Die üblicherweise zu Hause gesprochenen Sprachen geben über die Hauptsprachen hinaus Einblicke in die sprachlichen Praktiken der Bevölkerung in der Schweiz. Es zeigt sich beispielsweise, dass eine im privaten Kontext gesprochene Sprache nicht automatisch als Hauptsprache angesehen wird, insbesondere bei Nichtlandessprachen ist dies der Fall. Dennoch ähnelt die Verteilung der Sprachen zu Hause insgesamt der Verteilung der Hauptsprachen in der Schweiz, auch bezüglich der zeitlichen Entwicklung. In der Kindheit gesprochene Sprachen prägen das spätere Sprachrepertoire, auch wenn im Erwachsenenleben nicht jede Sprache gleich häufig weiterhin zum Einsatz kommt.
3.1 Zu Hause/mit den Angehörigen gesprochene Sprachen
Zum sprachlichen Repertoire der Bevölkerung gehören neben den Hauptsprachen weitere Umgangssprachen im Alltag, zum Beispiel im persönlichen Umfeld und/oder bei der Arbeit. Während Letztere im Kapitel 4 behandelt werden, sind nachfolgend die zu Hause bzw. mit den Angehörigen gesprochenen Sprachen dargestellt.
Die Frage nach den zu Hause gesprochenen Sprachen lautet in der Strukturerhebung (SE) wie folgt: «Welche Sprache(n) sprechen Sie üblicherweise zu Hause/mit den Angehörigen?». Wie bei den Hauptsprachen ist die Angabe mehrerer Sprachen möglich (ohne Beschränkung der Anzahl). Zur Auswahl stehen die nachfolgend in Grafik 3.1 dargestellten Sprachen, wobei die «anderen Sprachen» nicht weiter spezifiziert werden können. Dies bedeutet auch, dass es sich um eine oder mehrere andere Sprachen handeln kann. Standardsprache und Dialekt, also Hochdeutsch und Schweizerdeutsch bzw. Italienisch und Tessiner/bündneritalienischer Dialekt, sind separat aufgeführt, was anders als bei den Hauptsprachen die Untersuchung des Gebrauchs der dialektalen Varietäten ermöglicht. Serbisch und Kroatisch werden im Fragebogen gemeinsam als eine einzige Antwortkategorie angeboten und dementsprechend ausgewertet. Bosnisch und Montenegrinisch werden bei den zu Hause gesprochenen Sprachen nicht separat erfasst und fallen unter «andere Sprachen».
Zu Hause oder mit den Angehörigen sprechen 57% der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren üblicherweise Schweizerdeutsch, 23% Französisch, 11% Hochdeutsch und 8,3% Italienisch (Grafik 3.1). Tessiner oder bündneritalienischer Dialekt werden zu Hause von 1,4% und Rätoromanisch von 0,5% der Bevölkerung gesprochen. Die beiden am häufigsten genannten Nichtlandessprachen sind Englisch mit 6,1% und Portugiesisch mit 3,7%. Weitere 3,2% sprechen mit ihren Angehörigen Albanisch, 2,8% Spanisch, 2,4% Kroatisch oder Serbisch und 8,1% andere Sprachen.

Die jeweilige Lokalsprache wird von einer Mehrheit der im betreffenden Sprachgebiet wohnhaften Bevölkerung auch zu Hause oder mit den Angehörigen gesprochen: Schweizerdeutsch (78%) ist in der deutschsprachigen Region klar die am häufigsten zu Hause gesprochene Sprache, gefolgt von Hochdeutsch (15%), Englisch (5,9%) und Italienisch (5,1%; Grafik 3.2). Rund 22% der in der Deutschschweiz wohnhaften Personen verwenden in diesem Kontext eine oder mehrere Nichtlandessprachen.


In der französischen Sprachregion folgen Portugiesisch (8,4%), Englisch (7,4%) und Italienisch (5,0%) auf die klar dominierende Lokalsprache (86%; Grafik 3.3). Nichtlandessprachen sind in dieser Sprachregion etwas stärker vertreten als im deutschsprachigen Gebiet und werden von 28% üblicherweise mit den Angehörigen gesprochen.
Dieser Anteil liegt in der italienischen Sprachregion bei deutlich tieferen 15%. Italienisch und Tessiner oder bündneritalienischer Dialekt kommen hingegen bei 80% bzw. bei 27% der in diesem Sprachgebiet wohnhaften Personen zu Hause üblicherweise zum Einsatz (Grafik 3.4). Es folgen die anderen Landessprachen Schweizerdeutsch (7,5%) und Französisch (3,7%).
Im rätoromanischsprachigen Gebiet spricht die Mehrheit zu Hause üblicherweise die Lokalsprache (66%), aber auch ein grosser Anteil Schweizerdeutsch (44%), gefolgt von Hochdeutsch (9,7%; Grafik 3.5). Rund 11% sprechen mit ihren Angehörigen eine oder mehrere Nichtlandessprachen.


Gut ein Fünftel der Bevölkerung spricht zu Hause bzw. mit den Angehörigen üblicherweise mehrere Sprachen. Personen, die ausschliesslich «andere Sprachen» angegeben haben, werden als «einsprachig» definiert, da in den Daten nicht unterschieden werden kann, ob sie eine oder mehrere andere Sprachen sprechen (vgl. auch Kasten auf S. 12). Diese Anteile liegen in der italienisch- sowie in der rätoromanischsprachigen Region mit je 31% höher als in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz mit 21% bzw. 23%. Dabei zählen Dialekt und Standardsprache, also zum Beispiel Schweizerdeutsch und Hochdeutsch als zwei separate Sprachen. Dies ist auch die in der Bevölkerung am häufigsten vorkommende Kombination von zu Hause gesprochenen Sprachen.
Von den Personen, die zu Hause oder mit den Angehörigen Schweizerdeutsch sprechen, geben 8,0% an, in diesem Kontext üblicherweise auch Hochdeutsch zu verwenden. Rund 3,2% bzw. 3,7% sprechen neben Schweizerdeutsch zu Hause noch Französisch bzw. Italienisch und weitere 3,7% Englisch. 78% der zu Hause Schweizerdeutsch sprechenden Bevölkerung verwenden in diesem Kontext keine weiteren Sprachen.
Bei der Bevölkerung, die mit ihren Angehörigen üblicherweise Hochdeutsch spricht, beläuft sich dieser Anteil auf nur 35%. Neben Schweizerdeutsch (41%) werden bei diesen Personen zu Hause auch Englisch (15%), Französisch (8,5%), Italienisch (5,5%), Albanisch (4,1%) oder Spanisch (4,1%) gesprochen.
Bei Personen mit Familiensprache Französisch kommen zu Hause in 69% der Fälle keine weiteren Sprachen zum Einsatz. Die übrigen sprechen neben Französisch unter anderem Schweizerdeutsch (7,8%), Englisch (6,9%), Portugiesisch (5,5%), Italienisch (5,1%), Hochdeutsch (4,1%) und Spanisch (3,8%).
Wer mit den Angehörigen Tessiner oder bündneritalienischen Dialekt spricht, verwendet ihn in diesem Kontext zu 37% als einzige Sprache. Als weitere Familiensprache wird vor allem die dazugehörige Standardsprache Italienisch (56%) angegeben, aber auch Schweizerdeutsch (12%) oder Französisch (5,7%).
Unter den Personen, die mit den Angehörigen Italienisch sprechen, verwenden 45% in diesem Kontext nur diese Sprache. Bei den übrigen sprechen 25% üblicherweise zusätzlich Schweizerdeutsch, 14% Französisch, 9,2% Tessiner oder bündneritalienischer Dialekt, 7,3% Hochdeutsch und 6,0% Englisch.
Bei der zu Hause Rätoromanisch sprechenden Bevölkerung, beläuft sich der Anteil ohne weitere Familiensprachen gar auf nur 38%. Die Kombination von Rätoromanisch und Schweizerdeutsch (57%) ist bei jenen, die mehrere Sprachen verwenden, am häufigsten. 5,9% bzw. 5,0% entfallen auf Hochdeutsch bzw. Italienisch, die mit den Angehörigen zusätzlich zum Rätoromanisch gesprochen werden.
Personen, die zu Hause oder mit den Angehörigen eine oder mehrere Nichtlandessprachen sprechen, verwenden in diesem Kontext zu 58% zusätzlich mindestens eine Landessprache.
Sind die üblicherweise zu Hause gesprochenen Sprachen einer Person auch jeweils deren Hauptsprachen? Oder umgekehrt, verwenden Personen Sprachen mit den Angehörigen, die sie nicht zu ihren Hauptsprachen zählen? Je nach Sprache gibt es deutliche Unterschiede: Wer Deutsch (oder Schweizerdeutsch) als Hauptsprache angibt, verwendet diese Sprache in 8,5% der Fälle nicht auch zu Hause (Grafik 3.6). Umgekehrt sprechen 6,4% üblicherweise Deutsch (oder Schweizerdeutsch) mit ihren Angehörigen, bezeichnen es aber nicht als Hauptsprache.

Im Falle von Französisch liegt der erste Anteil bei nur 2,7%; fast alle Personen mit dieser Landessprache als Hauptsprache nutzen sie ebenfalls mit der Familie. Für mehr als jede zehnte Person (11%), die zu Hause üblicherweise Französisch spricht, ist diese Sprache aber nicht gleichzeitig eine Hauptsprache.
Bei der Bevölkerung mit Italienisch (oder Tessiner/bündneritalienischem Dialekt) als Hauptsprache ist ähnliches zu beobachten; es wird bei fast allen zu Hause ebenfalls diese Sprache gesprochen (99%). Hingegen nutzen 20% Italienisch mit Angehörigen, geben es aber nicht als Hauptsprache an.
Wer Rätoromanisch als Hauptsprache hat, verwendet dies auch mit Angehörigen oder zu Hause. Die Sprache wird aber von 23% der Personen, die im familiären Kontext üblicherweise Rätoromanisch sprechen, nicht als Hauptsprache bezeichnet.
Bei den Nichtlandessprachen ist die jeweilige Hauptsprache fast bei allen auch eine Familiensprache. Einzig bei denjenigen mit Englisch als Hauptsprache, sprechen knapp 3,7% zu Hause üblicherweise ausschliesslich eine oder mehrere andere Sprachen (Grafik 3.7). Wer Englisch aber umgekehrt mit Angehörigen spricht, gibt diese in 47% der Fälle auch als Hauptsprache an. Auch beim Spanischen ist der Anteil Personen, die die Sprache zwar mit der Familie sprechen, sie aber nicht als Hauptsprache verwenden, mit 34% vergleichsweise hoch.

3.2 Entwicklung der zu Hause/mit den Angehörigen gesprochenen Sprachen
Die zu Hause/mit den Angehörigen gesprochenen Sprachen lassen sich bereits über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten beobachten. Die Entwicklungen gehen grösstenteils in die gleiche Richtung wie bei den Hauptsprachen: Es zeigt sich eine Abnahme von 9,0 Prozentpunkten beim Schweizerdeutschen, beim Hochdeutschen hingegen eine leichte Zunahme (Grafik 3.8). Der Anteil des Französischen an den zu Hause gesprochenen Sprachen ist relativ stabil geblieben, während Italienisch sowie Tessiner oder bündneritalienischer Dialekt im Jahr 2020 etwas weniger stark verbreitet waren als noch 1990. Auch beim Rätoromanischen lässt sich eine leichte, aber dennoch statistisch signifikante Abnahme von 0,9% auf 0,5% über die letzten 30 Jahre beobachten. Die Verwendung von Nichtlandessprachen im privaten Rahmen hat hingegen stark zugenommen (von 11% auf 24%). So ist auch bei der einzigen über den gesamten Zeitraum separat erhobenen Nichtlandessprache Englisch eine Zunahme zu beobachten: Während 1990 noch 3,5% der ständigen Wohnbevölkerung über 15 Jahren zu Hause üblicherweise Englisch gesprochen haben, waren es 2020 bereits 6,1%.

Diese Entwicklungen sind mehrheitlich auch separat nach Sprachregion zu beobachten. So sank im deutschsprachigen Gebiet der Anteil Personen, die mit den Angehörigen üblicherweise Schweizerdeutsch sprechen, in den vergangenen drei Jahrzehnten von 88% auf 78%, während eine Zunahme beim Hochdeutschen (von 8,5 auf 15%), vor allem aber bei den Nichtlandessprachen (von 10% auf 23%) zu verzeichnen ist.
In der Romandie lässt sich ebenfalls eine Abnahme beim Deutschen (Schweizerdeutsch von 7,2% auf 3,6% und Hochdeutsch von 5,2% auf 2,1%) feststellen, sowie ein leichter Rückgang des Anteils Französischsprachiger (von 90% auf 86%). Die Nichtlandessprachen sind heute (28%) hingegen deutlich stärker verbreitet als noch vor 30 Jahren (16%).
Wie in der Deutschschweiz hat sich der Anteil Personen, die zu Hause üblicherweise Dialekt sprechen, in der italienischen Sprachregion zu Gunsten der Standardsprache reduziert. 1990 waren Tessiner oder bündneritalienischer Dialekt noch für 47% die Umgangssprache im familiären Kontext, 2020 belief sich dieser Anteil hingegen auf deutlich tiefere 27%. Gleichzeitig stieg der Anteil Italienischsprachiger, entgegen der gesamtschweizerischen Entwicklung, von 69% auf 80%. Auch im italienischsprachigen Gebiet lässt sich eine Zunahme bei den Nichtlandessprachen beobachten, wenn auch auf einem tieferen Niveau (von 6,3% auf 15%).
In der rätoromanischsprachigen Schweiz ist eine deutliche Abnahme bei der Lokalsprache zu beobachten: Der Anteil sank von 85% mit Rätoromanisch als zu Hause/mit den Angehörigen gesprochene Sprache im Jahr 1990 auf 66% im Jahr 2020. Im gleichen Zeitraum stieg hingegen der Anteil Deutschsprachiger, beim Schweizerdeutschen von 36% auf 44% und beim Hochdeutschen auf tieferem Niveau von 4,6% auf 9,7%. Auch Nichtlandessprachen werden zu Hause von einem grösseren Teil (11%) der im rätoromanischen Sprachgebiet wohnhaften Bevölkerung gesprochen, als noch 1990 (2,9%).
Die zu Hause/mit den Angehörigen gesprochenen Sprachen werden bereits seit dem Jahr 1990 in der damals noch im Zehnjahres-Rhythmus stattfindenden Volkszählung (VZ) erhoben. Die Frage lautete in den Jahren 1990 und 2000: «Welche Sprache(n) sprechen Sie regelmässig zu Hause, mit den Angehörigen?». Zur Auswahl standen 1990 und 2000 die Landessprachen (Standardsprache und Dialekt separat), Englisch und «andere» nicht weiter spezifizierbare Sprachen. Die Angabe mehrerer Sprachen war auch damals möglich. Seit 2010 ist diese Frage Teil der Strukturerhebung (SE), die jährlich Daten dazu liefert (vgl. Kasten S. 12).
3.3 Sprachen in der Kindheit
Prägend für das Sprachrepertoire einer Person sind insbesondere die Sprachen, die sie als Kind erlernt und mit der Familie und in der Schule verwendet. Das folgende Kapitel zeigt auf, welche Sprachen von der Bevölkerung in der Schweiz während ihrer Kindheit gesprochen wurden und inwiefern sie auch im späteren Erwachsenenleben verwendet werden.

Die Frage nach den in der Kindheit gesprochenen Sprachen lautet in der Erhebung zur Sprache, Religion und Kultur wie folgt: «Welche Sprache haben Sie während Ihrer Kindheit, d. h. bis zum Alter von 15 Jahren, normalerweise gesprochen?». Es sind keine Antwortkategorien vorgegeben, die Befragten können alle betreffenden Sprachen ohne Beschränkung der Anzahl angeben. Die Analyse wurde auf die nachfolgend in Grafik 3.9 dargestellten, am meist verbreiteten Sprachen beschränkt. Die Kategorie «andere Sprachen» fasst alle übrigen zusammen.
In der Kindheit haben 54% der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren normalerweise Schweizerdeutsch gesprochen (Grafik 3.9). Französisch wurde bis zum Alter von 15 Jahren von 23% verwendet und Hochdeutsch von 20% der Bevölkerung. Italienisch ist die oder eine der Kindheitssprachen von einem knappen Zehntel und Tessiner oder bündneritalienischer Dialekt von 1,5%. Rätoromanisch wurde in der Kindheit von 0,8% der Bevölkerung verwendet.
27% der Bevölkerung haben in ihrer Kindheit üblicherweise eine oder mehrere Nichtlandessprachen gesprochen. Am stärksten verbreitet sind dabei Englisch mit 5,7%, Portugiesisch mit 3,9%, Spanisch mit 3,1%, Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch und Serbisch (BKMS) mit einem gemeinsamen Anteil von ebenfalls 3,1% sowie Albanisch mit 2,9%.

Je nach Sprachregion Die Anzahl Befragte aus dem rätoromanischen Sprachgebiet ist in der ESRK zu klein, um separate Resultate für diese Region zu publizieren. variieren die Sprachen in der Kindheit. Wenig überraschend sind im deutschen Sprachgebiet Schweizerdeutsch (73%) und Hochdeutsch (26%) die am häufigsten in der Kindheit gesprochenen Sprachen (Grafik 3.10). Die Anteile von Französisch und Italienisch liegen bei 7,5% bzw. 6,4%.
In der französischsprachigen Schweiz hat der Grossteil der Bevölkerung in der Kindheit normalerweise Französisch (74%) gesprochen, danach folgen Portugiesisch mit 9,7%, Italienisch mit 6,7% und Schweizerdeutsch mit 6,2% (Grafik 3.11).
In der italienischsprachigen Region wurde in der Kindheit wiederum mehrheitlich Italienisch (75%) verwendet (Grafik 3.12). Gut ein Vierteil der Bevölkerung hat bis zum Alter von 15 Jahren Tessiner oder bündneritalienischer Dialekt (27%) gesprochen. Die Anteile von Schweizerdeutsch und Hochdeutsch liegen bei 7,8% bzw. 6,2%.


Insgesamt haben 27% der Bevölkerung während der Kindheit eine oder mehrere Nichtlandessprachen verwendet (Grafik 3.13). Während 34% der in der Romandie wohnhaften Bevölkerung in ihrer Kindheit normalerweise eine oder mehrere Nichtlandessprachen gesprochen haben, beläuft sich dieser Anteil in der deutschsprachigen Region auf 25% und im italienischen Sprachgebiet auf 18%.

Der höhere Anteil der Nichtlandessprachen in der französischsprachigen Region bedeutet allerdings nicht, dass diese Personen in der Kindheit nicht auch gleichzeitig die Lokalsprache Französisch oder eine andere Landessprache verwendet haben. Der Anteil der Bevölkerung, bei dem keine der in der Kindheit gesprochenen Sprachen der Lokalsprache des aktuellen Wohnorts entspricht, beläuft sich in diesem Sprachgebiet auf 26%. Gesamtschweizerisch sowie in der deutschen Sprachregion haben 27% in ihrer Kindheit normalerweise eine oder mehrere andere Sprachen als die in der aktuellen Wohngemeinde vorherrschenden gesprochen. Im italienischsprachigen Gebiet verfügen 19% der Bevölkerung über eine oder mehrere während der Kindheit gesprochene Sprachen, die nicht der Lokalsprache entsprechen.
Die Lokalsprache ist definiert als die in der Wohngemeinde der Person mehrheitlich gesprochene Sprache gemäss Sprachgebietszuteilung (siehe Kapitel 2.1). Bei den hier gezeigten Analysen ist dies das im privaten Kontext vorherrschende Schweizerdeutsch im deutschsprachigen Gebiet, in der französischsprachigen Region Französisch und im italienischen Sprachgebiet Italienisch sowie Tessiner/bündneritalienischer Dialekt.
Wenig überraschend ist dieser Anteil am höchsten bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund der ersten Generation (75%; Grafik 3.14). Unter den Personen ohne Migrationshintergrund haben nur 4% als Kind die aktuelle Lokalsprache nicht gesprochen. Im französischen (57%) und italienischen Sprachgebiet (33%) haben unter den Personen mit Migrationshintergrund proportional weniger Personen keine Lokalsprache als Sprache in der Kindheit als in der deutschsprachigen Region (87%). Dies liegt vermutlich daran, dass die Landessprachen Französisch und Italienisch im Gegensatz zum Schweizerdeutsch bei einem Teil der betroffenen Bevölkerung auch im Herkunftsland gesprochen werden.

Personen, die in ihrer Kindheit normalerweise eine andere Sprache als die Lokalsprache ihres aktuellen Wohnorts gesprochen haben, verwenden diese Lokalsprache nun im Erwachsenenalter dennoch in 69% der Fälle regelmässig und in 24% der Fälle als Hauptsprache. Diese Anteile sind in der deutschsprachigen Schweiz (59% und 17%) deutlich tiefer als in der französischen (98% und 43%) bzw. italienischen Sprachregion (98% und 45%). Dies liegt hauptsächlich an der Diglossiesituation Der Begriff «Diglossie» steht für eine gesellschaftliche Zweisprachigkeit, wobei den beiden Sprachvarietäten unterschiedliche Funktionen zukommen. Im deutschen Sprachgebiet der Schweiz ist die Standardsprache Hochdeutsch z. B. die Schriftsprache, während Schweizerdeutsch überwiegend mündlich verwendet wird. im deutschsprachigen Gebiet der Schweiz bzw. an der hier angewendeten Definition von Lokalsprache. Es zeigt sich, dass diese Anteile auch in der Deutschschweiz bedeutend höher wären, wenn Hochdeutsch in dieser Sprachregion als Lokalsprache definiert würde (92% und 25%). So lässt sich hingegen beobachten, dass die in der Deutschschweiz vorherrschende mündliche Umgangssprache Schweizerdeutsch eher selten zur Hauptsprache wird, wenn sie nicht bereits in der Kindheit gesprochen wurde. Auch die regelmässige Verwendung dieser Sprache, sei es schriftlich oder mündlich, ist klar weniger stark verbreitet, wenn sie nicht bereits als Kind verwendet wurde, als zum Beispiel die des Französischen im französischen Sprachgebiet. Dennoch wird der Dialekt bei mehr als der Hälfte der Betroffenen im Laufe des Erwachsenenalters zu einer regelmässig verwendeten Sprache.
Die hier als «regelmässig verwendete Sprachen» bezeichneten Sprachen werden mindestens einmal pro Woche in mindestens einem der folgenden Kontexte gesprochen, geschrieben, gelesen oder gehört:
– innerhalb des Haushalts: mit der Partnerin oder dem Partner oder mit Kindern
– ausserhalb des Haushalts: mit Familienmitgliedern und mit Freundinnen und Freunden
– beim Fernsehschauen, Radiohören, Surfen im Internet
– beim schriftlichen Austausch über soziale Medien, SMS, E-Mails etc.
– beim Lesen in der Freizeit
– bei der Arbeit
Insgesamt ist die oder eine in der Kindheit gesprochene Sprache für 97% der Bevölkerung auch gleichzeitig die oder eine aktuelle Hauptsprache. Praktisch alle (99%) verwenden die bzw. mindestens eine der Kindheitssprachen regelmässig.

Auch hier lohnt sich ein genauerer Blick auf die einzelnen Sprachen und Sprachregionen. Während Schweizerdeutsch für 96% derjenigen, die normalerweise diese Sprache in der Kindheit gesprochen haben, auch die bzw. eine Hauptsprache ist, beläuft sich dieser Anteil beim Französischen auf 84%, beim Italienischen auf 74% und beim Hochdeutschen auf 67% (Grafik 3.15). Dennoch verwenden fast alle Personen mit Hochdeutsch als Kindheitssprache (99%) diese auch aktuell noch regelmässig (Schweizerdeutsch ebenso, Französisch und Italienisch je 91%). Wer in der Kindheit normalerweise Rätoromanisch gesprochen hat, bezeichnet diese Sprache in 59% der Fälle auch als Hauptsprache, beim Tessiner oder bündneritalienischen Dialekt sind es 49%. Allerdings werden auch diese Sprachen dennoch zu relativ hohen Anteilen (84% bzw. 77%) weiterhin regelmässig, also mindestens einmal pro Woche, verwendet.
Auch bei den meistverbreiteten Nichtlandessprachen gibt es solche, die zwar in der Kindheit normalerweise gesprochen wurden, später aber von einem beachtlichen Teil der Personen nicht als Hauptsprache angegeben werden. Nur 46% der Bevölkerung, die bis zum Alter von 15 Jahren normalerweise Englisch gesprochen haben, geben diese Sprache auch heute noch als Hauptsprache an. Dennoch verwenden 85% Englisch noch regelmässig. Auch Personen mit Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch oder Serbisch als Kindheitssprache, haben nur zu rund zwei Dritteln diese Hauptsprache. Auch bei ihnen ist die regelmässige Verwendung dieser Sprachen dennoch stark verbreitet (89%). Portugiesisch ist hingegen bei 90% der Bevölkerung, die in der Kindheit diese Sprache gesprochen haben, auch aktuelle Hauptsprache und sogar 94% verwenden sie mindestens einmal wöchentlich.
Der Anteil Personen mit der Lokalsprache als Kindheitssprache und gleichzeitiger Hauptsprache ist in allen drei Sprachregionen sehr hoch. So haben 98% der in der deutschsprachigen Schweiz wohnhaften und in der Kindheit Schweizerdeutsch sprechenden Bevölkerung diese Sprache ebenfalls als heutige Hauptsprache (Grafik 3.16). Beim Französisch in der französischsprachigen Region respektive beim Italienisch im italienischen Sprachgebiet sind die jeweiligen Anteile vergleichbar hoch. Ausserhalb ihrer Sprachregion sind die Landessprachen seltener Hauptsprache einer Person, die die betreffende Sprache in der Kindheit gesprochen hat. Französisch ist beispielsweise nur die Hauptsprache von 41% der im deutschen Sprachgebiet wohnhaften Bevölkerung, die bis zum Alter von 15 Jahren normalerweise Französisch gesprochen hat.

Obwohl der Grossteil der Bevölkerung mindestens eine der in der Kindheit normalerweise gesprochenen Sprachen auch im Erwachsenenalter weiterhin regelmässig verwendet oder sogar als Hauptsprache bezeichnet, gibt es auch Kindheitssprachen, die nicht mehr genutzt werden. Insgesamt haben 4,9% der Bevölkerung als Kind eine oder mehrere Sprachen gesprochen, die sie heute nicht mehr verwenden. Auch hier lassen sich wieder grosse Unterschiede zwischen den verschiedenen Sprachen beobachten. Während Personen mit Schweizerdeutsch (0,6%) als Kindheitssprache diese Sprache äusserst selten nicht mehr verwenden, sind es beim Englischen 9% und bei Bosnisch, Kroatisch, Montenegrinisch und Serbisch gar 17% (Grafik 3.17).
