6 Migration

Die Schweiz ist nicht nur ein Einwanderungs-, sondern auch ein Auswanderungsland. Die beobachteten Wanderungsbewegungen können die schweizerische wie auch die ausländische Bevölkerung betreffen.

6.1 Internationale Migration

Die internationale Wanderung war schon immer eine Komponente der Bevölkerungsentwicklung, in den letzten 40 Jahren hat sie jedoch zunehmend an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 1990 registrierte die Schweiz 154 200 Einwanderungen und 97 600 Auswanderungen, was einem Wanderungssaldo von 56 600 Personen schweizerischer und ausländischer Staatsangehörigkeit entspricht. Seit 1999 ist die internationale Migration der Hauptfaktor des Bevölkerungswachstums der Schweiz und dem Geburtenüberschuss damit seither zahlenmässig überlegen. 2020 wurden grössere internationale Migrationsströme verzeichnet, aber der Wanderungssaldo fiel niedriger aus als im Jahr 1990: Auf 163 200 Einwanderungen kamen 109 400 Auswanderungen, was einem Wanderungssaldo von 53 800 Personen entspricht. Sieht man von den Schwankungen im dazwischenliegenden Zeitraum ab, ist der Wanderungssaldo zwischen 1990 und 2020 um 5% zurückgegangen. 

Covid-19-Pandemie

2020 verringerte sich die Zahl der Ein- und Auswanderungen um 3,8% bzw. 13,3%. Da die Auswanderungen stärker zurückgingen als die Einwanderungen, ergab sich ein Wanderungssaldo von 53 800 Personen, der wiederum zum Bevölkerungswachstum beitrug. Die Jahreszahlen zur Entwicklung der Wanderungsbewegungen sind hier zu finden:

Bundesamt für Statistik → Statistiken finden → Bevölkerung → Migration und Integration → Internationale Wanderung

Unter den in die Schweiz einwandernden Personen bilden die Männer generell die Mehrheit. Die Berechnung des Geschlechterverhältnisses zeigt, dass Männer gegenüber Frauen bei Ein- und Auswanderungen sowohl von schweizerischen als auch von ausländischen Personen stets in der Überzahl sind. Der Anteil der Frauen am Wanderungssaldo nimmt jedoch tendenziell zu, und zwar sowohl bei der schweizerischen (seit 2016) als auch bei der ausländischen Bevölkerung (seit 2017).

Die Generationen der 20- bis 64-Jährigen sind international am mobilsten. Zwischen 1991 und 2020 wurden die Kohorten der Personen, die in die Schweiz einwandern oder aus ihr auswandern, zunehmend älter. Betrachtet man die Wanderungsbewegungen nach Altersgruppe, ist zudem ein Unterschied im Wanderungsverhalten der über 64-Jährigen im Vergleich zu den 0- bis 19- und den 20- bis 64-Jährigen zu erkennen. Bei den älteren Personen – unabhängig davon, ob ausländischer oder schweizerischer Staatsangehörigkeit – war der Wanderungssaldo zwischen 1991 und 2020 negativ, mit Ausnahme des Jahres 2013 bei den Schweizerinnen und Schweizern. Tatsächlich ist seit 2013 ein Anstieg des Auswanderungsüberschusses in dieser Altersklasse zu beobachten. Im Jahr 2020 waren die Auswanderungen in dieser Altersgruppe immer noch grösser als die Einwanderungen; ihre Zahl ist jedoch im Vergleich zu 2019 zurückgegangen.

Werden diese Ergebnisse nach Staatsangehörigkeitskategorien aufgeschlüsselt, fällt auf, dass sich das Wanderungsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer von dem der ausländischen Bevölkerung unterscheidet (vgl. Grafiken G32a und G32b). Es wandern mehr Schweizer Staatsangehörige aus als ein; ihr jährlicher Wanderungssaldo ist seit 1992 negativ. Bei den Ausländerinnen und Ausländern sind hingegen mehr Ein- als Auswanderungen zu verzeichnen. Ihr Wanderungssaldo ist deshalb positiv und dies bereits seit 1979.   

Aktuelle Daten

16% der Personen, die in die Schweiz einwandern, sind Schweizerinnen und Schweizer, 84% haben einen ausländischen Pass. Die Ausländerinnen und Ausländer, die in die Schweiz einwandern, sind hauptsächlich Staatsangehörige von Ländern der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (vgl. Grafik G33). Ihr Anteil hat sich seit der Einführung der Personenfreizügigkeit im Jahr 2003 noch erhöht. Die wichtigsten Staatsangehörigkeiten sind Deutschland, Italien, Frankreich und Portugal. Die Einwanderung von Staatsangehörigen der anderen Länder Europas (ausserhalb der EU/EFTA) war in den 1990er-Jahren vor allem durch die Lage auf dem Balkan und in Kurdistan geprägt. Seit 1997 ist die Einwanderung dieser Personengruppe mit durchschnittlich 16 700 Einwanderungen pro Jahr stabil. Auch die Einwanderung von Personen aus aussereuropäischen Ländern ist relativ stabil, abgesehen von einer starken Zunahme zwischen 1997 und 2003, die auf die Ankunft vieler Personen aus Sri Lanka zurückzuführen ist. Im Jahr 2019 lebten 33 100 sri-lankische Staatsangehörige in der Schweiz. Zwischen 2014 und 2017 führte die Ankunft vieler Menschen vom afrikanischen Kontinent zu einer zweiten Zunahme.   

Aktuelle Daten

Migrationsgründe

Das Modul «Migration» der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) gibt Aufschluss darüber, aus welchen Gründen – darunter familiäre und berufliche Gründe, Asyl und Ausbildung – Menschen in die Schweiz migrieren. Die meisten Personen geben an, dass sie aus familiären Gründen (Eheschliessung, Familienbegleitung oder Familiennachzug) oder aus beruflichen Gründen eingewandert sind. Die am häufigsten angegebenen Einwanderungsgründe sind je nach Herkunft unterschiedlich. Personen aus den EU/EFTA-Ländern kommen in erster Linie aus beruflichen Gründen in die Schweiz, die anderen Migrantinnen und Migranten eher aus familiären Gründen.

Weitere Informationen unter:
Bundesamt für Statistik → Statistiken finden → Bevölkerung → Migration und Integration → Internationale Wanderung → Migrationsgründe

24% der Personen, die aus der Schweiz wegziehen, sind Schweizerinnen und Schweizer, 76% haben einen ausländischen Pass. Die Zahl der EU/EFTA-Staatsangehörigen, die aus der Schweiz auswandern, schwankt, ist aber erheblich (vgl. Grafik G34). Bei den Personen der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung, die zwischen 2003 und 2020 aus der Schweiz ausgewandert sind, handelte es sich in mehr als zwei Fünftel der Fälle um Personen aus Deutschland, Italien, Frankreich und Portugal. Die Zahl der Auswanderungen von Personen, die aus anderen Ländern innerhalb und ausserhalb Europas stammen, ist weniger bedeutend.   

Aktuelle Daten

Anwesenheitsdauer

Im Jahr 2020 waren mehr als die Hälfte der Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz geboren oder seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz wohnhaft (57%). Einige ausländische Personen lassen sich allerdings nur vorübergehend in der Schweiz nieder. 1990 wanderten pro 1000 Personen der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung 60 Personen aus. Im Jahr 2020 lag dieser Anteil bei 38‰.

Zu Beginn der 1990er-Jahre sank der Wanderungssaldo von EU/EFTA-Staatsangehörigen markant, bevor er anstieg und ab 1994 erneut zurückging (vgl. Grafik G35). In den Jahren 1996 und 1997 war der Wanderungssaldo sogar negativ, was bedeutet, dass mehr Personen aus dieser Ländergruppe das Land verlassen haben als zugezogen sind. Zwischen 1998 und 2008 ist der Wanderungssaldo stetig angestiegen. Ab 2008 wanderten im Zuge der «Subprime-Krise» mehr EU/EFTA-Staatsangehörige aus, sie kehrten nach 2010 allerdings wieder häufiger in die Schweiz zurück, wobei es sich nicht um dieselben Personen handelte. Die meisten Ausländerinnen und Ausländer, die die Schweiz ab 2008 verliessen, sind andere als diejenigen, die ab 2010 einwanderten. Der Wanderungssaldo von EU/EFTA-Staatsangehörigen ging danach bis 2018 wieder stetig zurück. Seitdem ist ein Aufwärtstrend zu beobachten.

Der Wanderungssaldo von Staatsangehörigen der anderen Länder Europas ist seit 1993 rückläufig, ohne jedoch unter null zu fallen. Sogar in den Jahren 1996 und 1997 war er positiv. Danach blieb der Wanderungssaldo relativ stabil bei unter +10 000 Personen pro Jahr. Der Wanderungssaldo der Staatsangehörigen aussereuropäischer Länder stieg nach der Jahrtausendwende 2000 und in den Jahren 2008, 2010, 2013 und 2015 mehrmals an, was im Wesentlichen auf die Zugänge von Asylsuchenden zurückzuführen war. 

6.2 Binnenwanderungen

2020 waren die Binnenwanderungen (533 800 Zu- und Wegzüge) deutlich zahlreicher als die Einwanderungen (163 200), Auswanderungen (109 400), Lebendgeburten (85 900) und Todesfälle (76 200). Die Zahl der Binnenwanderungen ist zwischen 1990 und 2020 von 361 800 auf 533 800 gestiegen, was einer Zunahme um 48% entspricht. Knapp drei Viertel der Binnenwanderungen erfolgen innerhalb desselben Kantons. Wohnortswechsel zwischen zwei Gemeinden desselben Kantons sind zumeist Wanderungen über kurze Distanz. Die wichtigsten Gründe für die intrakantonale Migration liegen in veränderten Ansprüchen an die Wohnsituation (Wohnfläche, Miete, Wohnqualität). Bei interkantonalen Wanderungen ist die geografische Distanz zwischen Herkunfts- und Zielgemeinde generell grösser. Ausserdem sind sie meist ausbildungs- oder erwerbsbedingt.

Männer sind in Bezug auf Binnenwanderungen mobiler als Frauen. Das Geschlechterverhältnis zeigt über die Jahre hinweg ein zunehmendes Ungleichgewicht mit einem Anstieg von 104,8 Männern pro 100 Frauen im Jahr 2011 auf 105,5 im Jahr 2020. Am höchsten ist dieses Verhältnis bei den 40- bis 64-Jährigen. Die mobilsten Altersgruppen sind bei beiden Geschlechtern die 20- bis 39-Jährigen.

Schweizerinnen und Schweizer beteiligen sich, bezogen auf die Wohnbevölkerung, weniger stark an der Binnenwanderung als ausländische Staatsangehörige. 2020 lag die rohe Binnenwanderungsziffer der Schweizerinnen und Schweizer bei 55‰, 1990 bei 53‰, diejenige der ausländischen Wohnbevölkerung bei 83‰ bzw. 57‰.

Die Binnenwanderung hat einen wesentlichen Einfluss auf die räumliche Verteilung der Bevölkerung in der Schweiz (vgl. Grafiken G36 und G37). Relativ betrachtet registrierten die Kantone Freiburg, Schwyz, Appenzell Innerrhoden im Jahr 2020 die grössten Binnenwanderungsgewinne, die Kantone Neuenburg, Appenzell Ausserrhoden und Basel-Stadt hingegen die grössten Verluste.    

Aktuelle Daten

Zahlen seit 1990 im Überblick

WanderungenT8

1990 2000 2010 2020
Internationale Wanderung
Einwanderung 1 154 244 110 302 161 778 163 180
Schweizerinnen und Schweizer 31 465 26 102 22 283 25 495
Ausländerinnen und Ausländer 122 779 84 200 139 495 137 685
Auswanderung 97 601 90 078 96 839 109 376
Schweizerinnen und Schweizer 31 888 30 776 26 311 25 774
Ausländerinnen und Ausländer 65 713 59 302 70 528 83 602
Internationaler
Wanderungssaldo
1
56 643 20 224 64 939 53 804
Schweizerinnen und Schweizer –423 –4 674 –4 028 –279
Ausländerinnen und Ausländer 57 066 24 898 68 967 54 083
je 1000 Einwohnerinnen
und Einwohner
8,4 2,8 8,3 6,2
Binnenwanderung
Zu- bzw. Wegzüge 361 768 416 453 444 813 533 817

1 Bis 2010 inkl. Statuswechsel, ab 2011 inkl. Übertritte von der nichtständigen Wohnbevölkerung

Quellen: BFS – ESPOP, STATPOP

© BFS 2022

Themenglossar:

Eine Wanderung entspricht der Bewegung einer Person, mit der diese ihren Hauptwohnsitz von einer Herkunftsgemeinde in eine Zielgemeinde verlegt. Diese Wanderungsbewegungen können die schweizerische wie auch die ausländische Bevölkerung betreffen.

Von internationaler Wanderung wird gesprochen, wenn beim Wohnortswechsel eine internationale Grenze überschritten wird. Es kann sich um Ein- oder Auswanderung handeln.

Von Binnenwanderung spricht man dann, wenn der Wohnortswechsel innerhalb des Landes erfolgt, wobei es sich um einen Zuzug in oder einen Wegzug aus einer Gemeinde oder einem Kanton handeln kann.

Der Wanderungssaldo ergibt sich aus der Differenz zwischen den Einwanderungen bzw. Zuzügen und den Auswanderungen bzw. Wegzügen.