
Schweizerische Gesundheitsbefragung 2017
Körperliche Aktivität und Gesundheit
2017 erfüllten 76% der Bevölkerung die Empfehlungen für gesundheitswirksame Bewegung. Der Anteil hat seit 2002 um fast 14 Prozentpunkte zugenommen. Ähnliches gilt für die Sportaktivität: Aktuell treiben fast zwei Drittel der Schweizer Wohnbevölkerung mindestens einmal pro Woche Sport, während etwas über ein Viertel nie sportlich aktiv wird. Andererseits zeigt die Gesundheitsbefragung, dass in der Schweiz durchschnittlich fast sechs Stunden pro Tag gesessen wird. Personen, die besonders lange sitzen, unterbrechen ausgedehnte Sitzphasen dabei seltener als andere Personen.
Steigender Anteil der körperlich Aktiven zwischen 2002 und 2017
Regelmässige körperliche Betätigung gilt als gesundheitsfördernd. Sie kann insbesondere zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Entwicklung von Diabetes, Rückenbeschwerden sowie Brust- oder Darmkrebs beitragen. Zudem hilft sie, die Entstehung von Übergewicht zu verhindern und leistet einen Beitrag zur psychischen Gesundheit. Allerdings müssen körperliche Aktivitäten regelmässig ausgeübt werden, damit sie gesundheitswirksam sind.
Der Anteil der trainierten und ausreichend aktiven Personen, die die Bewegungsempfehlungen erfüllen, ist zwischen 2002 und 2017 deutlich von 62% auf 76% angestiegen (G1). Der Anteil der nicht oder ungenügend Aktiven ist im selben Zeitraum von 38% auf 24% gesunken. Besonders augenfällig ist dabei der Rückgang des Anteils der Inaktiven (von 19% auf 8%) und der Anstieg des Anteils von ausreichend aktiven Personen, die in erster Linie moderate körperliche Aktivitäten ausüben (von 35% auf 45%).

Empfehlung zur gesundheitswirksamen Bewegung
Körperliche Bewegung ist gesund. Regelmässige Aktivität schützt gegen verschiedene Krankheiten und hat positive psychische Wirkungen. Die Bundesämter für Sport und Gesundheit, die Suva, die bfu, Gesundheitsförderung Schweiz und das Netzwerk «Health Enhancing Physical Activity» (Hepa) empfehlen einen minimalen Bewegungsumfang von 150 Minuten pro Woche, in denen sich Herzschlag und Atmung leicht beschleunigen. Alternativ dazu kann man sich auch mindestens 75 Minuten pro Woche so intensiv bewegen, dass man ins Schwitzen gerät bzw. die Atmung und der Puls stark beschleunigt werden.
36% der Bevölkerung ab 15 Jahren treiben pro Woche 3 Stunden oder mehr Sport und weitere 28% machen Sport mindestens einmal pro Woche in geringerem Ausmass. 10% sind seltener sportlich aktiv, während 26% angeben, überhaupt keinen Sport zu treiben. Des Weiteren geben 57% an, täglich gewisse Wegstrecken zu Fuss oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Und schliesslich verrichten 34% der Erwerbstätigen körperlich (sehr) anstrengende Arbeiten. Interessanterweise findet sich hier kein klarer Zusammenhang mit dem Indikator der körperlichen Aktivität, der vor allem auf die Bewegung während der Freizeit fokussiert. Das heisst: Eine körperlich anstrengende Arbeit wird nur bedingt mit weniger Bewegung in der Freizeit ausgeglichen.
Index der körperlichen Aktivität
Der Index zur Bewegungsaktivität basiert auf den Fragen zum Umfang moderater («ausser Atem kommen») und intensiver («ins Schwitzen geraten») Aktivitäten, wobei die letzteren in der Schweizerischen Gesundheitbefragung (SGB) nur für die Freizeit erfasst wurden. Der Index unterscheidet zwischen vier Niveaus der körperlichen Aktivität:
– trainiert: mindestens 3 Tage pro Woche mit Schwitzepisoden durch körperliche Bewegung.
– ausreichend unregelmässig aktiv: mindestens 150 Minuten mittlere Intensität pro Woche oder 2 Tage mit Schwitzepisoden.
Die ersten zwei Gruppen erfüllen die Bewegungsempfehlungen.
– teilaktiv: 30 bis 149 Minuten mittlere Intensität pro Woche oder 1 Tag mit Schwitzepisoden.
– inaktiv: weniger als 30 Minuten mittlere Intensität pro Woche und weniger als 1 Tag intensive Aktivtät.
Soziodemographische und regionale Unterschiede
Männer sind insgesamt körperlich etwas aktiver als Frauen (G2): In allen dargestellten Altersgruppen ist der Anteil der Trainierten bei den Männern grösser als bei den Frauen, während für die Inaktiven abgesehen von der Gruppe der 45- bis 64-Jährigen das Umgekehrte gilt. Insgesamt sind die Unterschiede aber gering: 78% der Männer und 74% der Frauen erfüllen die Bewegungsempfehlungen. Dabei fällt auf, dass sich die Geschlechterunterschiede in den vergangenen 15 Jahren verringert haben, erfüllten 2002 doch erst 58% der Frauen, aber 67% der Männer die Empfehlungen.
Auch die Altersunterschiede sind nicht ausgeprägt: Nur gerade in der jüngsten Altersgruppe der Männer finden wir einen deutlich höheren Anteil an Trainierten als in den anderen Gruppen, während sich die älteste Gruppe der Frauen durch einen vergleichsweise hohen Anteil an Inaktiven auszeichnet. Selbst unter den 75-jährigen und älteren Personen erfüllen aber noch 64% die Bewegungsempfehlungen. Erwähnenswert ist zudem, dass das körperliche Aktivitätsniveau insbesondere bei den Männern im Pensionierungsalter noch einmal leicht ansteigt.

Als bedeutsam erweisen sich Unterschiede zwischen den Sprachregionen und nach Staatsangehörigkeit (G3). Die Bewohnerinnen und Bewohner der Deutschschweiz erfüllen die Bewegungsempfehlungen deutlich häufiger (79%) als Personen, die in den italienisch- (68%) und französischsprachigen (67%) Landesteilen leben. Dagegen sind die Unterschiede zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern städtischer und ländlicher Gebiete sehr gering.

Neben den Personen mit Schweizer Staatsbürgerschaft sind es vor allem Personen aus Nord- und Westeuropa (z. B. Deutschland, Frankreich, Skandinavien), die sich durch ein hohes körperliches Aktivitätsniveau auszeichnen, während der Anteil an Inaktiven und Teilaktiven bei den Personen aus Südwesteuropa (Italien, Spanien, Portugal) besonders hoch ist.
Unterschiede nach Bildungsstand besonders bedeutsam
Auch bezüglich der Schulbildung zeigen sich deutliche Unterschiede (G4). Dabei ist der grosse Unterschied zwischen Personen, die keine nachobligatorische Ausbildung absolviert haben, und Personen mit einem Abschluss der Sekundarstufe II (Lehrabschluss o.ä.) bemerkenswert. Während bei den ersteren nur gerade 61% die Bewegungsempfehlungen erfüllen, sind es bei den letzteren 75%. Bei den Personen mit einem Abschluss der Tertiärstufe ist dieser Anteil nur wenig höher (79%). Ein ähnliches Muster zeigt sich auch bei den sportlichen Aktivitäten im engeren Sinn, wobei hier aber auch zwischen der Sekundarstufe II und der Tertiärstufe ein deutlicher Unterschied nachweisbar ist: 42% der Gruppe der Personen mit einem obligatorischen Bildungsabschluss treiben mindestens einmal pro Woche Sport. In der Gruppe mit einem Abschluss der Sekundarstufe II sind es 60% und unter denjenigen mit einem Abschluss der Tertiärstufe gar 73%.

Die aufgeführten demografischen und sozio-ökonomischen Unterschiede können in ähnlicher Weise auch für 2002, 2007 und 2012 nachgewiesen werden. Obwohl sie sich in einigen Fällen – etwa bezüglich des Alters und des Geschlechts – verringert haben, erweisen sie sich insgesamt als sehr stabil. Zudem zeigen multivariate Modelle, mit denen der Einfluss verschiedener Merkmale simultan kontrolliert wird, dass Geschlecht, Alter, Sprachregion, Nationalität und Bildung jeweils einen unabhängigen Effekt auf das Niveau der körperlichen Aktivität haben. Als besonders bedeutsam erweisen sich dabei die Einflüsse des Bildungsstandes und der Sprachregion. Das heisst: Personen mit einem Bildungsabschluss der Sekundarstufe II oder der Tertiärstufe sowie Bewohnerinnen und Bewohner der Deutschschweiz erfüllen die Bewegungsempfehlungen besonders häufig.
Bewegung als Teil des Gesundheitsverhaltens
Körperliche Aktivität ist eine von vielen Verhaltensweisen, die einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben können. Anhand der Daten der Gesundheitsbefragung kann insofern ein deutlicher Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und anderen Formen des Gesundheitsverhaltens festgestellt werden, als körperliche aktive Menschen insgesamt gesünder leben (G5). Personen, die die Bewegungsempfehlungen erfüllen, machen sich mehr Gedanken über ihre Gesundheit («Gesundheitsorientierung»), achten eher auf ihre Ernährung («Ernährungsbewusstsein») und essen häufiger Gemüse und Früchte als andere Personen. Zudem zeigen sich je nach körperlicher Aktivität auch Unterschiede im Anteil der Nichtraucherinnen und Nichtraucher und der Personen, die nicht täglich Alkohol trinken.

Gerade die Befunde zum Früchte- und Gemüsekonsum machen jedoch deutlich, dass selbst unter den Trainierten nur etwas über ein Viertel die Empfehlung, täglich mindestens fünf Portionen Früchte und Gemüse zu essen, einhält. Bei weiteren Indikatoren des Ernährungsverhaltens – etwa dem Konsum von Fleisch oder Süssigkeiten – sind die Unterschiede je nach Bewegungsumfang gering.
Dagegen akzentuieren sich verschiedene Unterschiede, wenn statt des Bewegungs- das Sportverhalten betrachtet wird: Personen, die mindestens drei Stunden pro Woche pro Sport treiben, achten besonders häufig auf ihre Gesundheit (92,2%) und ihre Ernährung (76,1%) und rauchen nicht (79,2%). Beim täglichen Alkoholgenuss und dem Konsum von Früchten und Gemüse unterscheiden sich die Personen, die häufig Sport treiben, dagegen nicht von den trainierten Personen.
Zusammenhang von Gesundheitszustand und körperlicher Aktivität
Regelmässig körperlich aktive Personen schätzen öfters ihren Gesundheitszustand als gut ein, sind seltener übergewichtig und leiden weniger unter verschiedenen nichtübertragbaren Erkrankungen (Rücken-, Kreuzschmerzen, Bluthochdruck, hoher Cholesterinspiegel, Diabetes, vgl. G6). Diese Befunde stimmen mit den in der Literatur dokumentierten positiven Gesundheitseffekten regelmässiger körperlicher Aktivität überein (vgl. auch Kasten «Empfehlungen zu gesundheitswirksamer Bewegung»). Sie können sich durch Wechselwirkungen mit einem gesünderen Lebensstil noch weiter verstärken. Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass die gesundheitlichen Probleme auch mit anderen Faktoren wie etwa dem Alter oder dem Ernährungsverhalten zusammenhängen. Selbst wenn diese zusätzlichen Einflussfaktoren in einem multivariaten Modell kontrolliert werden, bleibt der deutliche und positive Zusammenhang des Bewegungsverhaltens und der Gesundheit jedoch erhalten.

Die Zusammenhänge zwischen dem Bewegungsverhalten und den verschiedenen Dimensionen des körperlichen Gesundheitszustands können durch die Berechnung der sogenannten «Odds Ratios» (OR) weiter verdeutlicht werden. Die «Odds Ratios» (OR) geben Auskunft über die Stärke eines Zusammenhangs zwischen zwei Merkmalen und damit über die Wahrscheinlichkeit einer gewissen Gruppe anzugehören. OR kleiner als 1 verweisen auf einen negativen Zusammenhang (geringeres Risiko), solche grösser als 1 auf einen positiven (erhöhtes Risiko). Je weiter der Wert von 1 entfernt liegt, desto markanter ist der Zusammenhang: Eine OR von 6,9 beim Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und subjektivem Gesundheitszustand bedeutet beispielsweise, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Inaktive ihre Gesundheit nicht als gut bezeichnen, fast sieben Mal so hoch ist wie bei den Trainierten. Diese Analyse zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, seinen Gesundheitszustand als nicht gut zu bezeichnen, bei den Inaktiven um den Faktor 6,9 höher liegt als bei den Trainierten. Bei den übrigen Dimensionen liegen die OR zwar tiefer, doch liegt das Risiko von Übergewicht (OR = 2,0), Rückenschmerzen (OR = 2,2), Bluthochdruck (OR = 2,5), hohen Cholesterinwerten (OR = 2,1) oder Diabetes (OR = 4,5) betroffen zu sein, bei den Inaktiven jeweils mindestens um das Doppelte über demjenigen der Trainierten. Diese Werte reduzieren sich zwar, wenn in der Analyse verschiedene weitere Einflussfaktoren wie das Alter, das Geschlecht, die Sprachregion, die Nationalität und der Bildungsstand kontrolliert werden, doch liegen sie für die Inaktiven immer noch zwischen 1,2 (Cholesterin) und 4,0 (Gesundheitszustand).
Bewegung, psychische Belastungen
und Ressourcen
Ähnliche Befunde finden sich auch bei verschiedenen Aspekten der psychischen Gesundheit (G7). Trainierte und ausreichend Aktive sind seltener mittleren und hohen psychischen Belastungen ausgesetzt und leiden seltener unter Energiearmut und geringer Vitalität. Dafür verfügen sie insgesamt über bessere Kontrollüberzeugungen, d. h. sie sind eher der Ansicht, ihr Leben selbst bestimmen zu können. Sie haben ebenso eine bessere Einschätzung ihrer Selbstwirksamkeit, d. h. sie meinen eher, kritische Ereignisse aus eigener Kraft bewältigen zu können. Zudem haben sie weniger Schlafprobleme, weisen geringere Symptome von Depressivität auf und verfügen über grössere soziale Unterstützung. Schliesslich klagen Erwerbstätige, die die Bewegungsempfehlungen erfüllen, seltener über Stress bei der Arbeit.
Bei fast allen Dimensionen der psychischen Gesundheit ist das Risiko, vom entsprechenden Problem betroffen zu sein, bei den Inaktiven jeweils um das Zwei- bis fast Vierfache höher als bei den Trainierten (Psychische Belastung: OR = 3,6; Vitalität/Energie: OR = 3,7; Kontrollüberzeugungen: OR = 2,5; Selbstwirksamkeit: OR = 2,6; Schlafstörungen: OR = 2,5; Depressionssymptome: OR = 3,3; soziale Unterstützung: OR = 4,0). Auch hier gilt zudem wieder: Selbst wenn der Einfluss anderer Merkmale kontrolliert wird, bleiben die deutlichen Effekte der körperlichen Aktivität erhalten.

Körperliche Bewegung und Stress bei der Arbeit
Inaktive erleben häufiger als trainierte Personen Stress bei der Arbeit (27% gegenüber 19%). Die Odds Ratios betragen jedoch lediglich weniger als das Doppelte (OR = 1,6). Die Literatur weist allerdings darauf hin, dass körperliche Bewegung helfen kann, die Stressanfälligkeit zu reduzieren und die Stresstoleranz zu erhöhen. Bei den Personen, die immer oder meistens Stress erleben, ist das Risiko für Inaktive mehr als doppelt so hoch, sich emotional verbraucht zu fühlen (OR 2,4) oder eine mittlere oder hohe psychische Belastung zu haben (OR 2,8). Zudem haben sie auch ein grösseres Risiko, nicht in der Lage zu sein, mit ihrem Stress umzugehen (OR 1,7) als trainierte Personen (G8). Abgesehen von der Stressbewältigung bleiben die Effekte auch unter Kontrolle der anderen Merkmale bestehen. Körperliche Aktivität schützt demnach nicht davor, Stress bei der Arbeit zu erleben, kann aber unter anderem dazu beitragen, dass die Stresstoleranz erhöht wird.

Einschränkungen
Da es sich bei der Gesundheitsbefragung um eine Querschnittsbefragung handelt, sind keine Aussagen über die Richtung der gefundenen Zusammenhänge möglich. So ist beispielsweise denkbar, dass Personen, die sich regelmässig bewegen, weniger von Bluthochdruck betroffen und als Folge der Aktivität seltener übergewichtig sind. Umgekehrt ist aber auch vorstellbar, dass sich ein schlechterer allgemeiner Gesundheitszustand oder Übergewicht negativ auf das Bewegungsverhalten auswirken. Um tatsächlich festzustellen, ob ein angemessenes Niveau körperlicher Aktivität auch zu einem besseren physischen und psychischen Gesundheitszustand führt, müssten wiederholte Befragungen mit denselben Personen über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Dass die Befunde sowohl bezüglich des Gesundheitsverhaltens als auch des Gesundheitszustands konsistent sind, ist jedoch ein starker Hinweis darauf, dass körperliche Aktivität tatsächlich die positiven Wirkungen hat, die in verschiedenen Langzeitstudien nachgewiesen wurden.
Datenquelle
Die Publikation stützt sich auf die Daten der Schweizerischen Gesundheitsbefragung (SGB). Die SGB wird seit 1992 alle fünf Jahre durch das Bundesamt für Statistik (BFS) durchgeführt. 2017 hat die sechste Befragung, die Teil des Erhebungsprogramms der schweizerischen Volkszählung ist, stattgefunden. Sie liefert wichtige Informationen zum Gesundheitszustand der Bevölkerung, zum Gesundheitsverhalten sowie der Inanspruchnahme der Gesundheitsdienste. Insgesamt beteiligten sich 22 134 in einem Privathaushalt wohnhafte Personen ab 15 Jahren an der Befragung. Es handelt sich dabei um ein telefonisches Interview, gefolgt von einem schriftlichen Fragebogen auf Papier oder online.
Langes, ununterbrochenes Sitzen als Risikofaktor
Weniger bekannt als die präventiven und Gesundheitswirkungen von körperlicher Aktivität sind die Risiken langen Sitzens, das erst in jüngerer Zeit als unabhängiger gesundheitlicher Risikofaktor für Übergewicht, Rückenschmerzen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen identifiziert wurde. Eine Kompensation dieser Risiken durch viel Bewegung vor oder nach den langen Sitzphasen – etwa durch Sporttreiben am Feierabend – ist dabei nur bedingt möglich. Vielmehr wird empfohlen, lange Sitzphasen regelmässig kurz zu unterbrechen oder einen Teil der Büroarbeit stehend zu verrichten. Noch ist man sich in der Forschung allerdings nicht ganz einig darüber, wie häufig und wie lange die Sitzphasen unterbrochen werden sollten. Aktuell werden kurze Pausen von einer oder zwei Minuten alle 30 bis 60 Minuten diskutiert. Füzéki E., Kutchner M. Vogt L., Banzer W. (2014): Unterbrechungen von Sitzphasen im Berufsalltag. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie (64(4)): 270 – 275. Behrens M., Borchert P., Kress S. (2017): Körperliche Aktivität in jedem Alter. S. 259 – 266 in: Deutsche Diabetes Gesellschaft (Hg.): Deutscher Gesundheitsbericht. Diabetes 2018. Mainz: Kirchheim. Brown W.J., Bauman A.E., Bull F.C., Burton N.W. (2012): Development of Evidence-based Physical Activity Recommendations for Adults (18 – 64 years). Report prepared for the Australian Government Department of Health.
Der Mittelwert der Sitzdauer pro Person und Tag beträgt 5,6 Stunden, wobei es erhebliche Unterschiede in der Sitzdauer nach Alter und Erwerbstätigkeit gibt (G9). Fast die Hälfte der Erwerbstätigen (48%) sitzt täglich sechs oder mehr Stunden, während dieser Anteil bei den nicht Erwerbstätigen 42% beträgt. Zudem fällt auf, dass die tägliche Sitzdauer mit steigendem Alter zurückgeht: 60% der 15- bis 24-Jährigen verbringen sechs oder mehr Stunden täglich im Sitzen, während es bei den 75-Jährigen und Älteren 24% sind.

Interessanterweise unterbrechen Personen mit einer langen Sitzdauer ihre Sitzphasen eher seltener als Personen, die weniger lange sitzen (G10). Über die Hälfte derjenigen, die neun oder mehr Stunden pro Tag sitzen, legen höchstens einmal pro Stunde eine Bewegungspause ein, während der entsprechende Anteil bei denjenigen, die maximal zwei Stunden pro Tag sitzen, weniger als ein Fünftel beträgt (18%). Hier unterbricht dagegen die Hälfte (51%) längere Sitzphasen mindestens im Halbstundenrhythmus.

Sitzen, körperliche Aktivität und Gesundheit
Zwischen der Sitzdauer, den Unterbrechungen des Sitzens und der körperlichen Aktivität besteht nur ein geringer Zusammenhang. So erfüllen 77% der Personen mit einer täglichen Sitzdauer von maximal zwei Stunden die Bewegungsempfehlungen, während es bei den Personen mit einer Sitzdauer von neun oder mehr Stunden pro Tag 71% sind. Von den Personen, die die Bewegungsempfehlungen erfüllen, unterbrechen 78% ihre Sitzphasen mindestens alle halbe Stunden. Bei denjenigen, die sich ungenügend bewegen, sind es 73%. Die Dauer des Sitzens und die Häufigkeit der Unterbrechung längerer Sitzphasen stehen somit kaum in einem Zusammenhang mit der körperlichen Aktivität.
Auch mit Blick auf das Gesundheitsverhalten und die physische und psychische Gesundheit fällt auf, dass die Zusammenhänge mit der Sitzdauer und den Unterbrechungen des Sitzens in aller Regel nur schwach ausgeprägt sind. Dies trifft sogar bei den in den entsprechenden Quellen angegebenen unmittelbaren Gesundheitsrisiken Übergewicht, Rückenschmerzen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu, wo die Effekte bei gleichzeitiger Kontrolle anderer Einflussfaktoren (Alter, Geschlecht, Sprachregion, Nationalität) nicht nachweisbar oder aber deutlich geringer sind als diejenigen der körperlichen Aktivität. Angesichts der relativ einfachen Messung der Sitzdauer und ihrer Unterbrechungen dürfen diese Ergebnisse jedoch nicht überbewertet werden.
Fazit
Die vorliegenden Resultate bestätigen den positiven Entwicklungstrend bei der körperlichen Bewegung: Gegenüber dem Jahr 2002 ist der Anteil der Personen, die die Bewegungsempfehlungen erfüllen, um rund ein Fünftel angestiegen. Weiterhin ist aber ein knappes Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung nicht oder nur in ungenügendem Ausmass körperlich aktiv.
Gerade wegen der dokumentierten, positiven Zusammenhänge zwischen körperlicher Aktivität und Gesundheit bzw. Gesundheitsverhalten, bleibt die Bewegungsförderung weiterhin wichtig. Dies umso mehr, als es sich bei den aktuellen Bewegungsempfehlungen um eine «Minimalforderung» handelt. Wer mehr als die geforderten 2,5 Stunden pro Woche körperlich aktiv ist, kann mit zusätzlichen Gesundheitseffekten rechnen. Dies zeigen die hier dokumentierten Befunde zu den «Trainierten», die jeweils noch bessere Werte verzeichnen als die ausreichend Aktiven. Die vorliegenden Resultate machen jedoch zusätzlich deutlich, dass die Bewegungsförderung weiterhin auch soziale Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen berücksichtigen muss.
Die Resultate zum neuen Risikofaktor «lange andauerndes, ununterbrochenes Sitzen» sind dagegen wenig aussagekräftig. Die Zusammenhänge mit den verschiedenen Aspekten der Gesundheit sind gering. Hier sind weitere Studien zu den Gesundheitswirkungen und den Schwellenwerten, ab denen längere Sitzphasen problematisch werden, notwendig.