektomien gezählt (G4). Das Durchschnittsalter der operierten Personen lag bei 24 Jahren: Die Hälfte war weniger als 22 Jahre alt, 24 Personen waren minderjährig. In 94% der Fälle war die Mastektomie der einzige geschlechtsangleichende Eingriff, der während des Spitalaufenthalts vorgenommen wurde. In 13 Fällen wurde gleichzeitig aber auch ein Teil des weiblichen Genitalsystems (Gebärmutter, Eierstöcke) entfernt. Seit 2019 hat die Zahl der Mastektomien bei den volljährigen Personen um 203% zugenommen. Bei den Minderjährigen ist kein solcher Anstieg zu beobachten: 2019 belief sich die Zahl der Mastektomien auf 15, 2020 auf 21, 2021 auf 25 und 2022 auf 24.

Hysterektomien und Salpingoovarektomien werden häufig gleichzeitig vorgenommen: 2022 wurden insgesamt 57 Hysterektomien und 53 Salpingoovarektomien verzeichnet. Das Durchschnittsalter bei diesen Eingriffen betrug 26 Jahre. Bei 33 Personen wurde eine Phalloplastik vorgenommen (das Durchschnittsalter bei diesem Eingriff lag bei 29 Jahren) und bei 31 Personen eine Hodenprothese eingesetzt.
Vom männlichen zum weiblichen Geschlecht
Operationen zur Angleichung vom männlichen zum weiblichen Geschlecht umfassen unter anderem Vaginoplastiken (Konstruktion einer Vagina) sowie die Entfernung eines Teils der männlichen Genitalien oder das Einsetzen von Brustimplantaten. Bei der Analyse wurden lediglich in einem Spital vorgenommene Operationen mit Spitalaufenthalt berücksichtigt.
2022 wurden 168 Operationen zur Angleichung vom männlichen zum weiblichen Geschlecht durchgeführt. 70 davon bestanden in einer Vaginoplastik (G5). Das Durchschnittsalter bei diesem Eingriff betrug 34 Jahre, 20% der operierten Personen waren über 50 Jahre alt. Die Entfernung von Teilen der Genitalien erfolgt in 87% der Fälle im Rahmen einer Vaginoplastik. Orchidektomien (Entfernung der Hoden) werden sehr selten als Einzeleingriff vorgenommen (6 Fälle) Diese Eingriffe werden in der Regel ambulant vorgenommen. .

Die anderen chirurgischen Eingriffe zur Angleichung vom männlichen zum weiblichen Geschlecht betreffen insbesondere Operationen an der Brust (28 Eingriffe für Implantate zur Brustvergrösserung) sowie das Gesicht und die Stimme (62 Eingriffe am Larynx, 17 Eingriffe zur Entfernung von Teilen des Gesichtsschädelknochens). Bei allen genannten chirurgischen Eingriffen wurden die höchsten Werte des Beobachtungszeitraums im Jahr 2022 verzeichnet, die tiefsten im Jahr 2020, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass während der Covid-19-Pandemie vorübergehend keine nicht dringenden Operationen durchgeführt wurden.
Operationen
Einige chirurgische Eingriffe fallen fast ausschliesslich in den Bereich der geschlechtsangleichenden Chirurgie. Das ist bei Phalloplastiken, von denen 94% zur Geschlechtsangleichung vorgenommen werden, sowie bei Vaginoplastiken (95% zur Geschlechtsangleichung) der Fall. Bei den Mastektomien hingegen wurden lediglich 3% aller im Jahr 2022 in der Schweiz durchgeführten Eingriffe im Rahmen einer Geschlechtsangleichung vorgenommen, bei den Hysterektomien gar nur 1%. Bei der Entfernung von Teilen der männlichen Genitalien beläuft sich der geschlechtsangleichende Anteil auf 40%. Ausserhalb der Geschlechtsangleichung werden die Eingriffe meist zur Behandlung von Tumoren durchgeführt.
4 Diagnosen
In 97% der Fälle betraf die bei den geschlechtsangleichenden Operationen gestellte Hauptdiagnose Die Hauptdiagnose wird gemäss WHO definiert als «derjenige Zustand, der am Ende des Spitalaufenthaltes als Diagnose feststeht und der der Hauptanlass für die Behandlung und Untersuchung der Patientin, bzw. des Patienten war». die Geschlechtsidentität ICD-10-Code F64: Störungen der Geschlechtsidentität . Dabei wird auf eine Geschlechtsdysphorie verwiesen, die damit einhergeht, dass sich Betroffene aufgrund der Diskrepanz zwischen der empfundenen Geschlechtsidentität und dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht unwohl fühlen oder darunter leiden.
Diagnose F64
Es ist anzumerken, dass chirurgische Eingriffe oft einer der letzten Schritte in der Betreuung einer Geschlechtsdysphorie sind5. 2022 waren denn auch Hospitalisierungen zu verzeichnen, bei denen die Diagnose der Geschlechtsdysphorie ohne damit zusammenhängende operative Behandlung gestellt wurde. Das war bei rund 650 Hospitalisierungen und 460 verschiedenen Personen der Fall. Personen mit erklärtem weiblichem Geschlecht sind in der Mehrheit (59%) gegenüber den Personen mit erklärtem männlichem Geschlecht (41%).
Als Hauptdiagnose wird in 10% der Fälle eine Geschlechtsdysphorie angegeben. In 60% der Fälle waren psychische Störungen, insbesondere Persönlichkeitsstörungen und Depressionen, Hauptgrund für die Hospitalisierung.
Ein anderer Schritt ist die Anpassung der Angaben zu Geschlecht und Vornamen im Personenstandsregister. 2022 wurden 620 Änderungen des eingetragenen Geschlechts «Mann» zum eingetragenen Geschlecht «Frau» und 557 Wechsel von «Frau» zu «Mann» gezählt. 36% der 557 Änderungen von «Frau» zu «Mann» betrafen Personen zwischen 15 und 19 Jahren.
www.statistik.ch
→ Statistiken finden
→ 01 – Bevölkerung
→ Stand und Entwicklung
→ Geschlecht
5 Dauer und Ort der Spitalaufenthalte
Die Dauer des Spitalaufenthalts variiert je nach Operation. Bei Mastektomien wurden 2022 mit durchschnittlich 2,7 Hospitalisierungstagen die kürzesten Spitalaufenthalte verzeichnet (G6), verglichen mit 3,3 Tagen im Jahr 2019. Bei Phalloplastiken Gemäss Dokumentation eines Spitals, das Phalloplastiken durchführt, dauert der Eingriff selbst sechs bis acht Stunden. dauerten die Spitalaufenthalte 2022 mit durchschnittlich 13,1 Tagen am längsten. Bei einer Hysterektomie bleibt die Patientenschaft durchschnittlich 3,5 Tage im Spital.

Was die Angleichung vom männlichen zum weiblichen Geschlecht anbelangt, so dauerte der Spitalaufenthalt bei Vaginoplastiken Gemäss Dokumentation eines Spitals, das Vaginoplastiken durchführt, dauert der Eingriff selbst vier bis fünf Stunden. im Jahr 2022 durchschnittlich 9,6 Tage. Mammoplastiken zur Brustvergrösserung dauerten mit durchschnittlich 5,6 Tagen hingegen weniger lange.
Soweit der Prozess der Geschlechtsangleichung nachvollzogen werden kann, zeigt die Analyse, dass bei rund zehn der insgesamt 174 Personen, bei denen 2021 eine Mastektomie vorgenommen wurde, durchschnittlich elf Monate nach der Mastektomie eine Operation am Genitalsystem erfolgte (Hysterektomie oder Phalloplastik).
2019 wurden über 95% der geschlechtsangleichenden Operationen in vier und ab 2020 in fünf Spitälern durchgeführt (G7). 2022 fand die Hälfte der geschlechtsangleichenden Eingriffe in einem Universitätsspital statt.

Im Jahr 2022 erfolgten einer detaillierteren Analyse zufolge 69 der insgesamt 70 durchgeführten Vaginoplastiken in einem der Universitätsspitäler, wobei die einzelnen Spitäler eine Gesamtzahl von 8 bis 38 Vaginoplastiken vornahmen. Die überwiegende Mehrheit (94%) der Personen, die sich einer Phalloplastik unterzogen, wurden in einem von drei verschiedenen Spitälern operiert, wobei die Zahl der Operationen in den einzelnen Spitälern zwischen 5 und 18 Personen variierte.
Bei den Mastektomien konzentrierten sich 96% der Eingriffe auf vier Spitäler; die einzelnen Spitäler führten zwischen 14 und 88 Mastektomien durch.
Datenquellen
Bundesamt für Statistik, Medizinische Statistik der Krankenhäuser
HauptergebnisseT1
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | ||
---|---|---|---|---|---|
Behandlung von weiblich zu männlich | |||||
Total Fälle | 160 | 207 | 300 | 357 | |
Nach Eingriff | |||||
Mastektomie | Fallzahl | 80 | 131 | 174 | 221 |
CHOP-Code 85.A* | Durchschnittsalter | 24,6 | 24,0 | 24,2 | 24,8 |
Durchschnittliche Hospitalisierungsdauer, in Tagen | 3,3 | 3,1 | 2,8 | 2,7 | |
Hysterektomie | Fallzahl | 44 | 37 | 53 | 57 |
CHOP-Code 68.4* | Durchschnittsalter | 24,8 | 26,1 | 24,8 | 26,1 |
Durchschnittliche Hospitalisierungsdauer, in Tagen | 3,5 | 3,4 | 3,0 | 3,4 | |
Phalloplastik | Fallzahl | 8 | 23 | 42 | 33 |
CHOP-Code 64.43* | Durchschnittsalter | 27,0 | 31,4 | 30,0 | 29,1 |
Durchschnittliche Hospitalisierungsdauer, in Tagen | 12,9 | 13,3 | 12,5 | 13,1 | |
Behandlung von männlich zu weiblich | |||||
Total Fälle | 83 | 73 | 115 | 168 | |
Nach Eingriff | |||||
Vaginoplastik | Fallzahl | 57 | 50 | 55 | 70 |
CHOP-Code 70.61* | Durchschnittsalter | 36,3 | 31,8 | 32,6 | 33,5 |
Durchschnittliche Hospitalisierungsdauer, in Tagen | 9,4 | 9,7 | 10,0 | 9,6 | |
Mammoplastik zur Brustvergrösserung |
Fallzahl | 30 | 25 | 28 | 28 |
CHOP-Code 85.D | Durchschnittsalter | 34,5 | 30,6 | 33,3 | 32,5 |
Orchidektomie | Fallzahl | 52 | 43 | 46 | 67 |
CHOP-Code 62.4* | Durchschnittsalter | 35,8 | 32,9 | 32,1 | 32,4 |
Quelle: BFS – Medizinische Statistik der Krankenhäuser
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