4 Hypothesen

4.1 Geburtenhäufigkeit

4.1.1 Vergangene Entwicklung und aktuelle Situation

1990 wurden in der Schweiz knapp 84 000 Lebendgeburten gezählt. Zwischen 1992 und 2003 war diese Zahl rückläufig und sank von nahezu 87 000 auf etwas weniger als 72 000. Anschliessend wuchs sie bis 2016 wieder rasch an. Seither liegt die Zahl der Lebendgeburten stabil bei rund 88 000. Die zusammengefasste Geburtenziffer (ZGZ) ging zwischen 1990 und 2001 von 1,59 auf 1,38 Kinder pro Frau zurück. Bis 2010 wuchs sie auf 1,52 Kinder und schwankte danach zwischen 1,52 und 1,55. 2018 lag sie wieder bei 1,52. Die Geburtenzunahme und der Anstieg der ZGZ verliefen nicht immer parallel. Die Geburtenzahl hängt nicht nur von der Geburtenhäufigkeit, sondern auch von der Anzahl Frauen in gebärfähigem Alter ab. Letztere kann ansteigen und somit die Geburtenzahl erhöhen, während die ZGZ stabil bleibt oder zurückgeht. Das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt stieg in der betrachteten Zeitspanne stetig an (von 28,9 auf 32,0 Jahre).

Die Geburtenhäufigkeit in der Schweiz bewegt sich auf einem ähnlichen Niveau wie in kulturell vergleichbaren Ländern: In Deutschland lag sie 2018 bei 1,57 Kindern pro Frau, in Österreich bei 1,48. Sie ist tiefer als in Frankreich (1,88), aber höher als in Italien (1,29).

4.1.2 Erläuterungen zur Wahl der Hypothesen

Seit nahezu fünf Jahrzehnten ist die Geburtenhäufigkeit in der Schweiz relativ stabil. Es ist kaum wahrscheinlich, dass sie sich in den kommenden 30 Jahren bedeutend verändern wird. Dennoch können bestimmte gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entwicklungen zu einem Anstieg oder Rückgang führen. Gemäss der Referenzhypothese wird die Geburtenhäufigkeit in der Schweiz in den nächsten Jahrzehnten leicht ansteigen. Eltern profitieren von der Entwicklung der Geschlechtergleichstellung und der verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zudem bietet die medizinisch unterstützte Fortpflanzung mehr Frauen die Möglichkeit, auch in höherem Alter Kinder zu bekommen. Die Zunahme der Geburtenhäufigkeit ist aber trotz dieser Veränderungen moderat, da sie gleichzeitig von mehreren Faktoren gebremst wird. Der Anteil Frauen, die längere Ausbildungen machen und somit später ins Erwerbsleben eintreten, nimmt auch in Zukunft nicht ab. So verschiebt sich die erste Schwangerschaft zunehmend in ein höheres Alter. Da eine Heirat an Attraktivität eingebüsst hat, nimmt die Zahl der unverheirateten Paare zu. Gleichzeitig verringert sich die Familiengrösse.

Die ZGZ steigt von 1,52 im Jahr 2020 auf 1,57 im Jahr 2030, auf 1,60 im Jahr 2040 und auf 1,62 im Jahr 2050 (vgl. Grafik G13 und Tabelle T2). Das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt nimmt von 32,2 Jahren (2020) auf 32,8 Jahre (2030) zu. 2040 liegt es bei 33,2 und 2050 bei 33,4. Die altersspezifische Geburtenhäufigkeit wurde so angepasst, dass sie für jedes Projektionsjahr kohärent ist (vgl. Grafiken G15 und G16).

Im «hohen» Szenario steigt die Geburtenhäufigkeit in den kommenden Jahrzehnten stärker an. Die zunehmende Geschlechtergleichstellung, die positive Einkommensentwicklung und die zusätzlichen Massnahmen zur Optimierung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sorgen für eine Zunahme der Geburtenhäufigkeit sowie einen Anstieg des Beschäftigungsgrads von Eltern mit kleinen Kindern. Die durchschnittliche Familiengrösse nimmt dadurch zu. Aufgrund der stärkeren Wanderungsbewegungen gibt es auch immer mehr ausländische Frauen mit einer höheren Kinderzahl als jene der seit Langem in der Schweiz wohnhaften Frauen. So nimmt die Geburtenhäufigkeit bei den Ausländerinnen insgesamt stärker zu (vgl. Grafik G14).

Die ZGZ steigt von 1,55 im Jahr 2020 auf 1,65 im Jahr 2030, auf 1,76 im Jahr 2040 und auf 1,82 im Jahr 2050 (vgl. Grafik G13 und Tabelle T2). Das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt nimmt von 32,1 Jahren (2020) auf 32,5 Jahre (2030) zu. 2040 liegt es bei 32,8 und 2050 bei 32,9.

Im «tiefen» Szenario geht die Geburtenhäufigkeit in den kommenden Jahrzehnten etwas zurück. Die berufliche Karriere wird für Frauen wichtiger. Dank längeren Ausbildungen erzielen sie vermehrt ein höheres Einkommen. Die Fortschritte bei der Geschlechtergleichstellung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind zu gering, um einen Rückgang der Geburtenhäufigkeit zu bremsen. Immer mehr Frauen haben keine oder später Kinder. Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung bietet lediglich einem Teil der Frauen die Möglichkeit, auch in höherem Alter Kinder zu bekommen. Die Ehe verliert an Bedeutung und immer mehr Paare bleiben unverheiratet. Diese gesellschaftlichen Veränderungen und die gleichzeitig sinkende Kinderzahl sorgen dafür, dass die Familiengrösse schrumpft. Aufgrund der geringeren Wanderungsbewegungen gibt es immer weniger ausländische Frauen mit einer höheren Kinderzahl als jene der seit Langem in der Schweiz wohnhaften Frauen. So nimmt die Geburtenhäufigkeit bei den Ausländerinnen insgesamt ab (vgl. Grafik G14).

Die ZGZ liegt 2020 bei 1,50 und sinkt bis 2030 auf 1,49, bis 2040 auf 1,44 und bis 2050 auf 1,41 (vgl. Grafik G13 und Tabelle T2). Das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt wächst von 32,3 Jahren (2020) auf 33,2 Jahre (2030). 2040 liegt es bei 33,7 und 2050 bei 33,9.     

Hypothesen zur GeburtenhäufigkeitT2

Hypothesen Staats­angehörigkeit Durchschnittliche Anzahl Kinder pro Frau Durchschnittsalter der Mutter bei Geburt
2020 2050 2020 2050
Referenz Schweiz 1,40 1,50 32,7 34,0
EWR 1,52 1,60 32,4 33,5
Nicht-EWR 2,31 2,30 30,0 31,0
Ausland total1 1,86 1,87 31,0 32,3
Total1 1,52 1,62 32,2 33,4
Hoch Schweiz 1,42 1,70 32,6 33,5
EWR 1,55 1,80 32,3 33,0
Nicht-EWR 2,39 2,50 29,8 30,5
Ausland total1 1,91 2,07 30,9 31,8
Total1 1,55 1,82 32,1 32,9
Tief Schweiz 1,38 1,30 32,8 34,5
EWR 1,50 1,40 32,5 34,0
Nicht-EWR 2,22 2,10 30,1 31,5
Ausland total1 1,82 1,66 31,2 32,8
Total1 1,50 1,41 32,3 33,9
1 Diese Werte sind Ergebnisse. Sie resultieren aus der Projektion der entsprechenden ­Szenarien.

Quelle: BFS – SZENARIEN

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4.2 Sterblichkeit

4.2.1 Vergangene Entwicklung und aktuelle Situation

Zwischen 1990 und 2005 schwankte die Anzahl Todesfälle in der Schweiz zwischen 60 000 und 64 000. Seit 2006 hat sie stetig zugenommen und ist von 60 000 auf 67 000 angestiegen. Die Lebenserwartung der Männer bei Geburt hat zwischen 1990 und 2018 von 74,0 Jahren auf 81,7 Jahre zugenommen, diejenige der Frauen von 80,8 auf 85,4 Jahre. Der Unterschied bei der Lebenserwartung zwischen den Frauen und den Männern, der sich 1991 noch auf 7,1 Jahre belief, lag 2018 bei 3,7 Jahren.

Gemäss Eurostat lag die Lebenserwartung der Frauen bei Geburt im Jahr 2018 in der Schweiz etwas unter derjenigen in Frankreich (85,9 Jahre) und auf ähnlichem Niveau wie in Italien (85,6  Jahre). Sie war aber leicht höher als in Österreich (84,1 Jahre) und Deutschland (83,3 Jahre). Die Lebenserwartung der Männer bei Geburt war in der Schweiz deutlich höher als in ihren Nachbarländern (Italien: 81,2 Jahre; Frankreich: 79,7;
Österreich 79,4; Deutschland: 78,6).

4.2.2 Erläuterungen zur Wahl der Hypothesen

Aufgrund der Grippeepidemien und Hitzewellen verlief die Entwicklung der Lebenserwartung in der Schweiz in den letzten Jahren unregelmässiger als in der Vergangenheit. Aktuell lässt sich noch nicht sagen, ob auch die Covid-19-Pandemie Auswirkungen haben wird. Obwohl sich der Anstieg der Lebenserwartung in der Schweiz verlangsamt, deutet vieles darauf hin, dass sie in den kommenden Jahrzehnten noch einmal deutlich zunehmen könnte. Gemäss der Referenzhypothese wird der Anstieg der Lebenserwartung gebremst. Die Generationen, in denen gesundheitsschädigende Verhaltensweisen (Rauchen, Alkohol, schlechte Ernährung) weit verbreitet waren, erreichen nach und nach ein Alter mit einer höheren Sterblichkeit. Die Fortschritte in der Medizin – bessere Kenntnis der Risikofaktoren, neue Medikamente – sowie die Tabak-, Alkohol- und Unfallprävention tragen dagegen zu einer Abnahme der Sterblichkeit bei. Immer mehr Personen arbeiten im Tertiärsektor und verfügen über eine höhere Ausbildung. Diese Faktoren sind generell mit einem besseren Gesundheitsverhalten verbunden. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessert sich somit stetig. Weil sich die Geschlechterunterschiede beim Gesundheitsverhalten zunehmend verringern, verkleinert sich die Differenz bei der Lebenserwartung zwischen Frauen und Männern.

Die Lebenserwartung der Männer bei Geburt steigt von 82,2 Jahren im Jahr 2020 auf 84,4 bis 2030, auf 86,0 bis 2040 und auf 87,2 Jahre bis 2050 (vgl. Grafik G17). Die Lebenserwartung der Frauen bei Geburt verlängert sich von 85,7 Jahren 2020 auf 87,2 Jahre 2030. 2040 beläuft sie sich auf 88,5 und 2050 auf 89,6 Jahre. Die Lebenserwartung mit 65 Jahren nimmt bei den Männern von 20,3 Jahren im Jahr 2020 auf 22,0 Jahre bis 2030, auf 23,3 Jahre bis 2040 und auf 24,2 Jahre bis 2050 zu. Auch bei den Frauen steigt die Lebenserwartung mit 65 Jahren an: von 22,4 Jahren im Jahr 2020 auf 24,4 Jahr bis 2030, auf 25,1 Jahre bis 2040 und auf 25,9 Jahre bis 2050. Wie bei der Geburtenhäufigkeit wurde auch die altersspezifische Sterblichkeit so angepasst, dass sie für jedes Projektionsjahr kohärent ist (vgl. Grafiken G18, G19 und G20).

Gemäss der «hohen» Hypothese sorgen die Fortschritte in der Medizin und die effiziente Prävention von Tabak, Alkohol, schlechter Ernährung und Unfällen für einen rascheren Rückgang der Sterblichkeit als in der Referenzhypothese. Der Anteil Personen mit einer höheren Ausbildung und relativ hohem Einkommen nimmt stark zu. Sie haben häufig ein besseres Gesundheitsverhalten und leben somit länger in guter Gesundheit.

Die Lebenserwartung der Männer bei Geburt steigt von 82,7 Jahren im Jahr 2020 auf 85,4 bis 2030, auf 87,3 bis 2040 und auf 88,8 Jahre bis 2050 (vgl. Grafik G17). Die Lebenserwartung der Frauen bei Geburt wächst von 86,1 Jahren im Jahr 2020 auf 88,0 Jahre im Jahr 2030. 2040 beläuft sie sich auf 89,6 und 2050 auf 91,0 Jahre.

Gemäss der «tiefen» Hypothese steigt die Lebenserwartung weniger schnell. Ein gutes Gesundheitsverhalten (Verringerung des Tabak- bzw. Alkoholkonsums, bessere Ernährung) ist in der Bevölkerung weniger verbreitet als im Referenzszenario. Ein moderates Wachstum von Wirtschaft und Einkommen wirken sich negativ auf das Gesundheitsverhalten und somit auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung aus.

Die Lebenserwartung der Männer bei Geburt steigt von 81,6 Jahren im Jahr 2020 auf 83,4 bis 2030, auf 84,6 bis 2040 und auf 85,5 Jahre bis 2050 (vgl. Grafik G17). Die Lebenserwartung der Frauen bei Geburt wächst zwischen 2020 und 2030 von 85,3 Jahren auf 86,4 Jahre. 2040 beläuft sie sich auf 87,4 und 2050 auf 88,4 Jahre.

    

Hypothesen zur SterblichkeitT3

Hypothesen Staats­angehörigkeit Lebenserwartung bei Geburt, Männer Lebenserwartung bei Geburt, Frauen
2020 2050 2020 2050
Referenz Schweiz 82,0 87,0 85,6 89,6
EWR 82,8 87,9 86,5 90,1
Nicht-EWR 82,3 87,2 85,9 89,4
Ausland total1 82,5 87,6 86,3 89,9
Total1 82,1 87,2 85,7 89,6
Hoch Schweiz 82,4 88,7 85,9 90,8
EWR 83,4 89,6 87,0 91,8
Nicht-EWR 84,4 89,4 88,1 91,8
Ausland total1 83,5 89,5 87,2 91,8
Total1 82,6 88,8 86,1 91,0
Tief Schweiz 81,6 85,4 85,3 88,3
EWR 82,1 86,1 86,0 89,3
Nicht-EWR 80,3 85,2 83,9 87,5
Ausland total1 81,6 85,8 85,5 88,7
Total1 81,6 85,5 85,3 88,4
1 Diese Werte sind Ergebnisse. Sie resultieren aus der Projektion der entsprechenden ­Szenarien.

Quelle: BFS – SZENARIEN

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4.3 Wanderungsbewegungen

4.3.1 Vergangene Entwicklung und aktuelle Situation

Der internationale Wanderungssaldo unterlag in den letzten 30 Jahren starken Schwankungen. Im Jahr 1990 belief er sich auf 57 000. Zwischen 1991 und 1997 sank er von 61 000 auf –7000 und nahm bis 2002 wieder zu auf 49 000. Anschliessend ging er wieder leicht zurück und lag 2005 bei 36 000, bevor er nach Abschluss der bilateralen Verträge mit der Europäischen Union bis 2008 98 000 anstieg. Bis 2016 schwankte er zwischen 65 000  und 87 000 pro Jahr. Danach nahm er rasch ab und belief sich 2017 und 2018 nur mehr auf 46 000 bzw. 40 000.

Obwohl der Wanderungssaldo in den letzten Jahren markant gesunken ist, bleiben die Ein- und Auswanderungen infolge der hohen Mobilität ausländischer Arbeitskräfte auf relativ hohem Niveau. 2018 wurden 170 000 Einwanderungen und 130 000 Auswanderungen gezählt.

4.3.2 Erläuterungen zur Wahl der Hypothesen

Die Wirtschaftskrise in Europa in den vergangenen zehn Jahren brachte viele Personen dazu, zum Arbeiten in die Schweiz zu kommen. Mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in der Europäischen Union sind die Wanderungsbewegungen in die Schweiz wieder gesunken. Sie bleiben aber weiterhin hoch. Die Einwanderungen haben sich auf hohem Niveau stabilisiert, während die Auswanderungen schnell gewachsen sind. Diese Zunahme der Auswanderungen ist nicht nur auf die bessere Konjunktur in Europa zurückzuführen, sondern auch auf die bereits erwähnte erhöhte Mobilität sowie auf die Tatsache, dass zahlreiche eingewanderte Arbeitskräfte das Rentenalter erreichen. Diese Entwicklung wird sich vermutlich fortsetzen, auch wenn künftig weitere Krisen, ähnlich jener infolge der Covid-19-Pandemie, eintreten dürften.

Gemäss der Referenzhypothese bleibt die Schweiz dank ihrer günstigen wirtschaftlichen Situation, der zentralen Lage in Europa, dem hohen Lebensstandard, der guten Lebensqualität und vorteilhaften Steuern weiterhin attraktiv. Die Unternehmen rekrutieren fehlende Arbeitskräfte hauptsächlich im Europäischen Wirtschaftsraum. Die Schweiz zieht zudem nach wie vor auch Personen an, die nicht erwerbstätig sind, beispielsweise Rentnerinnen und Rentner. Die wirtschaftliche Situation verbessert sich in den meisten Ländern der Europäischen Union. Dadurch sind die Wanderungsbewegungen (Einwanderungen und Auswanderungen) nicht mehr so stark wie im letzten Jahrzehnt. Wenn die Babyboomerinnen und Babyboomer das Rentenalter erreichen, werden zahlreiche Arbeitsplätze frei. Weil diese Lücken gefüllt werden müssen, steigt der Wanderungssaldo der Erwerbspersonen zwischen 2020 und 2030 leicht an. Ein grosser Teil der Erwerbstätigen, die in die Schweiz einwandern, hat ein hohes Bildungsniveau. Die meisten bleiben lediglich einige Jahre in der Schweiz. Aufgrund der erhöhten Mobilität der Erwerbstätigen und der beschleunigten Bevölkerungsalterung in den europäischen Ländern verstärkt sich die Konkurrenz zwischen der Schweiz und diesen Ländern hinsichtlich der Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften und der Wanderungssaldo nimmt nach 2030 rasch ab. Er bleibt dennoch bis zum Ende der betrachteten Zeitspanne deutlich positiv.

Gemäss dieser Hypothese liegt der Wanderungssaldo 2020 bei 50 500 Personen und nimmt bis 2030 auf 55 000 zu. Bis 2040 sinkt er auf 35 000 und bleibt bis zum Ende des Projektionszeitraums unverändert (vgl. Grafik G21). Wie für die anderen Komponenten wurde die Altersstruktur der Migrantinnen und Migranten so angepasst, dass sie für jedes Projektionsjahr kohärent sind (vgl. Grafiken G22 und G23).

Gemäss der «hohen» Hypothese bleibt die wirtschaftliche Situation der Schweiz sehr gut. Die Einkommensunterschiede zwischen der Schweiz und den europäischen Ländern bleiben hoch und nehmen teilweise sogar zu. Die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften ist gross. Die Wanderungsbewegungen nehmen markant zu, um die in Rente gehenden Babyboomerinnen und Babyboomer zu ersetzen. Der Wanderungssaldo der Erwerbsbevölkerung nimmt bis 2030 zu. Hoch qualifizierte Arbeitskräfte sind jedoch deutlich mobiler und bleiben somit nicht lange in der Schweiz. Die Zahl der Einwanderungen und Auswanderungen bleibt hoch, während der Wanderungssaldo nach 2030 aufgrund der grossen Nachfrage nach Arbeitskräften in ganz Europa infolge der allgemeinen Bevölkerungsalterung sinkt. Arbeitskräfte werden vermehrt ausserhalb des EWR rekrutiert.

2020 beträgt der Wanderungssaldo 61 000 Personen und nimmt bis 2030 auf 70 000 zu. Bis 2040 sinkt er auf 50 000 und bleibt bis zum Ende des Projektionszeitraums unverändert (vgl. Grafik G21).

Im «tiefen» Szenario fällt das Wirtschaftswachstum weniger stark aus als im Referenzszenario. Der Wanderungssaldo bleibt somit bis 2030 stabil. Die Lohndifferenz zwischen den Herkunftsländern der Arbeitskräfte und der Schweiz nimmt laufend ab. Die pensionierten Babyboomerinnen und Babyboomer werden teilweise durch ausländische Arbeitskräfte ersetzt. Die Wanderungsbewegungen (Einwanderungen, Auswanderungen) bleiben hoch, aber der Wanderungssaldo verändert sich nur wenig, da die Erwerbspersonen, die zum Arbeiten in die Schweiz kommen, mobiler sind. Längerfristig betrachtet geht der Wanderungssaldo zurück, weil aufgrund des geringen Wirtschaftswachstums weniger Arbeitsplätze geschaffen werden. Auch die Bevölkerungsalterung in ganz Europa trägt zum Rückgang des Wanderungssaldos bei, da sich die Konkurrenz zwischen den europäischen Ländern und der Schweiz hinsichtlich hochqualifizierter Arbeitskräfte verschärft.

2020 und 2030 beträgt der Wanderungssaldo 40 000 Personen. Anschliessend sinkt er bis 2040 auf 20 000 und bleibt bis zum Ende des Projektionszeitraums unverändert (vgl. Grafik G21).  

Hypothesen zur internationalen WanderungT4

Hypothesen Staats­angehörigkeit Wanderungssaldo
2020 2030 2050
Referenz Schweiz –5 000 –5 000 –5 000
EWR 30 500 35 000 25 000
Nicht-EWR 25 000 25 000 15 000
Ausland total 55 500 60 000 40 000
Total 50 500 55 000 35 000
Hoch Schweiz –2 500 –2 500 –2 500
EWR 35 750 42 500 32 500
Nicht-EWR 27 750 30 000 20 000
Ausland total 63 500 72 500 52 500
Total 61 000 70 000 50 000
Tief Schweiz –7 500 –7 500 –7 500
EWR 25 250 27 500 17 500
Nicht-EWR 22 250 20 000 10 000
Ausland total 47 500 47 500 27 500
Total 40 000 40 000 20 000

Quelle: BFS – SZENARIEN

© BFS 2020

  

Hypothesen zur internationalen WanderungT5

Hypothesen Staats­angehörigkeit Einwanderungen Auswanderungen
2020 2030 2050 2020 2030 2050
Referenz Schweiz 25 000 25 000 25 000 30 000 30 000 30 000
EWR 101 000 110 000 100 000 70 500 75 000 75 000
Nicht-EWR 50 000 50 000 40 000 25 000 25 000 25 000
Ausland total 151 000 160 000 140 000 95 500 100 000 100 000
Total 176 000 185 000 165 000 125 500 130 000 130 000
Hoch Schweiz 25 000 25 000 25 000 27 500 27 500 27 500
EWR 113 750 125 000 115 000 78 000 82 500 82 500
Nicht-EWR 53 250 60 000 50 000 25 500 30 000 30 000
Ausland total 167 000 185 000 165 000 103 500 112 500 112 500
Total 192 000 210 000 190 000 131 000 140 000 140 000
Tief Schweiz 25 000 25 000 25 000 32 500 32 500 32 500
EWR 88 250 95 000 85 000 63 000 67 500 67 500
Nicht-EWR 46 750 40 000 30 000 24 500 20 000 20 000
Ausland total 135 000 135 000 115 000 87 500 87 500 87 500
Total 160 000 160 000 140 000 120 000 120 000 120 000

Quelle: BFS – SZENARIEN

© BFS 2020

4.4 Erwerb des Schweizer Bürgerrechts

4.4.1 Vergangene Entwicklung und aktuelle Situation

1990 belief sich die Anzahl Personen, die das Schweizer Bürgerrecht erwarben, auf knapp 9000. Zwischen 1992, als das Bürgerrechtsgesetz geändert wurde, und 2006 stieg diese Zahl kontinuierlich von 11 000 auf 47 000 an. Anschliessend schwankte sie zwischen knapp 33 000 und 45 000. 2018 erwarben rund 42 000 Personen das Schweizer Bürgerrecht.

4.4.2 Erläuterungen zur Wahl der Hypothesen

Schätzungen zufolge leben derzeit zwischen 800 000 und 900 000 Ausländerinnen und Ausländer lange genug in der Schweiz, um ein Einbürgerungsgesuch einreichen zu können. In allen drei Grund­szenarien nimmt die ausländische Wohnbevölkerung in der Schweiz infolge der internationalen Wanderungen zu. Folglich gibt es immer mehr Personen, die sich einbürgern lassen könnten. Gemäss den drei Szenarien stabilisiert sich die Zahl der Einbürgerungen somit auf relativ hohem Niveau.

Die Referenzhypothese geht davon aus, dass die Anzahl Einbürgerungen in den nächsten Jahren zurückgeht. Die Voraussetzungen für den Erwerb des Bürgerrechts sind strenger geworden (Kenntnis einer Landessprache usw.). Zudem haben Personen aus den EWR-Ländern mit den bilateralen Abkommen ein geringeres Interesse, den Schweizer Pass zu erlangen. Der Wunsch, sich in der Schweiz einbürgern zu lassen, ist bei der ausländischen Bevölkerung dennoch verbreitet, insbesondere bei Personen aus Ländern ausserhalb des EWR. So bleibt die Zahl der Einbürgerungen trotz des Rückgangs relativ hoch.

Sie sinkt von 39 500 im Jahr 2020 auf 35 000 im Jahr 2030 und bleibt bis zum Ende des Projektionszeitraums unverändert (vgl. Grafik G24). Die altersspezifischen Einbürgerungsziffern wurden so angepasst, dass sie für jedes Projektionsjahr kohärent sind (vgl. Grafik G25).

Nach der «hohen» Hypothese nimmt der Anteil Personen, die sich einbürgern lassen könnten, aufgrund der starken Wanderungsbewegungen markant zu. Trotz der strengeren Auflagen für den Erwerb des Schweizer Passes bleibt die Zahl der Einbürgerungen in den kommenden Jahrzehnten hoch. Manche Städte und Regionen mit einem hohen Ausländeranteil ermuntern die ausländische Bevölkerung, die seit Langem in der Schweiz wohnt, zu einer Einbürgerung, um die Staatsbürgerschaft zu fördern.

Die Anzahl Einbürgerungen sinkt von 44 500 im Jahr 2020 auf 40 000 im Jahr 2030 und bleibt bis zum Ende des Projektionszeitraums unverändert (vgl. Grafik G24).

Nach der «tiefen» Hypothese ist der Wunsch, die Schweizer Staatsbürgerschaft zu erlangen, bei den Personen aus EWR-Ländern aufgrund der zahlreichen Rechte, die aus den bilateralen Abkommen mit der EU hervorgehen, gering. Bei Personen aus Ländern ausserhalb des EWR ist er stärker verbreitet. Die Bedingungen für den Erwerb des Schweizer Passes sind allerdings strenger geworden. Folglich nimmt die Anzahl Einbürgerungen in den nächsten Jahren ab. Da die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer, die seit Langem in der Schweiz leben und sich einbürgern lassen könnten, immer noch gross ist, bleibt die jährliche Anzahl Einbürgerungen relativ hoch.

Sie sinkt von 34 500 im Jahr 2020 auf 30 000 im Jahr 2030 und bleibt bis zum Ende des Projektionszeitraums unverändert (vgl. Grafik G24).

Hypothesen zum Erwerb des Schweizer BürgerrechtsT6

Hypothesen Staats­angehörigkeit Erwerb des Schweizer Bürgerrechts
2020 2050
Referenz EWR 19 600 16 000
Nicht-EWR 19 900 19 000
Ausland total 39 500 35 000
Hoch EWR 22 500 18 000
Nicht-EWR 22 000 22 000
Ausland total 44 500 40 000
Tief EWR 16 700 14 000
Nicht-EWR 17 800 16 000
Ausland total 34 500 30 000

Quelle: BFS – SZENARIEN

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