1 Bevölkerung mit Migrationshintergrund: Profil und Integrationsaussichten

Florence Bartosik

Zusammenfassung

Dieses Kapitel präsentiert drei Typologien zur Beschreibung der Migrantinnen und Migranten und ihrer Nachkommen, deren Integration in der Schweiz gemessen wird. Zunächst wird anhand von drei Kriterien – Staatsangehörigkeit, Geburtsort und Migrationsstatus – aufgezeigt, dass diese Typologien nicht die gleichen Migrationserfahrungen berücksichtigen und unterschiedliche Bevölkerungsgruppen umfassen. Anschliessend wird das vom Bundesamt für Statistik (BFS) entwickelte Indikatorensystem vorgestellt, mit dem die Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund gemessen wird. Der Fokus liegt dabei auf den Aspekten Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheit. Wie aus den Ergebnissen hervorgeht, ist die Erwerbslosenquote bei der zweiten Generation tiefer als bei der ersten Generation. Gleichzeitig weist Letztere den höchsten Anteil an Personen mit einem Abschluss auf Tertiärstufe auf, gefolgt von der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Zudem schätzt die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund ihre Gesundheit häufiger als gut oder sehr gut ein als die gleichaltrige Bevölkerung mit Migrationshintergrund.

1.1 Drei Bevölkerungstypologien

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben mehrere Migrationsflüsse die Bevölkerung der Schweiz geprägt. 2018 setzte sie sich aus 75% Schweizerinnen und Schweizern und 25% ausländischen Personen zusammen. Doch wer sind diese Ausländerinnen und Ausländer? Wie haben sie die Migration erlebt? Haben sie in verschiedenen Lebensbereichen die gleichen Chancen wie Schweizer Staatsangehörige?

Gemäss Schweizer Gesetzgebung soll die Integration längerfristig und rechtmässig anwesenden Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen, am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben des Landes teilzuhaben. 8. Kapitel Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG): www.admin.ch → Bundesrecht → Systematische Rechtssammlung → Landesrecht → 1 Staat – Volk – Behörden → 14 Bürgerrecht. Niederlassung. Aufenthalt → 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) (zuletzt aufgerufen am 27.04.2020) Der Integrationsprozess lässt sich messen, indem in verschiedenen Lebensbereichen und unter Berücksichtigung soziodemografischer Merkmale bestimmte statistische Werte der ausländischen Staatsangehörigen mit denjenigen der Schweizerinnen und Schweizer verglichen werden.

Das BFS unterscheidet im Hinblick auf die Zielgruppen, deren Integration gemessen werden soll, drei auf Staatsangehörigkeit und Geburtsort beruhende Bevölkerungstypologien. Diese drei Typologien werden auch verwendet, um die Zuwanderung in der Schweiz zu untersuchen. Sie basieren auf:

– der Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit;
– der Bevölkerung nach Geburtsort;
– der Bevölkerung nach Migrationsstatus.

Bei der «ausländischen Bevölkerung» handelt es sich um ein juristisches Konzept, zu dem Daten aus verschiedenen Verwaltungsregistern (Einwohnerregister, Zentrales Migrationsinformationssystem usw.) entnommen werden können. Der Erwerb des Schweizer Bürgerrechts führt erfahrungsgemäss nicht automatisch zu Chancengleichheit (siehe auch Kapitel 7). Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat die Migration in Europa in einem solchen Mass zugenommen und sich so stark diversifiziert, dass sich die Zuwanderung nicht mehr nur anhand des rechtlichen Kriteriums der Staatsangehörigkeit analysieren lässt. Es entspricht nicht mehr der heutigen Situation der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (Krekels und Poulain 1996, 267–268). In dieser Hinsicht ist das Konzept der «im Ausland geborenen Bevölkerung», das nicht zwischen Personen mit ausländischer oder schweizerischer Staatsangehörigkeit unterscheidet, genauer. Allerdings basiert es ausschliesslich auf der Migrationserfahrung der betroffenen Personen. Um den Migrationshintergrund einer Person zu bestimmen, muss jedoch auch der Migrationsstatus der Eltern berücksichtigt werden (anhand deren Geburtsort). Sofern es die Datenlage ermöglicht, wird daher in der Schweiz meist auf die «Bevölkerung mit Migrationshintergrund» zurückgegriffen, wobei deren Definition dem jeweiligen kulturellen und historischen Kontext des Landes angepasst ist. Sie ersetzt zunehmend die allzu reduzierende Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Staatsangehörigen, da sie nicht nur auf dem Prinzip der Staatsangehörigkeit (oder des Geburtsorts) beruht, sondern auch die Migrationserfahrung einer Person und deren Eltern berücksichtigt (BFS 2009).

Nicht alle statistischen Datenquellen, die zur Migrations- und Integrationsmessung verwendet werden, geben jedoch Auskunft über den Migrationsstatus der Personen der ständigen Wohnbevölkerung, da die dafür notwendigen Variablen fehlen. Daher muss teilweise auf die Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit zurückgegriffen werden, und, falls die Variable verfügbar ist, auf den Geburtsort der Person.

1.1.1 Definitionen und Kennzahlen

Ausländische Bevölkerung

Zur ausländischen Bevölkerung gehören alle Personen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Schweiz wohnen, jedoch nicht die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzen. Die ständige ausländische Wohnbevölkerung dient in der Statistik der ausländischen Wohnbevölkerung als Referenzbevölkerung. Sie umfasst alle ausländischen Staatsangehörigen mit einer Anwesenheitsbewilligung Wer während seines Aufenthaltes in der Schweiz arbeitet oder sich länger als drei Monate in der Schweiz aufhält, benötigt eine Bewilligung. Diese wird von den kantonalen Migrationsämtern erteilt. Es wird unterschieden zwischen Kurzaufenthalts- (weniger als ein Jahr, z. B. Ausweis L), Aufenthalts- (befristet, z. B. Ausweis B) und Niederlassungsbewilligung (unbefristet, z. B. Ausweis C) (SEM: https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/themen/aufenthalt.html; zuletzt aufgerufen am 27.04.2020). für mindestens zwölf Monate oder für eine Gesamtaufenthaltsdauer von mindestens zwölf Monaten in der Schweiz (Ausweise B/C/L/F oder N Im Asylbereich gibt es den F-Ausweis für vorläufig aufgenommene Personen und den N-Ausweis für Asylsuchende (SEM: https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/themen/aufenthalt/nicht_eu_efta.html ; zuletzt aufgerufen am 27.04.2020). oder EDA-Ausweis, d. h. internationale Funktionär/innen, Diplomat/innen und deren Familienangehörige). Die nachfolgend aufgeführten Daten stammen aus der Statistik der Bevölkerung und Haushalte des BFS (STATPOP), die Bestandteil des Systems der jährlichen Volkszählung ist.

Im Ausland geborene Bevölkerung

Anhand des Geburtsorts kann zwischen Migrantinnen und Migranten («foreign-born» bzw. erste Generation) und den nachfolgenden, in der Schweiz geborenen Generationen mit Migrationshintergrund («native-born» bzw. zweite oder höhere Generation) unterschieden werden. Dieses Merkmal sowie die Anwesenheitsdauer in der Schweiz sind zudem wichtig für die Messung der Sesshaftigkeit der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung. Die hier vorgestellten Daten stammen ebenfalls aus STATPOP.

Bevölkerung mit Migrationshintergrund

In der internationalen Diskussion um Migration und Integration wird immer häufiger der Begriff «Bevölkerung mit Migrationshintergrund» verwendet. Dieses Konzept ersetzt zunehmend die ausschliesslich auf der Staatsangehörigkeit basierende Unterscheidung, die keinen Aufschluss darüber gibt, ob eine Person selbst eingewandert ist (erste Generation) oder ob ein indirekter Migrationsbezug aufgrund der Migrationserfahrung ihrer Eltern besteht (zweite Generation). Der Geburtsort der Grosseltern wird nicht berücksichtigt, da diese Variable in den Daten nicht verfügbar ist.

Nach dem Vorbild vieler anderer Länder hat das BFS im Jahr 2009 basierend auf den internationalen Empfehlungen der UNECE (2006, 2015 revidiert) für die Schweiz eine Typologie der Bevölkerung nach Migrationsstatus erstellt, die die Staatsangehörigkeit und das Geburtsland einer Person sowie das Geburtsland ihrer Eltern einbezieht (BFS 2009, Kristensen et al. 2017). Die älteste berücksichtigte Generation ist diejenige der Eltern. Sie ist folglich massgebend für die Zuordnung zur Bevölkerung mit oder ohne Migrationshintergrund.

Zur vom BFS definierten Gruppe «Bevölkerung mit Migrationshintergrund» gehören ausländische Staatsangehörige, eingebürgerte Schweizerinnen und Schweizer (mit Ausnahme der in der Schweiz Geborenen, deren Eltern beide in der Schweiz geboren wurden) sowie gebürtige Schweizerinnen und Schweizer, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden.

Typologie der Bevölkerung nach MigrationsstatusT1.1

Geburtsort Staatsangehörigkeit Geburtsort der Eltern
2 im Inland 1 im Inland 2 im Ausland
1 im Ausland
im Inland gebürtige
Schweizer/innen
o o II
Eingebürgerte o II II
Ausländer/innen o II II
im Ausland gebürtige
Schweizer/innen
o o I
Eingebürgerte I I I
Ausländer/innen I I I
I Bevölkerung mit Migrationshintergrund der 1. Generation
II Bevölkerung mit Migrationshintergrund der 2. Generation
o Bevölkerung ohne Migrationshintergrund

© BFS 2020

Seit 2012 kann anhand der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) der Migrationshintergrund einer Person eruiert und damit die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ermittelt und nach Generation ausgewiesen werden. Die Grundgesamtheit der SAKE ist die ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren.

Kennzahlen 2018

In der Schweiz leben mehr als 2 Millionen Ausländerinnen und Ausländer. Sie machen 25% der ständigen Wohnbevölkerung aus. Dieser Anteil ist auf mehrere Einwanderungswellen, eine restriktive Einbürgerungspolitik sowie hohe Geburtenzahlen bei der ausländischen Bevölkerung und eine tiefe Sterberate Dies ist hauptsächlich durch Einbürgerungen und die Rückkehr ins Herkunftsland bedingt. bei der ausländischen Bevölkerung zurückzuführen.

Nahezu ein Drittel (2 553 400 Personen) der ständigen Wohnbevölkerung ist im Ausland geboren. 68% der im Ausland geborenen Bevölkerung haben eine ausländische, 32% die schweizerische Staatsbürgerschaft. Rund ein Viertel der im Ausland geborenen Personen lebt seit mindestens 20 Jahren in der Schweiz.

38% der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren haben einen Migrationshintergrund (2,7 Mio. von über 7 Mio. Personen). Mehr als ein Drittel davon (974 000 Personen) besitzt die Schweizer Staatsbürgerschaft. Über 80% der Bevölkerung mit Migrationshintergrund wurden im Ausland geboren und gehören somit zur ersten Generation (2 165 000 Personen). Das übrige Fünftel (521 000 Personen) wurde in der Schweiz geboren und ist folglich der zweiten Generation zuzuordnen. Die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund umfasst hauptsächlich gebürtige, aber auch einige eingebürgerte Schweizerinnen und Schweizer sowie die Ausländerinnen und Ausländer der dritten oder einer höheren Generation.

Kasten 1.1: Personen unter 15 Jahren

Der Migrationsstatus von Kindern unter 15 Jahren lässt sich anhand der SAKE nicht bestimmen, da sich diese auf Personen ab 15 Jahren (Personen im erwerbsfähigen Alter) beschränkt. STATPOP liefert hingegen Angaben zum Geburtsort und zur Staatsangehörigkeit.

Nahezu drei Viertel der ständigen Wohnbevölkerung unter 15 Jahren sind in der Schweiz geboren und haben einen Schweizer Pass. Das verbleibende Viertel ist entweder im Ausland (10%, davon 8% ausländische und 2% schweizerische Staatsangehörige) oder in der Schweiz geboren und ausländischer Staatsangehörigkeit (19%).

Wird davon ausgegangen, dass die in der Schweiz geborenen Ausländerinnen und Ausländer unter 15 Jahren und die im Ausland geborenen Personen die Bevölkerung mit Migrationshintergrund bilden, ergibt sich für 2018 ein Total von 345 000 Personen. Hinzu kommen die Personen mit Migrationshintergrund ab 15 Jahren, d. h. insgesamt 2 686 000 Personen. Folglich haben bei einer Gesamtbevölkerung von rund 8,5 Millionen Personen schätzungsweise etwas mehr als 3 Millionen bzw. 36% einen Migrationshintergrund.

Mit Ausnahme der gebürtigen Schweizerinnen und Schweizer mit mindestens einem in der Schweiz geborenen Elternteil zählt jede im Ausland geborene Person zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund der ersten Generation (mehr als 2,1 Millionen Personen ab 15 Jahren im Jahr 2018). Diese Bevölkerungsgruppe umfasst somit:

– die im Ausland geborenen Ausländerinnen und Ausländer (sie machen etwas mehr als 70% dieser Gruppe aus, d. h. 1 542 000 Personen);

– die im Ausland geborenen gebürtigen Schweizerinnen und Schweizer, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden (23 000 Personen);

– die im Ausland geborenen eingebürgerten Schweizer Staatsangehörigen (600 000 Personen).

Die zweite Generation (521 000 Personen), d. h. die in der Schweiz geborenen Personen mit Migrationshintergrund (durch mindestens einen Elternteil), setzt sich zusammen aus den eingebürgerten Schweizer Staatsangehörigen (52%), den Ausländerinnen und Ausländern mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil (33%) sowie den gebürtigen Schweizerinnen und Schweizern, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden (15%).

In Grafik G1.2 wird deutlich, dass die Bevölkerung, deren Migrationserfahrung und Integration in der Schweiz gemessen werden sollen, in den drei beschriebenen Bevölkerungstypologien Bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund werden nur Personen ab 15 Jahren berücksichtigt. unterschiedlich eng definiert ist. Sie zeigt, dass ein Teil der Bevölkerung fehlt, wenn nur die Staatsangehörigkeit berücksichtigt wird, da auch Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit direkt oder indirekt einen Migrationshintergrund haben können und folglich nach diesem Ansatz nicht erfasst werden. Ein Viertel der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren sind Ausländerinnen und Ausländer, rund 30% sind im Ausland geboren und 38% haben einen Migrationshintergrund.

1.1.2 Zeitliche Entwicklung

Seit 2010 ist die ausländische Bevölkerung weniger stark gewachsen als die im Ausland geborene Bevölkerung (+ 2,7 Prozentpunkte bzw. + 3,5 Prozentpunkte). Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund hat seit 2012 um 2,8 Prozentpunkte zugenommen. Die Angaben nach Migrationsstatus sind erst ab 2012 verfügbar. Eine Differenzierung nach Generation zeigt, dass der Anteil der ersten Generation seit 2012 um 2,5 Prozentpunkte gestiegen ist. Bei den Angehörigen der zweiten Generation fällt die Zunahme weniger stark aus (+ 0,3 Prozentpunkte). Hauptgrund für den Anstieg der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist das Wachstum der im Ausland geborenen Bevölkerung.

1.1.3 Altersaufbau

Das Durchschnittsalter der ausländischen Bevölkerung liegt bei 37 Jahren. Bei den im Ausland geborenen Personen wie auch bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund beträgt es 45 Jahre. Die Gesamtbevölkerung hat ein Durchschnittsalter von 42 Jahren. Folglich sind die im Ausland geborene Bevölkerung und die Bevölkerung mit Migrationshintergrund im Durchschnitt älter als die ausländische Bevölkerung.

Der Altersquotient bezeichnet das Verhältnis der in der Regel nicht erwerbstätigen Bevölkerung ab 65 Jahren zu den Personen im erwerbsfähigen Alter (20–64 Jahre). Er variiert zwischen den drei Bevölkerungstypologien nur wenig.

Den tiefsten Altersquotienten hat die ständige ausländische Wohnbevölkerung. Dort kommen 11 Personen ab 65 Jahren auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter (20–64 Jahre).

Am grössten ist der Altersquotient mit einem Verhältnis von 19 zu 100 hingegen bei der im Ausland geborenen ständigen Wohnbevölkerung. Da zur im Ausland geborenen Bevölkerung nur die Personen der ersten Generation zählen, könnten diese Zahlen darauf hindeuten, dass die erste in der Schweiz lebende Generation durchschnittlich älter ist als die zweite Generation.

Der Altersquotient der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt zwischen demjenigen der ausländischen Bevölkerung und demjenigen der im Ausland geborenen Bevölkerung (16 Personen ab 65 Jahren auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter).

In der Gesamtbevölkerung entfallen auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter 30 Personen ab 65 Jahren.

Dass die ausländische Bevölkerung im Durchschnitt jünger ist und einen tieferen Altersquotienten hat als die anderen Bevölkerungsgruppen, ist darauf zurückzuführen, dass die Erwerbstätigkeit eine der Hauptgründe für die Einwanderung ist. Zudem lassen sich einige Ausländerinnen und Ausländer vor dem Erreichen des Rentenalters einbürgern und zählen fortan zu den älteren Schweizerinnen und Schweizern. Andere Ausländerinnen und Ausländer verlassen die Schweiz nach mehrjähriger Erwerbstätigkeit und werden im Zuge der Migrationsströme durch jüngere Zuwanderinnen und Zuwanderer ersetzt (siehe auch Kapitel 2.5 und 3.5).

1.1.4 Geschlechterverteilung

Die Geschlechterverteilung der ständigen Wohnbevölkerung variiert je nach Bevölkerungstypologie leicht. Hierbei ist anzumerken, dass die Geschlechterverteilung einer Bevölkerung von ihrem Altersaufbau beeinflusst wird. Während in jüngeren Bevölkerungsgruppen (wie der ausländischen Bevölkerung) in der Regel Männer in der Mehrzahl sind, bilden in älteren Bevölkerungsgruppen (wie der im Ausland geborenen Bevölkerung) Frauen die Mehrheit.

In der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung überwiegen Männer (53%): 113 Männer kommen auf 100 Frauen.

Im Ausland geborene Frauen sind etwas zahlreicher als im Ausland geborene Männer (96 Männer pro 100 Frauen).

Bei der ständigen Wohnbevölkerung mit Migrationshintergrund ist die Geschlechterverteilung ausgeglichen (100 Männer pro 100 Frauen). Im Gegensatz zu den übrigen Bevölkerungsgruppen sind jedoch Männer in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund der zweiten Generation tendenziell stärker vertreten (52% Männer gegenüber 48% Frauen). Dieses Ergebnis lässt sich damit erklären, dass die zweite Generation durchschnittlich jünger ist als die erste und dass in jüngeren Bevölkerungsgruppen Männer im Allgemeinen überwiegen.

In der Gesamtbevölkerung liegt das Geschlechterverhältnis bei 98 Männern zu 100 Frauen.

1.1.5 Verteilung nach Staatsangehörigkeit

Die meisten in der Schweiz wohnhaften Ausländerinnen und Ausländer stammen aus Europa. 2018 bildeten die 1 416 000 Staatsangehörigen der EU28-/EFTA-Länder die grösste ausländische Gemeinschaft (66%). Der Rest (730 000 Personen) setzte sich wie folgt zusammen: 2300 Personen (0,1%) konnten keinem Land zugeordnet werden.

– Personen aus anderen europäischen Ländern ausserhalb der EU28/EFTA (17%)

– Personen aus aussereuropäischen Ländern (17%)

Von der im Ausland geborenen ständigen Wohnbevölkerung stammt etwas weniger als die Hälfte aus einem EU28-/EFTA-Land (45%). Knapp ein Drittel hat einen Schweizer Pass. Der Rest dieser Bevölkerungsgruppe kommt aus einem europäischen Land ausserhalb der EU28/EFTA (11%) oder einem aussereuropäischen Land (12%).

Die Verteilung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach Nationalitätengruppe entspricht in etwa derjenigen der im Ausland geborenen Bevölkerung. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung mit Migrationshintergrund verfügt über einen Pass eines EU28-/EFTA-Landes (44%). Mehr als ein Drittel ist schweizerischer Nationalität. Der Rest stammt entweder aus einem anderen europäischen Land (11%) oder aus einem aussereuropäischen Land (9%). Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund der ersten Generation verteilt sich praktisch gleich auf die Nationalitätengruppen wie die gesamte Bevölkerung mit Migrationshintergrund. In der zweiten Generation sind mehr als 65% Schweizerinnen und Schweizer und knapp ein Viertel Staatsangehörige eines EU28-/EFTA-Landes.

In der ausländischen Bevölkerung am stärksten vertreten sind Italienerinnen und Italiener (15%), gefolgt von deutschen (14%) sowie portugiesischen Staatsangehörigen (12%).

In der im Ausland geborenen Bevölkerung bilden Schweizerinnen und Schweizer die Mehrheit (32%). hauptsächlich eingebürgerte Schweizerinnen und Schweizer An zweiter Stelle folgen die deutschen (11%), an dritter die italienischen Staatsangehörigen (9%).

Auch in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund sind Schweizerinnen und Schweizer am häufigsten (36%), gefolgt von italienischen (10%) und deutschen Staatsangehörigen (10%).

1.2 Migrationsstatus des Haushalts

Die Strukturerhebung des BFS informiert über die verschiedenen Formen des Zusammenlebens in der Aufnahmegesellschaft nach Migrationsstatus der Mitglieder. Der Migrationsstatus des Haushalts wird wie folgt definiert:

– Der Haushalt hat keinen Migrationshintergrund, wenn weder die alleinstehende Mutter noch der alleinstehende Vater bzw. keines der beiden Mitglieder eines Paarhaushalts (mit oder ohne Kind[er]) bzw. kein Mitglied eines Nichtfamilienhaushalts oder eines anderen Haushaltstyps im Ausland geboren wurde oder eine ausländische Staatsangehörigkeit hat.

– Der Haushalt hat einen Migrationshintergrund, wenn die alleinstehende Mutter oder der alleinstehende Vater bzw. beide Mitglieder eines Paarhaushalts (mit oder ohne Kind[er]) bzw. alle Mitglieder eines Nichtfamilienhaushalts oder eines anderen Haushaltstyps im Ausland geboren wurden oder eine ausländische Staatsangehörigkeit haben.

– Der Haushalt ist gemischt, d. h. setzt sich aus Personen mit und ohne Migrationshintergrund zusammen, wenn eines der beiden Mitglieder eines Paarhaushalts (mit oder ohne Kind[er]) bzw. mindestens ein, aber nicht alle Mitglieder eines Nichtfamilienhaushalts oder eines anderen Haushaltstyps im Ausland geboren wurden oder eine ausländische Staatsangehörigkeit haben. Einelternhaushalte können definitionsgemäss nicht gemischt sein.

Im Zeitraum 2014 bis 2016 wurden in der Schweiz mehr als 3,6 Millionen Haushalte gezählt, davon hatten 29% (über eine Million) einen Migrationshintergrund und 12% waren gemischte Haushalte bestehend aus Personen mit und ohne Migrationshintergrund. Diese Zahlen liegen leicht über denjenigen von 2011–2013 (27% bzw. 12%).

Die ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren lebt unabhängig von ihrem Migrationsstatus mehrheitlich in Paarhaushalten mit Kind(ern) (42%), in einem Paarhaushalt ohne Kinder (29%) oder in einem Einpersonenhaushalt (19%).

39% der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund gehören einem Paarhaushalt mit Kind(ern) an. Bei den Personen mit Migrationshintergrund der ersten bzw. zweiten oder höheren Generation ist dieser Anteil noch höher (45% bzw. 59%).

32% der Personen ohne Migrationshintergrund leben in einem Paarhaushalt ohne Kinder. Bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund der zweiten oder höheren Generation ist dies weniger als halb so häufig der Fall. Die erste Generation liegt mit 26% zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen.

Einpersonenhaushalte sind in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in etwa gleich stark vertreten. Ihr Anteil reicht von 12% bei den Personen mit Migrationshintergrund der zweiten oder höheren Generation bis 20% bei den Personen ohne Migrationshintergrund.

Bei gleichem Alter ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person mit Migrationshintergrund einem Haushalt mit Kind(ern) angehört, praktisch immer höher als in den anderen Bevölkerungsgruppen. Umgekehrt leben Personen ohne Migrationshintergrund – mit einer Ausnahme – öfter in Paarhaushalten ohne Kinder. Bei den 15- bis 24-Jährigen sind Personen ohne Migrationshintergrund etwas häufiger in Paarhaushalten mit Kind(ern) anzutreffen als Personen mit Migrationshintergrund (75% bzw. 73%).

1.3 Definition des Migrationsstatus:
internationaler Vergleich

Die meisten Länder bestimmen den Migrationsstatus einer Person anhand ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Geburtsland, berücksichtigen aber auch die Staatsangehörigkeit und das Geburtsland der Eltern. Wie ein Land den Migrationsstatus und die Generation einer Person bestimmt, hängt jedoch von der jeweiligen Definition der Staatsbürgerschaft (z. B. jus sanguinis, jus solis) und seiner Geschichte ab.

Die folgenden Beispiele zeigen, wie der Migrationsstatus und die Generationen in Frankreich und Deutschland definiert werden.

1.3.1 Frankreich

In Frankreich streiten sich akademische und politische Kreise und Medien seit mehr als 20 Jahren, ob es politisch korrekt ist, für die Analyse sozialer Phänomene ethnische Statistiken zu produzieren und diese für Instrumente zur statistischen Beobachtung wie die Volkszählung zu verwenden (Simon 2014). Ein Gesetz vom 6. Januar 1978 (Loi informatique et libertés https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000000886460 (zuletzt aufgerufen am 27.04.2020). ) verbietet die Erhebung und Erfassung von Informationen, die direkt oder indirekt über Rasse, ethnische Herkunft sowie Religion von Personen Auskunft geben. In Frankreich basieren die amtlichen Statistiken auf der aktuellen Staatsangehörigkeit der Personen; Informationen zu Rasse und ethnischer Herkunft werden darin nicht berücksichtigt. Mit wenigen Ausnahmen für bestimmte Forschungsinstitute sind Statistiken über Kabylen, Schwarze, Juden usw. folglich untersagt. Grund für das Verbot ist die Angst vor Missbrauch solcher Statistiken und vor einer Stigmatisierung der betroffenen Bevölkerungsgruppen. Mit dem Gesetz zur Kontrolle von Immigration, zur Integration und zum Asylwesen (Loi relative à la maîtrise de l’immigration, à l’intégration et à l’asile https://www.conseil-constitutionnel.fr/decision/2007/2007557DC.htm (zuletzt aufgerufen am 27.04.2020). ) von 2007 hat der französische Verfassungsrat entschieden, dass die Erhebung entsprechender anonymer Daten nur für Studien zulässig ist, für die objektive Kriterien in Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft wie Hautfarbe, Religion usw. benötigt werden (z. B. für Studien zur Diskriminierung).

In mehreren Studien wie der von Berchet und Jusot (2010) wird die Staatsangehörigkeit mit dem Geburtsland der Person und ihrer Eltern verknüpft, um die Personen drei Migrationsprofilen zuzuordnen: der französischen Bevölkerung (81%), der zugewanderten Bevölkerung der ersten Generation (9%) und der zugewanderten Bevölkerung der zweiten Generation (10%). Die erste Gruppe umfasst gebürtige Französinnen und Franzosen (unabhängig von ihrem Geburtsland), deren Eltern in Frankreich oder als Französinnen und Franzosen im Ausland geboren wurden. Zu den Zugewanderten der ersten Generation zählen Personen, die im Ausland mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit geboren wurden, unabhängig von der Staatsangehörigkeit und der Herkunft ihrer Eltern. Die Zugewanderten der zweiten Generation bezeichnen Personen, die als Französinnen oder Franzosen in Frankreich geboren wurden und mindestens einen Elternteil haben, der im Ausland mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit geboren wurde. Diese Definitionen werden üblicherweise vom Nationalen Institut für Statistik und Wirtschaftsstudien (INSEE) und vom Nationalen Institut für demografische Studien (INED) verwendet.

Meurs und Pailhé (2008) verfeinern die Gliederung, indem sie zwischen der «gemischten zweiten Generation» und der «zweiten Generation» differenzieren, d. h. zwischen Kindern mit zwei zugewanderten Elternteilen und Kindern mit einem zugewanderten und einem nicht zugewanderten Elternteil. Die «zweite Generation» besteht somit aus in Frankreich geborenen Personen, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden, die «gemischte zweite Generation» (auch Generation 2.5 genannt) aus in Frankreich geborenen Personen mit einem im Ausland geborenen und einem in Frankreich geborenen Elternteil (Lessard-Phillips et al. 2017). Mehr als 8% der im Rahmen der Studie von Meurs und Pailhé Befragten gehören somit zur gemischten zweiten Generation und 6% zur zweiten Generation. Die restlichen 86% sind gebürtige Französinnen und Franzosen, d. h. in Frankreich geborene Personen, deren Eltern beide in Frankreich geboren wurden (dritte oder höhere Generation).

1.3.2 Deutschland

In Deutschland wird der Migrationsstatus anhand von Informationen zur Migration, Staatsangehörigkeit und Einbürgerung bestimmt. Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt (Statistisches Bundesamt 2018). 2018 hatten 24% der Wohnbevölkerung in Deutschland einen Migrationshintergrund. Zu den Personen mit Migrationshintergrund gehören:

– zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer;

– zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte;

– (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler; Als (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler gelten Personen deutscher Abstammung, die aus den Ostblockstaaten, insbesondere aus Polen und der Sowjetunion, definitiv in die Bundesrepublik Deutschland emigriert sind.  

– Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch Adoption durch einen deutschen Elternteil erhalten haben;

– mit deutscher Staatsangehörigkeit geborene Kinder der vier zuvor genannten Gruppen.

Deutschland verwendet eine Definition des Migrationshintergrunds im engeren Sinn, d. h. es werden nur Informationen über die Eltern verwendet, die im gleichen Haushalt leben. Beim Migrationshintergrund im weiteren Sinn werden hingegen alle Informationen über die Eltern genutzt, unabhängig davon, ob sie im gleichen Haushalt leben oder nicht.

Bei den Personen mit Migrationshintergrund wird unterschieden zwischen Personen, die selbst zugewandert sind («Personen mit eigener Migrationserfahrung») und Personen, die nicht selbst zugewandert sind, aber mindestens einen zugewanderten Elternteil haben («Personen ohne eigene Migrationserfahrung»). 2018 waren 16% der gesamten Wohnbevölkerung Deutschlands Personen mit eigener Migrationserfahrung, 7% Personen ohne eigene Migrationserfahrung.

Die Personen mit eigener Migrationserfahrung werden unterteilt in Ausländerinnen und Ausländer sowie Deutsche, diese wiederum in Eingebürgerte und (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler. Auch die Personen ohne eigene Migrationserfahrung werden in ausländische und deutsche Staatsangehörige gegliedert. Bei Letzteren wird zusätzlich unterschieden zwischen Eingebürgerten und Deutschen, die mindestens einen Elternteil mit Migrationshintergrund haben. Bei den in Deutschland geborenen Personen mit Migrationshintergrund wird in Deutschland nicht zwischen der zweiten und der dritten Generation differenziert, denn ihre Eltern gehören unter Umständen verschiedenen Generationen an, die beide für die Zuordnung herangezogen werden könnten.

Die Vertriebenen des Zweiten Weltkriegs und ihre Nachkommen gehören nicht zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Das Gleiche gilt für Personen, die mit deutscher Staatsangehörigkeit im Ausland geboren wurden und deren Eltern beide keinen Migrationshintergrund haben. Sie haben keinen Migrationshintergrund, weil sie selbst und ihre Eltern als Deutsche geboren wurden.

In der Schweiz und in Frankreich werden somit zur Bestimmung des Migrationsstatus die gleichen Variablen verwendet, d. h. die Staatsangehörigkeit, der Geburtsort sowie der Geburtsort der Eltern. Dennoch weichen die Definitionen der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in diesen beiden Ländern leicht voneinander ab. In der Schweiz ist der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund höher als in Frankreich (37% bzw. 29%). Deutschland hingegen bestimmt den Migrationsstatus anhand der Staatsangehörigkeit der Person und jener ihrer Eltern und hat im Vergleich zu Frankreich und der Schweiz den tiefsten Anteil an Personen mit Migrationshintergrund (24%).

1.4 Messung der Integration in der Schweiz

Gemäss Schweizer Gesetzgebung soll die Integration längerfristig und rechtmässig anwesenden Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen, am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben des Landes teilzuhaben. Art. 4 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG): www.admin.ch → Bundesrecht → Systematische Rechtssammlung → Landesrecht → 1 Staat – Volk – Behörden → 14 Bürgerrecht. Niederlassung. Aufenthalt → 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) (zuletzt aufgerufen am 27.04.2020) Ziel der Integration, die einen langen Prozess für die Betroffenen und die Aufnahmegesellschaft darstellt, ist die chancengleiche Teilhabe von Ausländerinnen und Ausländern an der schweizerischen Gesellschaft (Kristensen 2014). Art. 53 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG): www.admin.ch → Bundesrecht → Systematische Rechtssammlung → Landesrecht → 1 Staat – Volk – Behörden → 14 Bürgerrecht. Niederlassung. Aufenthalt → 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) (zuletzt aufgerufen am 27.04.2020)

Der Begriff «Integration» ist wissenschaftlich nicht eindeutig definiert, dennoch lassen sich drei Kernaspekte ausmachen (Kristensen et al. 2017). Integration bezweckt:

– die Herstellung von Chancengleichheit und Gleichberechtigung, d. h. die gleichberechtigte Teilhabe und Teilnahme an gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen bzw. gleichberechtigte Zugänge zu gesellschaftlichen Ressourcen;

– die Angleichung der Lebenslagen zwischen verschiedenen Gruppen der Gesellschaft;

– Offenheit der Aufnahmegesellschaft gegenüber der zugewanderten bzw. ausländischen Bevölkerung als Voraussetzung für Chancengleichheit bzw. die Angleichung der Lebenslagen.

Wie erfolgreich ein Integrationsprozess ist, lässt sich messen, indem die Teilhabemöglichkeiten der Ausländerinnen und Ausländer in verschiedenen gesellschaftlichen Lebensbereichen mit denjenigen der Einheimischen in einer ähnlichen sozioökonomischen Lage und familiären Situation anhand statistischer Werte verglichen werden. Die Unterschiede zwischen diesen Werten liefern Hinweise zum Verlauf des Integrationsprozesses in der Schweiz.

1.4.1 Bevölkerung nach angepasstem Migrationsstatus für die Integrationsmessung

Zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund, deren Definition für diese spezielle Integrationsmessung leicht angepasst wurde, zählen alle Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, inklusive Ausländerinnen und Ausländer der dritten oder höheren Generation, die gemäss der ihr zugrundeliegenden Bevölkerungstypologie nicht eingeschlossen wären. Sie wurden hier berücksichtigt, weil sie als Nichtschweizerinnen und -schweizer nicht die gleichen politischen und wirtschaftlichen Rechte haben wie Schweizer Staatsangehörige – obwohl sie und ihre Eltern in der Schweiz geboren wurden (Kristensen et al. 2017). Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund umfasst auch die eingebürgerten Schweizerinnen und Schweizer der ersten Generation, die Eingebürgerten der zweiten Generation mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil sowie die gebürtigen Schweizerinnen und Schweizer, deren Eltern beide im Ausland geboren wurden. Folglich ist die Bevölkerung mit Migrationshintergrund, speziell die zweite Generation, in dieser für die Integrationsmessung angepassten Typologie etwas grösser (37,6%, d. h. + 0,1 Prozentpunkte im Jahr 2018) als in der ihr zugrundeliegenden Typologie.

Die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund kann als Vergleichsbevölkerung für die Integration herangezogen werden. Sie umfasst die gebürtigen Schweizerinnen und Schweizer mit mindestens einem in der Schweiz geborenen Elternteil sowie die in der Schweiz geborenen Eingebürgerten mit Eltern, die beide in der Schweiz geboren wurden. Um die Chancengleichheit in den einzelnen Lebensbereichen zu beurteilen, werden die statistischen Werte der Zielbevölkerung, deren Integration gemessen werden soll, mit denjenigen dieser Bevölkerungsgruppe oder der Gesamtbevölkerung verglichen.

1.4.2 Integrationsindikatoren des BFS

Das BFS hat ein Indikatorensystem www.bfs.admin.ch → Statistiken finden → Bevölkerung → Migration und Integration → Integrationsindikatoren (zuletzt aufgerufen am 27.04.2020) entwickelt, mit dem die Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund gemessen wird. Es umfasst 68 in elf gesellschaftliche Bereiche unterteilte Indikatoren Kristensen (2014) beschreibt in einem methodischen Bericht zum Indikatorensystem der Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, wie das System aufgebaut ist. Dort werden auch die Berechnungsweise der Indikatoren und deren Relevanz sowie die dazu verwendeten Datenquellen erläutert. :

– Sozialhilfe und Armut

– Kultur, Religion und Medien

– Bildung

– Familie und Demografie

– Sprache

– Wohnen

– Arbeitsmarkt

– Politik

– Gesundheit

– Rassismus, Diskriminierung und Sicherheit

– Kriminalität

Diese Bereiche und ihre Bedeutung im Integrationsprozess basieren einerseits auf theoretischen Grundlagen und richten sich andererseits nach den Grundlagen und Zielen der Integrationspolitik des Bundes.

In den drei folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse für drei Indikatoren aus den gesellschaftlichen Bereichen Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheit vorgestellt.

Dabei ist zu beachten, dass die beobachteten Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen und auch innerhalb dieser Gruppen nicht vereinfachend auf den Migrationshintergrund als einzige Ursache zurückgeführt werden können. Sie können auch durch andere Variablen wie das Bildungsniveau, den beruflichen Status, das Alter und das Geschlecht bedingt sein. Die Indikatoren geben somit nicht Aufschluss über Ursache und Wirkung. Sie liefern empirische Hinweise auf Sachverhalte, aber a priori keine kausalen Erklärungen. Folglich lassen sich anhand der Indikatoren keine politischen Massnahmen oder Integrationsinstrumente beurteilen. Sie können aber als Grundlage verwendet werden, um geeignete Massnahmen zu entwickeln und deren Auswirkungen zu verfolgen.

Datengrundlage für die Berechnung der drei nachfolgend vorgestellten Indikatoren ist die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE). Berücksichtigt werden nur Personen ab 15 Jahren. Für jeden der Indikatoren wird zunächst dessen Aussagekraft beschrieben, danach werden die nach Migrationsstatus aufgeschlüsselten Ergebnisse präsentiert. Ebenfalls aufgezeigt wird die zeitliche Entwicklung der Indikatoren. Je nach Relevanz werden zudem weitere Variablen wie Geschlecht, Alter, Bildungsniveau und Staatsangehörigkeit herangezogen.

Erwerbslosenquote gemäss ILO www.bfs.admin.ch → Statistiken → Bildung und Wissenschaft finden → Eintritt in den Arbeitsmarkt → Tertiärstufe - Hochschulen → Erwerbslosenquote gemäss ILO (zuletzt aufgerufen am 27.04.2020)

Dieser von der Europäischen Union (EU) empfohlene Indikator ist ein Indiz für mangelnde Integration und Teilhabe oder für den Ausschluss vom Wohlstand einer Gesellschaft (und auch ein Hinweis auf mangelnde Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt). Er gilt daher als zentraler Indikator für die Integrationsmessung. Der Ausschluss aus dem Erwerbsleben ist eine der Hauptursachen für Armut. Ein dauerhafter Ausschluss hat in fast allen Lebensbereichen negative Folgen. Eine Annäherung der Erwerbslosenquoten der verschiedenen Bevölkerungsgruppen würde darauf hinweisen, dass sich der Zugang zum Arbeitsmarkt tendenziell angleicht. Möglicherweise wäre dieselbe Entwicklung auch bei den ihr zugrundeliegenden Merkmalen wie Bildung, Sprache, Anerkennung von Abschlüssen oder Arbeitsmarktrisiken zu beobachten.

2018 lag die Erwerbslosenquote gemäss ILO in der Schweiz bei 5%. Bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund ist diese Quote nahezu dreimal tiefer als bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (3% gegenüber rund 8%). Bei den Personen der ersten Generation beträgt sie 8%, bei den Personen der zweiten oder höheren Generation 6% (siehe auch Kapitel 3.3.1).

Zwischen 2012 und 2018 hat sich die Erwerbslosenquote in den untersuchten Bevölkerungsgruppen nicht signifikant verändert.

Während der Unterschied zwischen Frauen und Männern in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund und bei Personen mit Migrationshintergrund der zweiten oder höheren Generation nicht signifikant ist, sind die Frauen der ersten Generation signifikant häufiger erwerbslos als Männer (+ 1,8 Prozentpunkte). Die höhere Erwerbslosenquote der ersten Generation lässt sich somit teilweise mit der höheren Erwerbslosenquote der Frauen in dieser Bevölkerungsgruppe erklären.

Obwohl die jüngeren Altersklassen eine höhere Erwerbslosenquote aufweisen, nehmen die Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen mit dem Alter zu. So sind zum Beispiel Personen der ersten Generation im Alter von 15 bis 24 Jahren doppelt so häufig erwerbslos wie Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund. In den Altersklassen ab 55 Jahren beträgt dieses Verhältnis sogar 3:1.

Personen ohne nachobligatorischen Abschluss weisen im Durchschnitt eine fast doppelt so hohe Erwerblosenquote auf wie Personen mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II oder auf Tertiärstufe (8% gegenüber 5% bzw. 4%). Bei gleichem Bildungsniveau sind die Unterschiede zwischen der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund und der ersten Generation bei den Personen mit einem Tertiärabschluss am grössten. In dieser Gruppe sind Personen der ersten Generation mehr als dreimal häufiger erwerbslos als Personen ohne Migrationshintergrund. Bei Personen ohne nachobligatorischen Abschluss beträgt dieses Verhältnis weniger als 2:1.

Unabhängig von der Generationenzugehörigkeit ist die Erwerbslosenquote bei Angehörigen der EU28-/EFTA-Länder tiefer als bei Personen aus anderen europäischen Staaten Bei der zweiten Generation weicht die Erwerblosenquote der Personen aus einem EU28- oder EFTA-Staat und der Angehörigen anderer europäischer Länder nicht signifikant voneinander ab. oder aus aussereuropäischen Ländern. Die Erwerbslosenquote der ersten und der zweiten oder höheren Generation unterscheidet sich bei den einzelnen Nationalitätengruppen hingegen kaum. Der einzige signifikante Unterschied ist bei den Angehörigen anderer europäischer Länder festzustellen. Dort hat die erste Generation eine höhere Erwerbslosenquote als die zweite oder höhere Generation.

Höchste abgeschlossene Ausbildung

Dieser von der EU empfohlene Indikator zeigt die Verteilung der Bildungsressourcen in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen der Schweiz. Er ist ein zentraler Indikator für die strukturelle Integration und Chancengleichheit im Bildungssystem. Das erreichte Bildungsniveau bildet die Grundlage für die weitere Teilnahme am Ausbildungssystem und den Zugang zum Arbeitsmarkt. In der Mehrheit der Fälle sind die Integrationschancen geringer, wenn keine Ausbildung abgeschlossen wird. Je höher das Bildungsniveau (hier gemessen an der höchsten abgeschlossenen Ausbildung), desto besser sind auch die Chancen der strukturellen Integration. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich viele Personen im Alter zwischen 15 und 30 Jahren noch in Ausbildung befinden und somit ihren höchsten Bildungsabschluss noch nicht erreicht haben.

Die erste Generation weist den höchsten Anteil Personen ohne nachobligatorische Ausbildung auf (27%). Dahinter folgen die zweite oder höhere Generation (22%) und die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (14%). Bei Letzteren und der zweiten oder höheren Generation ist der Anteil der Personen mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II etwa gleich hoch (52% bzw. 51%). Die erste Generation verzeichnet hingegen einen tieferen Anteil (35%). Rund ein Drittel der Personen ohne Migrationshintergrund und der ersten Generation verfügt über einen Tertiärabschluss (34% bzw. 38%). Migrantinnen und Migranten der ersten Generation sind mehrheitlich hochqualifiziert (Wanner und Steiner 2018; siehe auch Kapitel 3.1.1). Bei der zweiten oder höheren Generation sind es weniger (28%). Dieser Anteil lässt sich dadurch erklären, dass die zweite Generation durchschnittlich jünger ist als die anderen Bevölkerungsgruppen. Personen unter 25 Jahren machen in der zweiten Generation rund ein Drittel, in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund 13% und in der ersten Generation 7% aus. Sie haben ihren höchsten Bildungsabschluss aufgrund ihres Alters noch nicht erworben (vgl. nach Altersklasse aufgeschlüsselte Analysen).

Der Anteil der Personen ohne nachobligatorischen Abschluss ist zwischen 2013 und 2018 in allen Gruppen signifikant zurückgegangen. Was die Sekundarstufe II betrifft, so weisen die Gesamtbevölkerung, die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sowie die erste Generation Anteile auf, die zwischen 2013 und 2018 signifikant zurückgegangen sind. Was den Anteil der Personen mit einem Abschluss auf Tertiärstufe angeht, so ist bei der Mehrheit der beobachteten Bevölkerungsgruppen ein Anstieg zu beobachten.

Die Bildungsniveaus sind innerhalb der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in etwa gleich auf die Personen der verschiedenen Nationalitätengruppen verteilt.

Während Frauen ohne Migrationshintergrund weniger als halb so häufig einen Abschluss auf Tertiärstufe vorweisen können als Männer ohne Migrationshintergrund (27% bzw. 42%), verfügen Frauen mit Migrationshintergrund unabhängig von der Generation praktisch gleich häufig über einen Tertiärabschluss wie Männer mit Migrationshintergrund (35% bzw. 37%).

Über alle Altersgruppen hinweg ist die Wahrscheinlichkeit, dass Personen der ersten Generation nur die obligatorische Schule absolviert haben, doppelt so hoch wie bei Personen ohne Migrationshintergrund (27% bzw. 14%). In den Altersklassen von 25 bis 54 Jahren (25–34, 35–44 und 45–54 Jahre) ist dieses Verhältnis fast dreimal höher.

Im Gegensatz dazu ist die Wahrscheinlichkeit, dass Personen der ersten Generation im Alter von 35 bis 44 Jahren keinen nachobligatorischen Abschluss haben, rund siebenmal so hoch wie in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (20% bzw. 3%). In den Altersklassen ab 45 Jahren sind in Bezug auf den Anteil der Personen mit Tertiärabschluss weder zwischen der zweiten oder höheren Generation und der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund noch zwischen der zweiten und der ersten Generation signifikante Unterschiede festzustellen.

Selbst wahrgenommener Gesundheitszustand

Dieser von der EU empfohlene und im MEHM (Minimum European Health Module, ein Bestandteil des Europäischen Gesundheitserhebungssystems) enthaltene Indikator umfasst verschiedene Dimensionen der Gesundheit (physische, psychische und soziale). Er findet auch in der Wissenschaft und bei den Statistikämtern Verwendung. Zahlreiche Längsschnittstudien haben gezeigt, dass der selbst wahrgenommene Gesundheitszustand eine hohe Vorhersagekraft in Bezug auf Sterblichkeit und schwere Erkrankungen hat (Kristensen 2014). Er ist somit ein guter Indikator für den Gesundheitszustand der Bevölkerung. Da er subjektiv ist, lässt er Rückschlüsse auf die allgemeine Lebenszufriedenheit der Einzelpersonen zu.

Der Anteil Personen, die ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut einschätzen, variiert je nach Migrationsstatus. Am tiefsten ist er bei den Personen mit Migrationshintergrund der ersten Generation (81%), gefolgt von den Personen ohne Migrationshintergrund (85%). Personen der zweiten oder höheren Generation schätzen ihren Gesundheitszustand häufiger als gut oder sehr gut ein (88%).

Zwischen 2012 und 2018 ist der Anteil der Personen, die sich als gesund oder sehr gesund bezeichnen, in den meisten Bevölkerungsgruppen gestiegen. In der zweiten oder höheren Generation ist diese Zunahme allerdings nicht signifikant. Das stärkste Wachstum verzeichnet die erste Generation (+ 2,9 Prozentpunkte).

Dass die zweite oder höhere Generation ihren Gesundheitszustand häufiger als gut oder sehr gut einschätzt, liegt teilweise daran, dass sie jünger ist als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund und als die erste Generation. Die im Folgenden aufgeführten Ergebnisse beziehen sich daher jeweils auf die gleiche Altersklasse.

Bei den 15- bis 24-Jährigen und den 25- bis 39-Jährigen schätzt die zweite oder höhere Generation ihre Gesundheit seltener als gut oder sehr gut ein als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Auch in der Altersklasse der 25- bis 39-Jährigen stuft sich die zweite Generation seltener als gesund oder sehr gesund ein als die erste Generation. In diesen beiden Altersklassen deckt sich die selbst wahrgenommene Gesundheitszustand der ersten Generation mit demjenigen der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. In den Altersklassen der 40- bis 54-Jährigen und der 55- bis 64-Jährigen beurteilt die erste Generation ihren Gesundheitszustand hingegen seltener als gut oder sehr gut als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund und die zweite Generation. Die Unterschiede zwischen der zweiten Generation und der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund sind jedoch in keiner der beiden Altersklassen signifikant. In der Altersklasse ab 65 Jahren schätzt die Bevölkerung mit Migrationshintergrund – sowohl die erste als auch die zweite Generation – ihre Gesundheit weniger gut ein als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund.

Darüber hinaus fällt auf, dass sich der selbst wahrgenommene Gesundheitszustand mit zunehmendem Alter in den einzelnen Bevölkerungsgruppen nicht gleich stark verschlechtert. Ausgehend von einem relativ ähnlichen Gesundheitszustand lässt er bei der ersten Generation am stärksten nach (– 35,7 Prozentpunkte zwischen der jüngsten und der ältesten Altersklasse), gefolgt von der zweiten Generation (– 29,8 Prozentpunkte) und der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (– 23,1 Prozentpunkte).

Frauen schätzen ihren Gesundheitszustand in allen beobachteten Bevölkerungsgruppen weniger häufig als gut oder sehr gut ein als Männer. Betrachtet man die Frauen und Männer getrennt, sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen identisch wie bei beiden Geschlechtern zusammengenommen.

Der selbst wahrgenommene Gesundheitszustand verbessert sich in allen Bevölkerungsgruppen mit steigendem Bildungsniveau. Bei den Personen mit einem Tertiärabschluss verschwinden die Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen jedoch.

Die Unterschiede in Bezug auf den Anteil der Personen, die ihre Gesundheit als gut oder sehr gut einschätzen, sind in den einzelnen Nationalitätengruppen etwa gleich wie in allen Nationalitätengruppen zusammengenommen.

1.5 Schlussfolgerungen

In diesem Kapitel wurden drei Bevölkerungstypologien vorgestellt, die zur Bestimmung und Beschreibung der Migrantinnen und Migranten und deren Nachkommen verwendet werden, deren Integration vom BFS gemessen wird. Wie gezeigt wurde, verändern sich der Altersaufbau, die Geschlechterstruktur und die Nationalitätenverteilung in den drei Bevölkerungsgruppen, je nachdem, welche Variablen (Staatsangehörigkeit, Geburtsort oder Migrationsstatus) zur Definition der untersuchten Bevölkerung verwendet werden.

Ferner wurde nachgewiesen, dass die länderspezifische Definition des Migrationsstatus und die Generationenzuteilung der Personen von der jeweiligen Definition der Staatsbürgerschaft und der Geschichte des Landes abhängen. Frankreich mit seinem für die Staatsbürgerschaft massgebenden Geburtsortprinzip definiert den Migrationsstatus auf seine eigene Art. Auch Deutschland wendet eine eigene Definition an, in der unter anderem (Spät-)Aussiedlerinnen und (Spät-)Aussiedler berücksichtigt werden.

Das vom BFS entwickelte Indikatorensystem zur Integration der Bevölkerung mit Migrationshintergrund wurde mit besonderem Fokus auf die gesellschaftlichen Bereiche Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheit vorgestellt. Obwohl die Bevölkerung mit Migrationshintergrund häufiger erwerblos ist als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, nimmt die Erwerbslosigkeit ab der zweiten Generation ab. Was das Bildungsniveau anbelangt, so ist der Anteil der Personen ohne nachobligatorische Ausbildung bei der ersten Generation am höchsten. Gleichzeitig ist sie aber auch die Bevölkerungsgruppe mit den anteilsmässig meisten Tertiärabschlüssen. Der selbst wahrgenommene Gesundheitszustand wird von der zweiten oder höheren Generation am häufigsten als gut oder sehr gut eingeschätzt, danach folgen Personen ohne Migrationshintergrund und die erste Generation. Der Migrationsstatus kann die Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen aber nicht restlos erklären. Weitere Variablen wie Geschlecht, Alter und Bildungsniveau spielen ebenfalls eine Rolle. So ist beispielsweise die Tatsache, dass die zweite oder höhere Generation ihren Gesundheitszustand häufiger als gut oder sehr gut einschätzt, teilweise darauf zurückzuführen, dass sie jünger ist als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund und die erste Generation. Obwohl der Migrationsstatus die Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen nicht direkt erklären kann, macht er innerhalb der einzelnen Gruppen die Unterschiede sichtbar, die in verschiedenen Lebensbereichen zu ungleichen Situationen führen.

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Angaben zur Autorin

Florence Bartosik (1989), Dr., wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundesamt für Statistik. Arbeitsschwerpunkte: Migration, Integration, Doppelbürgerschaft.