Von zu Hause ausziehen

Die vorliegende Untersuchung interessiert sich für den Auszug junger Leute zwischen 15 und 39 Jahren. Sie kommt zum Schluss, dass mit 22 Jahren bereits die Hälfte das Elternhaus verlassen haben und beleuchtet verschiedene Faktoren, die das Ausziehen begünstigen. Dabei zeigt sich, dass das Geschlecht und der Geburtsjahrgang eine wichtige Rolle einnehmen. Junge Menschen, die von Zuhause ausgezogen sind, wohnen mehrheitlich in der Nähe ihrer Eltern und pflegen auch einen engen Kontakt. Die Wohnform der jungen Leute nach dem Auszug hängt insbesondere vom Alter ab, aber es gibt auch regionale Unterschiede.

Wann verlassen junge Leute das Elternhaus?

Die meisten jungen Menschen verlassen das Elternhaus Als Wohnsitz gilt der Ort, an dem man mindestens vier Tage pro Woche lebt. Das heisst, eine Person ist von zu Hause ausgezogen, wenn sie vier oder mehr Tage pro Woche mit keinem Elternteil zusammenlebt, unabhängig davon, was als ihr Hauptwohnsitz registriert ist. zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr (Grafik 1). Mit 20 Jahren ist etwas mehr als ein Viertel aller jungen Erwachsenen ausgezogen, mit 22 Jahren sind es bereits 50%. Mit 25 Jahren haben 76% das Elternhaus verlassen und mit 30 Jahren leben weniger als 10% noch bei ihren Eltern.

Frauen verlassen das Elternhaus einiges früher als Männer. Mit 20 Jahren sind knapp ein Drittel aller Frauen ausgezogen (32%). Bei den Männern sind es beinahe 10 Prozentpunkte weniger (23%). Im Alter von 21,5 Jahren leben 50% der Frauen nicht mehr bei den Eltern, Männer erreichen diese Schwelle mit 22,8 Jahren. Mit 25 Jahren wächst die Differenz zwischen den Geschlechtern auf 15 Prozentpunkte an: 83% aller Frauen und 68% aller Männer sind in diesem Alter ausgezogen. Dieser markante Unterschied verkleinert sich mit steigendem Alter. Dennoch ist er auch im Alter von 30 Jahren mit 7 Prozentpunkten noch immer erkennbar.

Teilt man die jungen Frauen und Männer in zwei Altersgruppen (Geburtsjahrgänge 1978–1987 und 1988–2002) Die Einteilung in diese zwei Alterskohorten basiert auf folgenden Überlegun­gen: Personen mit Geburtsjahrgang 1978 sind die ältesten Personen in der Stichprobe. Personen mit Geburtsjahrgang 1988 werden im Verlauf des Erhebungsjahres 30 Jahre alt. Die erste Kohorte umfasst somit 30–39-jährige Personen. Die zweite Kohorte umfasst Personen zwischen 15 und 30 Jahren. ein, erkennt man, dass die älteren Jahrgänge tendenziell früher ausgezogen sind (Grafik 2). Beispielsweise sind im Alter von 20 Jahren 39% der Frauen der älteren und 26% der Frauen der jüngeren Altersgruppe ausgezogen. Bei den Männern finden wir den gleichen Trend. So leben mit 25 Jahren 74% der Männer der älteren und 62% der Männer der jüngeren Altersgruppe nicht mehr im Elternhaus. Mit 30 Jahren finden sich bei den Frauen keine Unterschiede mehr zwischen den beiden Altersgruppen, da fast alle ausgezogen sind. Bei den Männern besteht immer noch eine Differenz von 8 Prozentpunkten.

Vergleicht man darüber hinaus das Geschlecht innerhalb der Geburtsjahrgänge, fällt auf, dass die Unterschiede zwischen Frauen und Männer auch für die einzelnen Geburtsjahrgänge bestehen bleiben. Am stärksten unterscheidet sich das Auszugsverhalten von Frauen und Männern bei den 25-Jährigen: So beträgt der Unterschied bei der älteren Altersgruppe 12 Prozentpunkte und bei der jüngeren Altersgruppe 17 Prozentpunkte. Es ist zu erkennen, dass sich die beschriebenen Geschlechtsunterschiede bei den jüngeren Jahrgängen tendenziell verstärken.

Der Einfluss des Bildungsstandes ist weniger deutlich als das Geschlecht oder der Geburtsjahrgang (Grafik 3). Grundsätzlich ist unabhängig vom Alter und dem Geschlecht zu erkennen, dass Personen mit einer abgeschlossenen Tertiärausbildung tendenziell früher ausziehen. So haben im Alter von 20 Jahren 35% der Frauen mit Hochschulabschluss das Elternhaus verlassen, ­gegenüber 31% der Frauen ohne Tertiärbildung. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Männern. Beispielsweise sind im Alter von 30 Jahren 93% der Männer mit Hochschulabschluss gegenüber 85% derjenigen ohne Hochschulabschluss ausgezogen.

Die grössten Unterschiede zwischen Frauen und Männer bezüglich des Anteils derjenigen, die nicht mehr bei den Eltern leben, gibt es im Alter von 25 Jahren. Der Geschlechtsunterschied liegt dort bei Personen mit Hochschulabschluss bei 12 Prozentpunkten und bei jenen ohne Hochschulabschluss bei 15 Prozentpunkten.

Personen aus den an die Schweiz angrenzenden Länder ziehen früher aus dem Elternhaus aus als Personen mit einer Schweizer oder einer anderen Staatsangehörigkeit (Grafik 4). Mit 20 Jahren sind bereits 43% der Personen mit deutscher, französischer, italienischer, österreichischer oder liechtensteinischer Staatsangehörigkeit von zu Hause ausgezogen. Bei Personen aus anderen Ländern ist dies nur bei 31% der Fall und bei Schweizerinnen und Schweizern gerade einmal bei 24%. So sind mit 20,5 Jahren bereits die Hälfte der Personen aus den Nachbarländern ausgezogen. Bei Personen aus anderen Ländern trifft das 1,5 Jahre und bei Schweizerinnen und Schweizern zwei Jahre später ein. Die Unterschiede werden mit zunehmendem Alter kleiner, jene zwischen den Schweizer Staatsangehörigen und den aus den Nachbarländern stammenden Personen bleiben allerdings auch bei den 30-Jährigen noch bestehen.

Nach Sprachregionen sind einzelne deutliche Unterschiede feststellbar (Grafik 5). In der Tendenz ziehen junge Personen aus der französischen und italienischen Sprachregion etwas früher aus. Signifikant ist der Unterschied zwischen den 20-Jährigen aus der deutschen Schweiz, die zu 27% von zuhause ausgezogen sind, und jenen aus der italienischen Schweiz, die zu 35% nicht mehr bei den Eltern wohnen. Der relativ frühe Auszug von jungen Personen aus der italienischen Schweiz steht vermutlich auch mit dem Beginn eines Hochschulstudiums in Zusammenhang. Dieser Unterschied gleicht sich mit zunehmendem Alter aus: mit 25 Jahren ist ein etwas grösserer Anteil aus der deutschen Schweiz ausgezogen (77%, gegenüber 74% aus der italienischen und 71% aus der französischen Schweiz).

Zusammenfassend können beträchtliche Unterschiede im Auszugsverhalten junger Personen aufgezeigt werden. Insbesondere das Geschlecht, der Geburtsjahrgang sowie die Staatsangehörigkeit scheinen dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Der Bildungsstand und die Sprachregion haben eine etwas geringere Bedeutung.

Wie weit entfernt von ihren Eltern ­leben junge Leute?

Fast zwei Drittel aller jungen Leute im Alter von 15 bis 39 Jahren, die mit keinem Elternteil zusammenleben, wohnen relativ nahe beim Elternhaus (Grafik 6). Die Distanz wird anhand der Dauer gemessen, die benötigt wird, um vom eigenen Wohnort zum Wohnort der Eltern zu gelangen. Bei getrenntlebenden Eltern gilt die kürzere der beiden Distanzen. So ist etwas mehr als die Hälfte aller Personen in einer halben Stunde oder weniger bei ihren Eltern oder mindestens einem Elternteil (52%). Weitere 12% wohnen höchstens eine Stunde von ihren Eltern entfernt. Auch wenn eine Mehrheit nahe bei den Eltern bleibt, leben dennoch mehr als ein Drittel aller Personen weiter als eine Stunde von den Eltern entfernt. Beinahe 17% benötigen sogar mehr als fünf Stunden. Beide Geschlechter leben etwa gleich weit von ihren Eltern entfernt.

Personen unter 30 Jahren wohnen näher bei ihren Eltern als Personen, die 30 Jahre oder älter sind (Distanz unter eine Stunde: 73% bzw. 60%). Nicht nur nach dem Alter, sondern auch nach der Sprachregion bestehen Unterschiede. Personen aus der Deutschschweiz leben zu mehr als zwei Dritteln unter einer Stunde von ­ihrem Elternhaus entfernt. Bei jenen aus der französischen und italienischen Schweiz ist dies bei gut der Hälfte der Fall. Die grösste Differenz ist bei den verschiedenen Staatsangehörigkeiten zu beobachten. So leben 84% aller Schweizerinnen und Schweizer unter einer Stunde vom Elternhaus entfernt. Bei Personen mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit ist das nur gerade für einen Viertel der Fall.

Der Bildungsstand alleine beeinflusst die Reisedauer zum Wohnort der Eltern allerdings nur minim. Tendenziell leben Personen ohne Tertiärausbildung etwas näher bei den Eltern. So brauchen 31% der Personen ohne Tertiärausbildung 10 Minuten oder weniger, um zum Elternhaus zu gelangen, während dies nur bei 23% der Personen mit Tertiärausbildung der Fall ist.

Wie stark sind junge Leute mit ihren Eltern in Kontakt?

Nicht überraschend bleiben junge Personen häufig in Kontakt mit ihren Eltern. Über ein Drittel (35%) hat praktisch jeden Tag und gut die Hälfte (54%) nicht jeden Tag, aber mindestens einmal pro Woche Kontakt mit den Eltern, wenn diese nicht im gleichen Haushalt leben (Grafik 7). Bei getrenntlebenden Eltern gilt die Kontakthäufigkeit zu dem Elternteil, mit dem man häufiger in Kontakt ist.

Insgesamt haben Frauen häufiger Kontakt zu den Eltern oder einem Elternteil als Männer. So haben 40% der Frauen praktisch jeden Tag Kontakt, während es bei den Männern nur 28% sind. Nicht jede Woche, aber mindestens einmal im Monat haben 12% der Männer Kontakt zu den Eltern. Bei den Frauen trifft dies auf 6% zu.

Interessanterweise nimmt die Kontakthäufigkeit mit zunehmendem Alter leicht ab. So haben 41% der unter 30-Jährigen praktisch jeden Tag Kontakt mit den Eltern gegenüber 32% der 30- bis 39-Jährigen. Auch der Bildungsstand spielt eine Rolle. Personen ohne Tertiärausbildung (41%) haben häufiger praktisch jeden Tag Kontakt mit den Eltern als Personen mit Hochschulabschluss (29%). Hingegen haben letztere häufiger mindestens einmal in der Woche Kontakt (60%) als Personen ohne Tertiärausbildung (48%).

Personen aus der italienischen Schweiz sind ganz klar führend, was die Kontakthäufigkeit mit ihren Eltern angeht: Knapp zwei Drittel haben praktisch jeden Tag Kontakt. Bei Personen aus der französischen sowie der deutschen Schweiz ist dies nur bei rund einem Drittel der Fall. Bei der Staatsangehörigkeit haben Personen, die weder die Schweizerische noch die Staatsangehörigkeit eines Nachbarlandes haben am häufigsten Kontakt: 43% tauschen sich praktisch jeden Tag mit ihren Eltern aus. Ein so ­regelmässiger Austausch haben mit einem Anteil von 32% deutlich weniger Schweizerische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Hingegen haben 58% von ihnen mindestens einmal in der Woche Kontakt im Vergleich zu 45% der Personen aus den übrigen Ländern. Personen aus den Nachbarländern liegen bei beiden Kategorien der Kontakthäufigkeit ungefähr in der Mitte.

Bemerkenswert ist, dass sich in etwa 90% aller jungen Leute entweder täglich oder mindestens einmal die Woche mit den Eltern austauschen und dies über alle beschriebenen Merkmale hinweg zu beobachten ist. Bei Frauen, Personen unter 30 Jahren sowie Personen aus der italienischen Schweiz liegt dieser Anteil sogar noch höher.

In welcher Art von Haushalt leben junge Leute nach ihrem Auszug?

Personen, die aus dem Elternhaushalt weggezogen sind, finden sich in verschiedenen Haushaltstypen wieder. Wenig überraschend spielt dabei das Alter eine entscheidende Rolle. So machen Familienhaushalte mit Kindern ab 30 Jahren einen wesentlich grösseren Anteil aus als in der jüngeren Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen (54% gegenüber 15%). Vor dem 30. Lebensjahr sind es vorwiegend Paarhaushalte ohne Kinder (38% gegenüber 27% ab 30 Jahren) und Einpersonenhaushalte (27% gegenüber 16% ab 30 Jahren). Auch Nichtfamilienhaushalte mit mehreren Personen, beispielsweise einer Wohngemeinschaft, werden grösstenteils von unter 30-Jährigen bewohnt (20% gegenüber 3% ab 30 Jahren).

Obwohl der Haushaltstyp stark vom Alter abhängt, sind auch andere Faktoren von Bedeutung (Grafik 8). So leben Frauen unter 30 Jahren eher in Paarhaushalten ohne Kinder (43% gegenüber 33% der Männer) und Männer unter 30 Jahren eher in Einpersonenhaushalten (31% gegenüber 24% der Frauen). Ab 30 Jahren leben beide Geschlechter am häufigsten in einem Familienhaushalt mit Kindern. Dies ist jedoch mit 61% viel ausgeprägter der Fall bei den Frauen als bei den Männern mit 46%, was wohl insbesondere damit zusammenhängt, dass Frauen im Durchschnitt früher Kinder haben als Männer.

Auch der Bildungsstand bleibt unter Einbezug des Alters wichtig. So leben mehr Personen ohne Hochschulabschluss in Familienhaushalten mit Kindern als Personen mit Abschluss auf Tertiärstufe. Dieser Effekt scheint nicht nur vom Alter beeinflusst, da der Unterschied gleich gross bleibt für Personen unter als auch über 30 Jahren (11 Prozentpunkte).

Auch bei den Sprachregionen finden sich Unterschiede. In der Deutschschweiz gibt es insgesamt etwas mehr 15- bis 39-Jährige die in einem Paarhaushalt ohne Kinder leben (33% gegenüber 23% in der französischen und 22% in der italienischen Schweiz). In der französischen Schweiz ist hingegen der Anteil derjenigen, die in einem Familienhaushalte mit Kindern leben, etwas grösser (46% gegenüber 39% in der deutschen Schweiz). Personen, die weder aus der Schweiz noch aus den Nachbarländern kommen, leben seltener in Einpersonenhaushalten, jedoch vermehrt in Familienhaushalten mit Kindern.