
Demos 1/2019
Vielfalt und Sichtbarkeit
Vorwort
Harmonisches Zusammenleben und Zusammenhalt zwischen Menschen verschiedener Generationen, Kulturen und Lebensstile sind keine Selbstverständlichkeit, sondern Herausforderungen, die die Gesellschaft meistern muss.
Wenn von Zusammenleben und Zusammenhalt die Rede ist, wird von Merkmalen ausgegangen, die bestimmte Personen oder Personengruppen von anderen unterscheiden. In dieser ersten Ausgabe zum Thema Vielfalt und Sichtbarkeit liegt der Fokus auf zahlenmässig kleinen Bevölkerungsgruppen. Sie sind definitionsgemäss Minderheiten in einem komplexeren strukturellen und sozialen Gefüge. Diese Gruppen, über die man aufgrund ihrer schwachen Präsenz und geringen Sichtbarkeit häufig wenig weiss, werden mittels statistischer Daten untersucht, um Aufschluss über ihre demografische, soziale oder wirtschaftliche Situation zu geben. Damit soll ein klares Bild von ihnen vermittelt werden.
In den ersten drei Artikeln werden nacheinander das Budget und die Lebensbedingungen der Paare mit mehreren Kindern, die Situation der Hochbetagten sowie die demografischen Merkmale der im Ausland wohnhaften Schweizerinnen und Schweizer beleuchtet. Die weiteren Artikel befassen sich mit den verschiedenen ausländischen Gemeinschaften, die in der Schweiz vertreten sind. Einerseits werden die ständig in der Schweiz wohnhaften Minderheiten aus primär demografischer Sicht präsentiert, andererseits wird deren Arbeitsmarktsituation aufgezeigt.
Im letzten Teil untersuchen wir die räumliche Verteilung von Ausländerinnen und Ausländern und suchen nach Mustern. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre!
Fabienne Rausa, Bundesamt für Statistik
Inhalt:
1 Einkommen und Ausgaben kinderreicher Paare
2 Die Hochaltrigen in der Schweiz
3 Die Schweiz woanders
4 Vielfalt der Minderheiten
5 Diversität auf dem Arbeitsmarkt
6 Segregation der ausländischen Bevölkerung
7 Zusatzinformationen
1 Einkommen und Ausgaben kinderreicher Paare
Im folgenden Beitrag wird die soziale und finanzielle Situation kinderreicher Paare betrachtet und analysiert, ob sich ihre Situation von jener anderer Paarhaushalte unterscheidet. Die Analysen beziehen sich auf die Haushaltsstruktur, ungeachtet der Kinder, die ausserhalb dieses Haushalts leben.
Von allen Haushalten in der Schweiz waren im Jahr 2016 rund 28% Paarhaushalte mit Kindern. BFS – Strukturerhebung (SE) 2016, unter www.statistik.ch → Statistiken finden → Bevölkerung → Stand und Entwicklung → Haushalte, nur Kinder unter 25 Jahren Davon weist nur etwa jeder fünfte mindestens drei Kinder auf. Bezogen auf alle Personen stellt man fest, dass nur jede zehnte Person in einem Haushalt lebt, der sich aus Paaren mit mindestens drei Kindern zusammensetzt. BFS – Strukturerhebung (SE) 2016, unter www.statistik.ch → Statistiken finden → Bevölkerung → Familien → Formen des Familienlebens, nur Kinder unter 25 jahren
1.1 Einkommensseite
Die Einkommenssituation von Paaren mit drei oder mehr Kindern unterscheidet sich wenig von jener von Paaren in anderen Haushaltszusammensetzungen. Grafik G1 illustriert die Einkommensseite des Bruttoeinkommens nach der Anzahl Kinder.

Das absolute Bruttoeinkommen zeigt keine grossen Schwankungen zwischen den Haushaltstypen. Es gibt einen geringfügigen Anstieg bei Paaren mit zwei Kindern im Vergleich zu Paaren mit einem Kind, der sich zum einen durch das höhere Erwerbseinkommen, zum anderen durch höhere Sozialleistungen erklären lässt. Bei Paaren mit drei oder mehr Kindern geht das Erwerbseinkommen leicht zurück, die Sozialleistungen erhöhen sich jedoch signifikant, sodass sich keine bedeutende Änderung im Bruttoeinkommen ergibt.
Obwohl die Bruttoeinkommen von Paaren mit Kindern verglichen mit jenen von Paarhaushalten ohne Kinder nicht deutlich steigen, muss das Haushaltseinkommen mit jedem Kind für mehr Personen ausreichen. Dies wird an Hand des verfügbaren Äquivalenzeinkommens Um die Unterschiede der Haushaltsgrösse zu berücksichtigen, werden die obligatorischen Ausgaben vom Bruttohaushaltseinkommen abgezogen und auf einen Einpersonenhaushalt umgerechnet, indem das daraus resultierende verfügbare Haushaltseinkommen durch die «Äquivalenzgrösse» dividiert wird. Für eine detaillierte Definition siehe: www.statistik.ch → Statistiken finden → Querschnittsthemen → Wohlfahrtsmessung → Alle Indikatoren → Wirtschaft → Verfügbares Äquivalenzeinkommen, Definitionen illustriert (vgl. Grafik G2).

Personen in Paarhaushalten mit drei oder mehr Kindern haben das geringste Äquivalenzeinkommen von allen Paarhaushalten. Bei Paaren mit ein oder zwei Kindern zeigt sich aber nur ein geringer Unterschied beim Äquivalenzeinkommen, weil das höhere Bruttoeinkommen für Paare mit zwei Kindern durch die grössere äquivalente Haushaltsgrösse Um die Unterschiede der Haushaltsgrösse zu berücksichtigen, werden die obligatorischen Ausgaben vom Bruttohaushaltseinkommen abgezogen und auf einen Einpersonenhaushalt umgerechnet, indem das daraus resultierende verfügbare Haushaltseinkommen durch die «Äquivalenzgrösse» dividiert wird. Für eine detaillierte Definition siehe: www.statistik.ch → Statistiken finden → Querschnittsthemen → Wohlfahrtsmessung → Alle Indikatoren → Wirtschaft → Verfügbares Äquivalenzeinkommen, Definitionen kompensiert wird (vgl. Grafik G1). Personen unter 65 ohne Kinder, die als Paar zusammenleben, weisen – gemessen am verfügbaren Äquivalenzeinkommen – den höchsten Lebensstandard auf.
Diese Tatsache spiegelt sich auch in der subjektiven Beurteilung der finanziellen Situation wider. Der Anteil der Bevölkerung, der in einem Haushalt lebt, für den es schwierig oder sehr schwierig ist, über die Runden zu kommen, liegt bei kinderlosen Paaren bei 7%. Paare mit einem und Paare mit zwei Kindern beurteilen ihre Situation ähnlich, bei Paaren mit drei oder mehr Kindern steigt der Anteil noch einmal leicht auf fast 18% an.
Vergleicht man den Lebensstandard der Haushalte in der Schweiz mit jenem in anderen Ländern, so steht die Schweiz, gemessen am verfügbaren Äquivalenzeinkommen, mit an der Spitze der europäischen Länder. In allen Ländern haben kinderlose Paare den höchsten Lebensstandard.

1.2 Wofür geben Haushalte Geld aus?
Paarhaushalte mit drei oder mehr Kindern geben im Durchschnitt monatlich 41 Franken für Kinderbetreuung, wie z. B. Krippen, aus. Bei Paaren mit nur einem Kind ist dieser Betrag mehr als drei Mal so hoch Die Angaben entsprechen den Mittelwerten der Ausgaben aller Haushalte der entsprechenden Kategorie. Bezüglich der sinkenden Ausgaben für Krippen, Spielgruppen und andere soziale Dienstleistungen pro zusätzlichem Kind zeigen weitere Auswertungen, dass die externe Betreuung mit zunehmender Anzahl Kinder stark abnimmt. Zudem ist die Anzahl Kinder unter fünf Jahren leicht geringer in Paarhaushalten mit drei und mehr Kindern. Des Weiteren zahlen Familien mit mehr als zwei Kindern oft weniger für Krippenplätze. . Weiter zahlen Paarhaushalte ohne Kinder im Vergleich zu allen Paarhaushalten mit Kindern nur geringfügig höhere Transferausgaben, wie beispielsweise Unterstützungsbeiträge an andere Haushalte und Alimente.
Grafik G5 zeigt, dass Paarhaushalte ohne Kinder und Paarhaushalte mit Kindern etwa gleich viel Geld für die Wohnkosten aufbringen. Die Eigentumsquote steigt mit dem zweiten Kind auf 58% an, im Vergleich zu 38% bei kinderlosen Paarhaushalten. Während Paare mit zwei Kindern eine Überbelegungsquote von 5% aufweisen, steigt diese bei Paaren mit mindestens drei Kindern auf 16% an. Die Überbelegungsquote ist ein Indikator, der sich aus der Anzahl Zimmer pro Haushaltsmitglied berechnet Eine Person wird dann als in einem überbelegten Haushalt lebend gezählt, wenn dem Haushalt nicht eine entsprechende Mindestzahl von Räumen zur Verfügung steht, die sich wie folgt bemisst: ein Raum pro Haushalt, ein Raum pro Paar, das in dem Haushalt lebt, ein Raum pro Person ab 18 Jahren, ein Raum für zwei Personen desselben Geschlechts im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, ein Raum pro Person zwischen 12 und 17 Jahren, die nicht der vorhergehenden Kategorie zuzuordnen ist, ein Raum für zwei Kinder unter 12 Jahren. (Quelle: Eurostat Homepage: www.ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Glossary:Overcrowding_rate/de ) .
Bei Paarhaushalten mit Kindern ist der Anteil derer, die Schwierigkeiten haben, sich einen Urlaub pro Jahr zu leisten, grösser als bei kinderlosen Paaren. Die Anzahl Kinder spielt jedoch dabei weniger eine Rolle. Bei den Urlaubsausgaben sieht man auch eine deutliche Verschiebung von Hotels und Pensionen hin zu Ferienwohnungen und Camping, je mehr Kinder ein Paarhaushalt hat (vgl. Grafik G6).
Grafik G7 zeigt, dass bezüglich der Ausgaben für die Freizeitgestaltung mit steigender Anzahl Kinder die Anzahl Fahrräder im Haushalt steigt, und zwar pro Kind um rund ein zusätzliches Fahrrad. Jedoch wird pro zusätzlichem Kind im Paarhaushalt nicht mehr Geld für Fahrräder ausgegeben. Im Vergleich zu Musik- und Tanzkursen können Fahrräder gemeinsam genutzt oder an die kleinen Geschwister weitergegeben werden. Somit zählt der Radsport zu einem günstigeren Hobby für Paare mit mehreren Kindern. Während sich die Kosten für Musikkurse in Paarhaushalten mit einem Kind auf 12 Franken belaufen, sind es bei jenen mit zwei Kindern schon 37 Franken pro Monat und sie steigen mit zusätzlichen Kindern signifikant weiter an.






1.3 Höhere Gesundheitskosten für Paare mit Kindern?
Grafiken G8 und G9 zeigen die durchschnittlichen Krankenkassenprämien und die Ausgaben für Zahnarztleistungen auf. Die Kosten für die monatlichen Prämien steigen pro Kind an, jedoch werden die steigenden Kosten durch die kantonalen Prämienverbilligungen teilweise kompensiert. Die Brutto-Gesundheitsausgaben (Brutto-)Gesundheitsausgaben sind die Gesundheitskosten vor allfälligen Rückzahlungen der Krankenkassen. dagegen steigen aufgrund der darin enthaltenen Zahnarztleistungen mit jedem zusätzlichen Kind an (vgl. Grafik G9). Demgegenüber bleiben die Gesundheitsausgaben mit der Anzahl Kinder stabil, was auf die sehr geringen Franchisen zurückgeführt werden kann.
Bei Paarhaushalten mit mindestens drei Kindern steigen die Zahnarztkosten signifikant an. Paare mit Kindern geben häufiger an, dass sie aus finanziellen Gründen keine notwendigen Zahnarztleistungen in Anspruch nehmen konnten als kinderlose Paare.
1.4 Fazit
Paare mit mindestens drei Kindern haben durchschnittlich etwa das gleiche Bruttoeinkommen wie Paare mit weniger Kindern, aber dieses muss für mehr Haushaltsmitglieder ausreichen. Kinderreiche Paare passen ihr Konsumverhalten dem geringeren Äquivalenzeinkommen an. Dies zeigt sich zum Beispiel in einer Bevorzugung von Camping gegenüber Hotels, in der Weitergabe von Freizeitgegenständen wie Fahrrädern unter den Kindern und in einem Rückgang bei der familienergänzenden Kinderbetreuung.
Im Gesundheitsbereich weisen Paare mit mindestens drei Kindern höhere Kosten für Krankenkassenprämien und Zahnarztleistungen auf. Gleichzeitig geben Paare mit Kindern im Vergleich zu Paaren ohne Kinder häufiger an, aus finanziellen Gründen notwendige Zahnarztleistungen nicht in Anspruch nehmen zu können.
Friederike Eberlein, BFS
2 Die Hochaltrigen in der Schweiz
Als hochaltrig werden in diesem Artikel Menschen bezeichnet, die 80 Jahre und älter sind. Die Hochaltrigen gehören zur Minderheit in der Schweizer Bevölkerung. Der Anteil der 80-jährigen und älteren Seniorinnen und Senioren betrug 2017 5,1%. Dieser Artikel befasst sich mit den Herausforderungen des hohen Alters und des Alterns, mit der Gesundheit, Wohnsituation, Mobilität und Freiwilligenarbeit der hochaltrigen Menschen in der Schweiz. Hochaltrige in der Schweiz können heute dank einer guten finanziellen Absicherung selbstbestimmt und selbstbewusst leben. Durch ihre Teilhabe in der Gesellschaft leisten Hochaltrige ebenfalls aktiv einen Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft.
Die meisten Menschen wünschen sich, ein hohes Alter mit guter Gesundheit zu erreichen. Die Chancen, gesund alt zu werden, stehen heute gut. Der Anteil der 80-jährigen und älteren Menschen an der Bevölkerung betrug 1950 1,2%. Im Jahr 2017 waren es 5,1% (vgl. Grafik G10) und bis 2065 soll sich die Zahl der 80-Jährigen und Älteren schweizweit nahezu verdreifachen. BFS, VZ, ESPOP, STATPOP, SCENARIO Auch wenn der Anteil dieser älteren Menschen in der Schweiz aufgrund der steigenden Lebenserwartung bis zum Jahr 2065 auf zwölf Prozent ansteigen würde (1,3 Mio.), bleibt diese Bevölkerungsgruppe eine Minderheit. Hochaltrigkeit, auch als das vierte Lebensalter bekannt, beginnt zwischen dem 80. und 85. Lebensjahr, dann steigen die Risiken gesundheitlicher Einschränkungen und sozialer Verluste. F. Höpflinger (2014)

2.1 Herausforderungen des Alterns und des Alters
Die durchschnittliche Lebenserwartung in der Schweiz hat sich seit 1878 (Frauen) bzw. seit 1881 (Männer) verdoppelt. Ein langes Leben erscheint heute für viele Menschen selbstverständlich. Die Erhöhung der Lebenserwartung bei guter Gesundheit ist eine Erfolgsgeschichte moderner Gesellschaften.
Heute noch eine klare Minderheit in der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz, dürften die 80-Jährigen und Älteren im Jahre 2045 auf 1,1 Millionen anwachsen BFS, Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz (vgl. Grafik G11). Die nur leicht wachsende Gruppe der Kinder und Jugendlichen dürfte mit 1,9 Millionen (0–19 Jahre) im Jahre 2045 BFS, Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz an Bedeutung verlieren. Langfristig wird die Zunahme der hochaltrigen Seniorinnen und Senioren dahin führen, dass diese Gruppe gegenüber den Kindern immer präsenter sein wird, und viele von uns werden einen Teil unseres Lebens gleichzeitig mit Eltern, Grosseltern und Urgrosseltern verbringen.



Die hochaltrigen Menschen werden die Schweiz in den nächsten Jahrzehnten vor grosse Herausforderungen stellen und gewinnen durch ihre Teilhabe an politischen Abstimmungen auch politisch an mehr Gewicht. Z. Baumann (2005) 76,3% der 80-jährigen und älteren Personen beteiligen sich an eidgenössischen Abstimmungen. Trotz des hohen Alters sind diese Personen politisch aktiv und beeinflussen somit aktiv die Bevölkerungsmeinung (vgl. Grafik G12).
Diese Menschen sehen sich mit einer ökonomischen und medizinischen Versorgung konfrontiert, welche in den nächsten Jahrzehnten komplexer und teurer wird. Künftig werden immer weniger Menschen für eine wachsende Gruppe von Seniorinnen und Senioren aufkommen müssen. Die Gesellschaft sowie diverse Institutionen, wie Gesundheitsvorsorge, Wohnungsmarkt, politische Institutionen, werden sich auf eine rasch wachsende Seniorengesellschaft einstellen müssen. Dabei ist der Anteil dieser Minderheit in den Kantonen bzw. deren räumliche Verteilung sehr unterschiedlich (vgl. Grafik G13).
Die Anzahl der Personen ab 80 Jahren pro 100 Personen im Alter von 65 bis 79 Jahren ist mit über 43 in den Kantonen Neuenburg und Basel-Stadt hoch. Die Kantone Freiburg, Nidwalden und Zug weisen hingegen tiefere Werte aus. Die Planung von neuen Wohnmöglichkeiten (Zusammenleben, Haushaltstypen), Infrastrukturen (Transport und Gesundheit), die wirtschaftlichen Aspekte (Arbeitsmarkt, Rentnerinnen und Rentner und Transferleistungen zwischen den Generationen) sind Herausforderungen, welche die Kantone und Gemeinden auch in den nächsten Jahrzehnten weiterhin adressieren und umsetzen müssen.
2.2 Gesundheit, Wohnsituation, Mobilität und Freiwilligenarbeit
2.2.1 Gesundheit
Die Gesundheitsförderung der älteren Seniorinnen und Senioren und die Finanzierung der Langzeitpflege der Hochbetagten sind Herausforderungen für die Gesellschaft, und zwar nicht nur finanzieller, sondern auch organisatorischer Art.
Gemäss der Schweizerischen Gesundheitsbefragung ist die Gesundheit der älteren Seniorinnen und Senioren gut bis sehr gut (vgl. Grafik G14). Die Mehrheit der Altersgruppe 80 plus, nämlich über 60%, schätzt die eigene Gesundheit als gut bis ausgezeichnet ein, wobei sich Männer mit 64,1% im Durchschnitt etwas fitter fühlen als Frauen (56,5%).

Die hochaltrigen Seniorinnen und Senioren geben an, dass sie sich einer grossen Vitalität erfreuen. Bei den 80-jährigen und älteren Männern stellen wir fest, dass sich noch über 60% als sehr vital bezeichnen, bei den Frauen trifft dies auf 47,1% zu (vgl. Grafik G15).

2.2.2 Wohnsituation
Seniorenpaare leben oft so lange wie möglich zusammen. Ein Umzug in ein Alters- und Pflegeheim wird, da er auch von der Lebensform abhängt, tendenziell weit hinausgezögert. Oft werden hochbetagte Menschen, namentlich Männer, von ihrer Partnerin, respektive von ihrem Partner gepflegt. Die «Pflege durch die Partnerin oder den Partner steht im Vordergrund. In den kommenden Jahren werden vergleichsweise mehr hochbetagte Menschen, namentlich Männer, von ihrer Partnerin resp. von ihrem Partner gepflegt». F. Höpflinger et al. (2005) Entgegen einer weitverbreiteten Meinung lebt in der Schweiz ein Grossteil der 80-jährigen oder älteren Seniorinnen und Senioren zu Hause BFS (2018) . Dabei überwiegen bei den Hochaltrigen die Einpersonenhaushalte mit knapp 174 700 (2016), dies gegenüber den Paarhaushalten mit rund 158 100 Seniorenpaaren (vgl. Grafik G16). Die soziale Unterstützung zwischen den Seniorinnen und Senioren und die Pflege des Partners sind wichtige Elemente des Zusammenlebens im fortgeschrittenen Alter.

2.2.3 Mobilität
Auch hochbetagte Seniorinnen und Senioren sind noch sehr mobil (vgl. Grafik G17). Bei den 80-Jährigen und Älteren sind 37,8% der Frauen motorisiert unterwegs, der entsprechende Wert der Männer liegt mit 43,8% etwas höher. Auch das Velo wird noch von 7,2% der über 79-jährigen Männer und von 5,1% der Frauen der gleichen Altersklasse benutzt. Bei den 65–79-Jährigen geben über 59% der Männer an, dass sie noch regelmässig motorisiert unterwegs sind. Frauen derselben Altersklasse sind mit 52,2% zwar etwas weniger motorisiert, benutzen dafür etwas häufiger den öffentlichen Verkehr (21,3 %) als die Männer (14,6 %). Auch mit dem Velo sind die 65–79-jährigen Seniorinnen und Senioren noch häufig anzutreffen. Männer nutzen noch zu über 16,4% das Fahrrad, bei den Frauen trifft dies auf 11,9% zu.

2.2.4 Freiwilligenarbeit
Ältere Seniorinnen und Senioren verfügen über einen grossen Erfahrungsschatz und Kompetenzen, die sie auch jenseits des Renteneintrittsalters einbringen möchten. Viele sind in Vereinen aktiv oder leisten Freiwilligenarbeit. Die Freiwilligenarbeit, ohne Entlohnung, ist bei den Seniorinnen und Senioren entsprechend weit verbreitet. So beträgt der Anteil bei den Personen ab 80 Jahren 17,8%. Dabei leisten Männer (19,1%) häufiger informelle Freiwilligenarbeit als Frauen (16,6%).
Informelle Freiwilligenarbeit, 2016T1
Anteil der jeweiligen Bevölkerungsgruppe in Prozent, der informell Freiwilligenarbeit leistet, nach Altersgruppen und Geschlecht
Alter | Total | Männer | Frauen |
---|---|---|---|
15 Jahre und älter | 31,8 | 28,3 | 35,1 |
40 – 54 Jahre | 31,0 | 27,3 | 34,5 |
65 – 79 Jahre | 39,6 | 35,9 | 43,1 |
80 Jahre und älter | 17,8 | 19,1 | 16,6 |
Quelle: Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE)
© BFS 2019
2.3 Die Potenziale älter werdender Gesellschaften
Ältere Kunden bilden ökonomisch gesehen ein Potenzial. Mit den Babyboomern der Jahrgänge 1940 bis 1960 wird eine konsumbereite Kohorte von häufig gut situierten, relativ gesunden Hochaltrigen mit Interesse an Technologie und Reisen einen wichtig werdenden Wirtschaftsfaktor darstellen. Hochaltrige Personen benötigen zudem Dienstleistungen im Bereich der Gesundheit. Es dürften neue Angebote entstehen, die sich auf Seniorinnen und Senioren ausrichten, da diese Zielgruppe in den nächsten Jahrzehnten stark anwachsen wird.
Das Medianeinkommen der 65-Jährigen und Älteren belief sich 2016 auf knapp 45 000 Franken pro Jahr. Im Vergleich dazu weist die Hälfte der in der Schweiz wohnhaften Personen ein medianes Äquivalenzeinkommen von 49 660 Franken pro Jahr auf. Eine Studie zur wirtschaftlichen Situation der Rentnerinnen und Rentner zeigte, dass sich das Medianvermögen der 75- bis 79-Jährigen auf über 300 000 Franken beläuft. Dabei weisen Hochaltrige zwischen 85 und 89 Jahren noch immer ein steuerbares Vermögen von über 200 000 Franken aus. Im Vergleich dazu beläuft sich das Bruttovermögen der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung auf knapp 100 000 Franken Ph.Wanner et al. (2008) .
Viele ältere Menschen können damit selbstbestimmt leben. Gemäss einer Studie der Pro Senectute liegt der Anteil der pflegebedürftigen 75- bis 79-jährigen Menschen unter 10% Pro Senectute, 2016 ; www.prosenectute.ch .
Gemäss der Statistik der Ergänzungsleistungen bezogen 2016 etwas über 200 000 Personen Ergänzungsleistungen zur AHV BSV, AHV-EL-Statistik, 2016 . Der Anteil der Seniorinnen und Senioren, die zusätzliche Leistungen benötigen, beträgt 12,5% der AHV-Rentnerinnen und Rentner. Im Jahr 2016 wurden an 78 600 Hochaltrige Ergänzungsleistungen ausgerichtet (vgl. Grafik G18). Das bedeutet, dass 2016 18,4% der 80-Jährigen und Älteren Ergänzungsleistungen zur Altersrente der AHV erhielten. Im Vergleich dazu wurden an 10,1% der 65- bis 79-jährigen Altersrentnerinnen und -rentner Ergänzungsleistungen ausgerichtet.

Auch ändern sich die Kaufgewohnheiten mit dem Alter, wie nachstehende Grafik G19 aufzeigt. So machen die Kosten im Bereich Wohnen und Energie bei den 80-Jährigen und Älteren 34% ihrer Ausgaben aus, während es bei den jüngeren Personen weniger als 30% sind. Im Weiteren sind die Ausgaben bezüglich Gesundheitskosten mit 10% sehr hoch, insbesondere auch im Vergleich zur jüngeren Bevölkerung. Für Nahrungsmittel und Getränke sind die durchschnittlichen Ausgaben der Hochaltrigen (15%) ebenfalls höher im Vergleich zur jüngeren Bevölkerung. Hingegen fallen die Ausgaben der hochaltrigen Seniorinnen und Senioren tiefer aus für Verkehr (7%), beispielsweise im Vergleich zu den 65- bis 69-Jährigen (17%). Der Anteil der Ausgaben für Unterhaltung, Erholung und Kultur (8%) reduziert sich ebenfalls im Vergleich zu den Jüngeren.
Viele Seniorinnen und Senioren bleiben bis ins hohe Alter aktiv: 42,3% verrichten noch Freiwilligenarbeit und 77% stimmen regelmässig an der Urne ab. Sie machen aktiv Weiterbildung (32%) und treffen regelmässig Freunde (63%). Sie sind je länger je mehr vernetzt und benutzen Internet regelmässig (75,2%). Sie treiben Sport (76,6%) und bleiben somit vital.
Die Hochaltrigen leben heute länger, sind gesünder und tragen somit zu einer aktiven Gesellschaft bei. Durch ihre vielfältigen Aktivitäten und ihr soziales Engagement leisten sie einen aktiven Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft (vgl. Infografik über die Seniorinnen und Senioren auf unserem Portal).
Die Freiwilligenarbeit der Seniorinnen und Senioren kann in einem bestimmten Masse auch die junge Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter unterstützen. Die Hochaltrigen sind noch häufig aktiv und tragen zum intergenerationellen Austausch bei. Solange sie vital und gut vernetzt sind und sich den Herausforderungen des Alterns stellen können, bleiben sie unabhängig und selbstständig. Viele sind auch noch mobil. Oft üben die Hochaltrigen eine aktive Rolle in der Politik aus, insbesondere durch die Teilnahme an den Abstimmungen, und bestimmen somit auch das politische Geschehen in der Schweiz mit.
Zum hohen Alter gehört aber auch die Lebensphase, die mit gesundheitlichen Einschränkungen einhergeht. Im Rahmen der Hochaltrigkeit entstehen neue Bedürfnisse und Herausforderungen, die adressiert werden müssen.

Hochaltrige bilden somit sowohl mit ihrem Potenzial als auch mit ihren Herausforderungen und Bedürfnissen einen integralen Bestandteil der Gesellschaft. Die Hochaltrigen können oft noch einen aktiven Beitrag zum Generationenvertrag leisten. Bedürftige Hochaltrige in der Schweiz benötigen jedoch Unterstützung. Gemeinsam und integriert in der Gesellschaft wollen Hochaltrige wahrgenommen werden.
Jacqueline Kucera, BFS
Referenzen
Bauman Zygmunt (2005) Verworfenes Leben. Die Ausgegrenzten der Moderne. Hamburg
BFS (2018) Wohnverhältnisse der älteren Personen im Jahr 2016. Neuchâtel
Höpflinger, François (2014) Langlebigkeit und Hochaltrigkeit. Gesellschaftliche und individuelle Dimensionen.
Höpflinger François et al. (2005) Familiale, ambulante und stationäre Pflege im Alter. Obsan. Neuchâtel
Schirrmacher Frank (2004) Das Methusalem-Komplott. München
Wanner, Philippe et al. (2008) La situation économique des actifs et retraités, Cantons AG, ZH, VS, SG, NE
3 Die Schweiz woanders
Die Zahl der Auslandschweizerinnen und -schweizer belief sich Ende 2017 auf 751 800 Personen. Sie lebten in über 200 Ländern rund um den Globus, hauptsächlich jedoch in Europa. Mit gut einem Viertel aller Personen stellte Frankreich die grösste Schweizer Gemeinschaft. Schweizer Staatsangehörige sind in jedem ausländischen Staat eine nur sehr kleine Bevölkerungsminderheit. Auslandschweizerinnen und -schweizer unterscheiden sich hauptsächlich in zwei Aspekten von ihren in der Schweiz ansässigen Landsleuten: Sie sind jünger und Frauen sind leicht stärker vertreten. Fast drei Viertel von ihnen besitzen neben der schweizerischen eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten.
Ende 2017 besassen über 7 Millionen Personen die Schweizer Staatsbürgerschaft. Es erstaunt nicht, dass die Mehrheit von ihnen (89%) in der Schweiz lebte. Gut 11% hatten jedoch keinen ständigen Wohnsitz in der Schweiz und verbringen ihr Leben in einem anderen Land. Diese Auslandschweizerinnen und -schweizer stellen eine statistische Minderheit Der Begriff «Minderheit» (oder auch «Minorität») ist in diesem Artikel einzig im statistisch-numerischen Sinn zu verstehen: als Bevölkerungsgruppe, die zahlenmässig weniger als die Hälfte einer gegebenen Bevölkerung ausmacht bzw. kleiner ist als die Mehrheit. Dies ist nicht gleichzusetzen mit einer Minderheit im sozialen oder völkerrechtlichen Sinn: eine Bevölkerungsgruppe, die sich aufgrund kultureller und/oder physischer Merkmale vom Rest der Gesellschaft unterscheidet und aufgrund dieser Eigenschaften oft auch benachteiligt wird. in zweifacher Hinsicht dar: (1) Sie bilden eine achtmal kleinere Gruppe als ihre in der Schweiz ansässigen Landsleute. (2) In den jeweiligen Wohnsitzstaaten sind sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit in der Gesamtbevölkerung ebenfalls in der Minderzahl.
Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im statistischen Sinn sind Schweizer Staatsangehörige, die in der Schweiz keinen Hauptwohnsitz haben und im Auslandschweizerregister eingetragen sind (siehe Kasten). Ende 2017 belief sich ihre Zahl auf 751 800 Personen Da davon auszugehen ist, dass nicht alle längerfristig im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer im Auslandschweizerregister eingetragen sind, d. h. sich bei den diplomatischen oder konsularischen Vertretungen der Schweiz im Ausland offiziell angemeldet haben, dürfte die effektive Zahl um mehrere Tausend Personen höher sein. . Dabei handelt es sich einerseits um Personen aller Altersklassen, die die Schweiz wegen Beruf, Ausbildung oder aus privaten Gründen dauerhaft oder vorübergehend ‒aber auf längere Zeit ‒verlassen haben, andererseits um Nachkommen solcher Emigrantinnen und Emigranten, die ev. nie in der Schweiz gelebt haben. Eingeschlossen sind insbesondere auch sogenannte «Expatriates (Expats)», d. h. Fachkräfte, die von einem international tätigen Unternehmen, bei dem sie beschäftigt sind, vorübergehend an eine ausländische Niederlassung entsandt werden. Die Zahl der Auslandschweizerinnen und -schweizer wächst als Folge der zunehmenden internationalen Mobilität (und speziell auch der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU) stetig; seit 2000 ist ein Zuwachs von rund 30% zu verzeichnen.
Auslandschweizerstatistik
Die Auslandschweizerstatistik (AS-Stat) des BFS erfasst jährlich alle Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die in der Schweiz keinen Wohnsitz haben und bei einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland (Botschaft, Generalkonsulat) angemeldet sind. Die Daten werden vom Konsularnetz auf der Grundlage der Verordnung über das Informationssystem E-VERA (Auslandschweizerregister) des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erhoben. Das BFS hat die Produktion der früher von der Abteilung Auslandschweizerbeziehungen der Konsularischen Direktion des EDA erstellten Auslandschweizerstatistik im Jahr 2018 übernommen. Die per 31.12.2017 erhobenen Daten wurden erstmals vom BFS ausgewertet und publiziert.
Gemäss Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (ASG ) hat sich eine Person, die die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt und keinen Wohnsitz in der Schweiz hat, bei der zuständigen Vertretung zur Eintragung ins Auslandschweizerregister zu melden. Der Eintrag ist die Voraussetzung für die Ausübung der Rechte und Pflichten der Auslandschweizerinnen und -schweizer (z. B. Teilnahme an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen) sowie für die Erbringung von Dienstleistungen durch Schweizer Behörden (z. B. konsularischer Schutz, Hilfeleistungen bei Krankheit und Unfall oder für Opfer schwerer Verbrechen).
3.1 Geografische Verteilung
Die Auslandschweizergemeinschaft verteilte sich Ende 2017 auf insgesamt 223 Staaten und (unselbständige) Gebiete Dabei handelt es sich um Teile von souveränen Staaten, die räumlich vom Mutterland getrennt sind (z. B. Inseln wie Neukaledonien, Puerto Rico oder Bermuda). . Mit wenigen Ausnahmen (z. B. Turkmenistan, Nauru, Tuvalu) leben in praktisch jedem Staat der Welt Schweizer Staatsangehörige. In 5 Staaten oder Gebieten wurde jeweils nur eine einzige Person mit Schweizer Pass gezählt. In 54 Staaten leben jeweils mehr als 1000 Personen. D. h. die Auslandschweizerinnen und -schweizer verteilen sich geografisch sehr ungleichmässig und konzentrieren sich auf wenige Staaten: fast die Hälfte (48,4%) lebt in drei Staaten (Frankreich, Deutschland, Vereinigte Staaten), 87,5% von ihnen in lediglich 20 Ländern.
Frankreich wies Ende 2017 mit 196 300 Personen die weltweit mit Abstand grösste Schweizer Gemeinschaft auf. 26,1% aller Auslandschweizerinnen und -schweizer lebten in unserem westlichen Nachbarland (oder in einem seiner Überseegebiete). In Europa folgten Deutschland mit 88 600, Italien mit 49 600, das Vereinigte Königreich mit 35 000, Spanien mit 23 500 und Österreich mit 16 200 Personen. Ausserhalb Europas zählten die Vereinigten Staaten mit 79 900 Personen die meisten Schweizer Staatsangehörigen, gefolgt von Kanada mit 39 700, Australien mit 24 900, Israel mit 19 900, Argentinien mit 15 400 und Brasilien mit 14 100 Personen (vgl. Grafik G20).

Nach Kontinenten gegliedert lebten gut 62% der Auslandschweizerinnen und -schweizer in Europa, knapp 24% in Amerika und 7% in Asien. Die direkten Nachbarländer der Schweiz nehmen eine Schlüsselposition ein: 47% aller Auslandschweizerinnen und -schweizer waren in einem dieser 5 Staaten ansässig (352 900 Personen). Nebst den Gemeinschaften in Frankreich, Deutschland, Italien und Österreich zählten auch 2800 in Liechtenstein registrierte Personen dazu.
3.2 Schweizerische Staatsangehörige im Ausland und in der Schweiz
Die Auslandschweizergemeinschaft würde bevölkerungsmässig hinter Zürich, Bern und Waadt den viertgrössten Kanton bilden. Sie umfasst beinahe ebenso viele Personen wie die drei Städte Zürich, Genf und Basel zusammen Einwohner haben. Aus demografischer Sicht unterscheiden sich Auslandschweizerinnen und -schweizer hauptsächlich in zwei Aspekten von ihren in der Schweiz ansässigen Landsleuten: Sie sind jünger und Frauen sind leicht stärker vertreten.
3.2.1 Die Auslandschweizergemeinschaft umfasst weniger Männer und ältere Personen
Im Ausland leben mehr Schweizerinnen als Schweizer. Ende 2017 waren 54,5% der Auslandschweizergemeinschaft weiblich (409 700 Personen). Die 342 100 Männer machten 45,5% aus. Auch in der Schweiz sind Schweizerinnen zwar in der Mehrheit. Der Frauenanteil liegt mit 51,6% jedoch um 2,9 Prozentpunkte unter demjenigen der Auslandschweizer.
Das Geschlechterverhältnis zeigt regionale Unterschiede. In Europa waren 56,1% der Auslandschweizergemeinschaft weiblich. Auch in Amerika, Afrika und Ozeanien waren Frauenüberschüsse (mit Anteilen zwischen 53,6% und 51,6%) zu verzeichnen. In Asien hingegen bildeten die Männer bei einem Frauenanteil von 45,0% die Mehrheit.
Unter den einzelnen Wohnsitzstaaten mit mehr als 3000 Auslandschweizerinnen und -schweizern wies Griechenland mit 60,7% den höchsten Frauenanteil auf, gefolgt von Italien (60,1%), den Niederlanden (58,4%), Österreich (58,3%), dem Vereinigten Königreich (57,4%) und Deutschland (57,0%). Deutliche Männerüberschüsse waren in einigen asiatischen Ländern festzustellen, so z. B. in Thailand (Frauenanteil von 34,6%), Singapur (39,5%), China (40,5%) und den Philippinen (43,7%).
Schweizer Staatsangehörige im Ausland sind jünger als diejenigen in der Schweiz. Ende 2017 waren 21,5% der Auslandschweizerinnen und -schweizer minderjährig, d. h. unter 18 Jahre alt (161 800 Personen). Der Anteil der Personen im Rentenalter (65-Jährige und Ältere) war mit 20,9% beinahe ebenso gross (157 100 Personen). Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 64 Jahren belief sich auf 432 900 oder 57,6%. In der Schweiz beträgt der Anteil der unter 18-Jährigen lediglich 17,7%, derjenige der 18- bis 64-Jährigen hingegen 60,8%. Die 65-jährigen und älteren Personen sind mit 21,5% allerdings nur leicht stärker vertreten als in der Auslandschweizergemeinschaft (vgl. Grafik G21).
Bezüglich der Altersstruktur der im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer zeigen sich je nach Wohnsitzstaat unterschiedliche Muster. So war 2017 die Gruppe der unter 18-Jährigen in Israel (mit einem Anteil von 46,8%), Singapur (34,8%) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (33,4%) überproportional vertreten. In Thailand und Kanada machten die Minderjährigen hingegen nur 13,7% bzw. 15,9% aller Auslandschweizerinnen und -schweizer aus. Die altersmässig dominierende Gruppe der 18- bis 64-Jährigen war insbesondere in Neuseeland (63,7%) und den Niederlanden (63,2%) markant vertreten und in Israel (46,6%) weniger präsent. Schliesslich werden die Auslandschweizergemeinschaften in Spanien (31,8%) und Thailand (31,7%), aber auch in Portugal (26,6%) stark von Personen im Pensionsalter geprägt. In Ländern mit zahlenmässig weniger Auslandschweizerinnen und -schweizern werden in erster Linie in Ost- und Mitteleuropa hohe Anteile von Personen über 64 Jahren verzeichnet (Ungarn, Slowenien, Tschechien und Slowakei mit Werten zwischen 43% und 55%).

3.3 Schweizer Staatsangehörige im Bevölkerungsbestand ausländischer Staaten
Schweizer Bürgerinnen und Bürger bilden in jedem ausländischen Staat eine nur sehr kleine Minderheit der Bevölkerung. Selbst in Frankreich, dem Land mit einer fast 200 000 Personen starken Schweizer Gemeinschaft, repräsentieren sie gerade einmal 0,3% der Gesamtbevölkerung Zum Vergleich. Die zahlenmässig stärksten ausländischen Nationalitätengruppen in der Schweiz erreichen Anteile von jeweils über 3%: Italien (3,8%), Deutschland (3,6%) und Portugal (3,2%). Ein Bevölkerungsanteil von 0,3% entspricht z. B. dem Anteil der Staatsangehörigen aus Kroatien, Sri Lanka oder Polen in der Schweiz. . Ihr Bevölkerungsanteil erreicht zudem nur noch in Israel und Österreich 0,2%. In allen übrigen Staaten liegt dieser Wert tiefer.
3.3.1 Meistens eine weitere Staatsbürgerschaft
Fast drei Viertel (74,6%) aller im Ausland lebenden Schweizer Staatsangehörigen besitzen neben der schweizerischen eine oder mehrere weitere Staatsangehörigkeiten. Dabei sind rund 87% von ihnen Staatsangehörige des Landes, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Dieser hohe Anteil von Personen mit einem weiteren Bürgerrecht ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Einige von ihnen besitzen einen ausländischen Pass seit Geburt, da sie mindestens einen ausländischen Elternteil haben (bzw. gehabt haben) oder in einem Staat geboren wurden, in dem das «ius soli» (Geburtsortsprinzip) Prinzip des Staatsbürgerschaftserwerbs, bei dem ein Staat seine Staatsbürgerschaft an alle Kinder verleiht, die auf seinem Staatsgebiet geboren werden. Dabei ist ohne Belang, welche Staatsangehörigkeit die Eltern besitzen gilt. Andere wiederum haben die Staatsbürgerschaft ihres Wohnsitzlandes nach einem Einbürgerungsverfahren oder durch eine Heirat mit einer einheimischen Person erworben bzw. angenommen.
Bezüglich der Mehrfachbürgerschaft sind ebenfalls regionale Unterschiede zu erkennen. In zahlreichen Hauptwohnsitzländern von Auslandschweizerinnen und -schweizern erreicht der Anteil der Personen mit einem zusätzlichen ausländischen Bürgerrecht Werte von über 80%: Argentinien (93,2%), Italien (85,2%), Frankreich (83,3%), Israel (82,4%), Brasilien (81,5%) und Australien (80,7%). Demgegenüber sind Auslandschweizerinnen und -schweizer, die über kein zusätzliches Bürgerrecht verfügen, in Thailand (62,1%), Singapur (56,4%) oder Liechtenstein (53,8%) in der Mehrheit (vgl. Grafik G22). Die Migrationsgeschichte sowie die Einbürgerungs- bzw. Staatsbürgerschaftspraxis der einzelnen Länder sind generell für diese Unterschiede verantwortlich.
Es gilt festzuhalten, dass die meisten Mehrfachbürgerinnen und -bürger in ihren Wohnsitzstaaten aus statistischer Sicht hingegen nicht als Schweizerinnen und Schweizer betrachtet und somit nicht als (ausländische) Bevölkerungsminderheit ausgewiesen bzw. wahrgenommen werden. Sie zählen zu den nationalen Staatsangehörigen und gehören somit der Mehrheitsbevölkerung an.

3.4 Fazit
Die 751 800 Auslandschweizerinnen und -schweizer sind eine bevölkerungsstatistische Minderheit sowohl in Bezug auf die in der Schweiz lebenden Schweizer Staatsangehörigen als auch bezogen auf die Gesamtbevölkerung ihrer jeweiligen Wohnsitzstaaten. Ihre Alters- und Geschlechtsstruktur ist stärker von jüngeren und weiblichen Personen geprägt als dies in der Schweiz der Fall ist. Als ausländische Staatsangehörige in mehr als 200 Staaten weltweit verfügen sie häufig nicht über die gleichen bürgerlichen, sozialen, ökonomischen und politischen Rechte wie die nationale Bevölkerung (z. B. Wahlrecht, Zugang zu wohlfahrtsstaatlichen Leistungen etc.). Da rund 65% von ihnen jedoch zusätzlich auch die Staatsbürgerschaft des Wohnsitzlandes besitzen, sind sie von diesen Einschränkungen nicht betroffen und zählen zudem in der Bevölkerungsstatistik jener Staaten zur einheimischen Bevölkerung.
Marcel Heiniger, BFS
4 Vielfalt der Minderheiten
Die Schweiz hat einen Ausländeranteil von 25%. Mehr als 80% der Ausländerinnen und Ausländer kommen aus einem europäischen Land, aber wie steht es mit den übrigen ausländischen Bevölkerungsgruppen? Bei diesen Minderheiten handelt es sich um Personen aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien, die in die Schweiz eingewandert bzw. ständig in der Schweiz wohnhaft sind. Wodurch zeichnen sie sich aus?
In diesem Artikel wird ein besonderes Augenmerk auf die Ausländergruppen gelegt, die eine statistisch-numerische Minderheit bilden und zur ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz gehören. Ziel ist, ein Porträt dieser Gemeinschaften zu erstellen.
2016 hatten mehr als 2,1 Millionen ausländische Staatsangehörige einen festen Wohnsitz in der Schweiz (vgl. Grafik G23). 84% stammen aus Europa, grösstenteils aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Die Personen aus aussereuropäischen Ländern sind weitaus weniger stark vertreten. 7% der Ausländerinnen und Ausländer kommen aus Asien, 5% aus Afrika und 4% aus Amerika. Ozeanien ist mit einem Anteil von 0,2% der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung am schwächsten vertreten. Diese Minderheiten werden auf kontinentaler Ebene betrachtet. Daher sind keine Aussagen über verschiedene unterschiedliche nationale Eigenheiten möglich.

Struktur der ständigen Wohnbevölkerung, 2016T2
Schweiz | Europa | Asien | Afrika | Subsahara-Afrika | Amerika | Nordamerika | Süd- und Zentralamerika, Karibik | Ozeanien | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Total | 6 318 404 | 1 758 934 | 154 023 | 102 988 | 79 521 | 78 758 | 25 723 | 53 035 | 4 208 |
in % | 75,0 | 20,9 | 1,8 | 1,2 | 0,9 | 0,9 | 0,3 | 0,6 | 0,0 |
Männer | 48,4 | 53,9 | 49,6 | 54,6 | 54,5 | 40,4 | 48,3 | 36,6 | 50,8 |
Frauen | 51,6 | 46,1 | 50,4 | 45,4 | 45,5 | 59,6 | 51,7 | 63,4 | 49,2 |
Geschlechterverhältnis | 93,7 | 117,0 | 98,6 | 120,0 | 119,7 | 67,8 | 93,4 | 57,7 | 103,1 |
Altersklasse (in %) | |||||||||
0–19 Jahre | 20,0 | 19,5 | 26,1 | 29,5 | 32,2 | 18,1 | 22,4 | 16,0 | 21,4 |
20–64 Jahre | 58,6 | 71,6 | 71,3 | 69,1 | 66,6 | 78,4 | 71,5 | 81,7 | 73,8 |
65 Jahre und älter | 21,5 | 8,9 | 2,7 | 1,5 | 1,1 | 3,5 | 6,1 | 2,3 | 4,8 |
Jugendquotient | 34,1 | 27,3 | 36,6 | 42,7 | 48,4 | 23,1 | 31,4 | 19,6 | 29,0 |
Altersquotient | 36,7 | 12,5 | 3,8 | 2,1 | 1,7 | 4,5 | 8,5 | 2,8 | 6,5 |
Quelle: Statistik der Bevölkerung und der Haushalte (STATPOP)
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4.1 Geschlechteranteile und Altersstruktur
Bestand, Geschlecht und Alter sind demografische Merkmale, die für die Definition von Bevölkerungsgruppen herangezogen werden und eine erste Vergleichsbasis schaffen (vgl. Tabelle T2).
In der Schweiz leben 154 000 Asiatinnen und Asiaten, was 7% der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung 2016 entspricht (vgl. Grafik G24). Die Frauen- und Männeranteile sind nahezu gleich gross: Auf 100 Frauen entfallen 99 Männer. Die Zusammensetzung nach Alter zeigt eine junge Bevölkerung, wobei der Anteil Jugendliche (0–19 Jahre) mehr als ein Viertel beträgt. Am stärksten vertreten sind die Jahrgänge 1980 bis 1983. 71% der Asiatinnen und Asiaten befinden sich im erwerbsfähigen Alter (20–64 Jahre), 3% sind im Pensionsalter (65 Jahre und älter).
Die afrikanische Gemeinschaft macht mit nahezu 103 000 Vertreterinnen und Vertretern 5% der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung aus (vgl. Grafik G25). Sie ist jung (nahezu ein Drittel ist unter 20 Jahre alt) und mehrheitlich männlich (auf 100 Frauen entfallen 120 Männer). Diese Bevölkerungsgruppe weist mit 43 jungen Personen pro 100 Personen im erwerbsfähigen Alter den höchsten Jugendquotienten auf. 69% der Afrikanerinnen und Afrikaner sind zwischen 20 und 64 Jahre alt. Lediglich 1% ist älter. Der Altersquotient dieser Bevölkerungsgruppe ist mit zwei Personen im Pensionsalter pro 100 Personen im erwerbsfähigen Alter am niedrigsten. Am stärksten vertreten sind die Jahrgänge 1984 bis 1985.
Die amerikanische Gemeinschaft in der Schweiz umfasst 78 800 Personen und macht 4% der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung 2016 aus (vgl. Grafik G26). Sie zeichnet sich durch eine mehrheitlich weibliche Population aus. Auf 100 Frauen entfallen 68 Männer. Die Altersstruktur ist geprägt durch einen geringen Anteil an jungen Personen (18%), einen entsprechend hohen Anteil an Personen im erwerbsfähigen Alter (78%) und 4% Personen im Pensionsalter. Am stärksten vertreten ist der Jahrgang 1979.
Die Bevölkerungsgruppe aus Ozeanien ist mit 4200 Personen in der Schweiz am wenigsten präsent. Ihr Anteil beträgt 0,2% der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung 2016 (vgl. Grafik G27). Sie weist einen leichten Männerüberschuss auf. Auf 100 Frauen entfallen 103 Männer. 21% dieser Gemeinschaft sind unter 20 Jahre alt, 74% sind im erwerbsfähigen Alter und 5% sind über 64 Jahre alt. Am stärksten vertreten sind die Jahrgänge 1971 bis 1976.
4.2 Familienporträts
Der Geburtenüberschuss, d. h. die Differenz zwischen Geburten und Todesfällen, trägt zum Bevölkerungswachstum bei. Die ständige ausländische Wohnbevölkerung zeichnet sich durch eine (im Vergleich zur nationalen Bevölkerung) wesentlich höhere Fertilität aus. Die Literatur liefert zahlreiche Hypothesen zur Geburtenhäufigkeit bei Ausländerinnen. Einige Autoren sind der Ansicht, dass die erste Generation eher dem Fertilitätsverhalten ihrer Heimat folgt, während sich die späteren Generationen bei der Familienplanung allmählich an den Gebräuchen der Aufnahmegesellschaft orientieren. Andere begründen die überdurchschnittlich hohe Geburtenhäufigkeit bei den Ausländerinnen unter anderem damit, dass die Familiengründung bewusst erst nach der Einwanderung erfolgt. Unabhängig von diesen Hypothesen spielen auch das Bildungsniveau und der Familienstand der betroffenen Bevölkerungsgruppen eine Rolle. Was lässt sich bezüglich der in diesem Artikel untersuchten Gemeinschaften beobachten?
Die Angehörigen der asiatischen Bevölkerungsgruppe haben im Schnitt 2,1 Kinder. Die durchschnittliche Anzahl Kinder pro Frau ist mit jener bei den Frauen aus Ozeanien vergleichbar. Asiatinnen sind jedoch bei der Geburt des ersten Kindes jünger. Sie sind durchschnittlich 30,4 Jahre alt. Die meisten Geburten erfolgen im Rahmen einer Ehe. Lediglich 13,4% der Kinder kommen nicht ehelich zur Welt. Afrikanerinnen haben im Schnitt 3 Kinder und sind bei der Geburt des ersten Kindes 29,5 Jahre alt. Sie weisen somit die höchste Geburtenhäufigkeit auf und sind jünger als die Frauen der anderen Bevölkerungsgruppen. Ein weiteres Merkmal ist der hohe Anteil nicht ehelicher Geburten (37%). Amerikanerinnen bringen wie Europäerinnen im Schnitt 1,8 Kinder zur Welt. Ihr Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes beträgt 31,7 Jahre. 16,8% der Geburten sind nicht ehelich. Die Ozeanien betreffenden Indikatoren sind aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen mit Vorsicht zu interpretieren. Frauen aus Ozeanien haben im Schnitt 2,1 Kinder. Sie sind bei der Geburt des ersten Kindes 34,1 Jahre alt und somit älter als die Vertreterinnen der übrigen Bevölkerungsgruppen (vgl. Tabelle T3).
Indikatoren zur Geburtenhäufigkeit, 2016T3
Schweiz | Europa | Asien | Afrika | Amerika | Nordamerika | Süd- und Zentralamerika, Karibik | Ozeanien | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Geburtenhäufigkeit | ||||||||
zusammengefasste Geburtenziffer | 1,4 | 1,8 | 2,1 | 3,0 | 1,8 | 1,6 | 1,9 | 2,1 |
Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt | 32,3 | 30,7 | 30,4 | 29,5 | 31,7 | 34,1 | 31,0 | 34,1 |
Anteil nicht ehelicher Geburten | 25,3 | 22,0 | 13,4 | 37,0 | 16,8 | 7,9 | 19,6 | 7,8 |
Quellen: Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung (BEVNAT), Statistik der Bevölkerung und der Haushalte (STATPOP)
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Das Heiratsverhalten bei Ausländerinnen und Ausländern gibt auch Aufschluss darüber, wie weit der Integrationsprozess fortgeschritten ist. Gemischt-nationale Ehen sind ein Zeichen von Integration in die Aufnahmegesellschaft. Europäerinnen und Europäer sind auf dem Heiratsmarkt in der Mehrzahl. Somit überrascht es nicht, dass die meisten gemischt-nationalen Ehen zwischen Schweizer und europäischen Staatsangehörigen geschlossen werden (70%). Deutlich seltener ist eine Schweizerin oder ein Schweizer mit einer Person eines anderen Kontinents verheiratet (vgl. Tabelle T4).
– Eheschliessungen zwischen Personen asiatischer und schweizerischer Nationalität sind selten. 2016 wurden gut 1600 solche Ehen geschlossen (11% aller gemischt-nationalen Ehen). Die Angehörigen der asiatischen Bevölkerungsgruppe sind bei der Erstheirat 31,2 Jahre (Männer) bzw. 28,9 Jahre (Frauen) alt.
– Zwischen Personen afrikanischer Herkunft und Schweizer Staatsangehörigen wurden knapp 1300 Ehen geschlossen (8%). Das Durchschnittsalter der Afrikaner bei der Erstheirat beträgt 31,7 Jahre, jenes der Afrikanerinnen 29,4 Jahre.
– Zwischen Personen amerikanischer und Schweizer Nationalität wurden etwas mehr als 1600 Ehen geschlossen(11% aller gemischt-nationalen Ehen). Amerikanerinnen und Amerikaner sind bei der Erstheirat am jüngsten. Sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern liegt das Durchschnittsalter unter 30 Jahren (Frauen: 29,1 Jahre, Männer: 29,6 Jahre).
– Angehörige der ozeanischen Bevölkerungsgruppe heiraten sehr selten eine Schweizerin oder einen Schweizer (69 Ehen; entspricht 0,5% aller gemischt-nationalen Ehen). Im Gegensatz zu den übrigen Bevölkerungsgruppen sind hier die Männer bei der Erstheirat im Schnitt jünger als die Frauen (27,9 Jahre gegenüber 31,0 Jahre).
Indikatoren zur Heiratshäufigkeit, 2016T4
Schweiz | Europa | Asien | Afrika | Amerika | Nordamerika | Süd- und Zentralamerika, Karibik | Ozeanien | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Eheschliessungen und Heiratshäufigkeit | ||||||||
gemischt-nationale Ehen (in %) | 36,3 | 25,2 | 3,9 | 3,1 | 3,9 | 0,9 | 3,0 | 0,2 |
Durchschnittsalter bei der Erstheirat | ||||||||
Männer | 32,5 | 30,2 | 31,2 | 31,7 | 29,6 | 29,9 | 29,5 | 27,9 |
Frauen | 30,3 | 28,1 | 28,9 | 29,4 | 29,1 | 28,8 | 29,1 | 31,0 |
Quellen: Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung (BEVNAT), Statistik der Bevölkerung und der Haushalte (STATPOP)
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4.3 Ein Land, viele Migrationsströme
Die Zusammensetzung der ausländischen Wohnbevölkerung zeugt von verschiedenen Migrationsströmen sowie von der Möglichkeit, sich langfristig im Aufnahmeland niederzulassen. In diesem Kapitel wird auf den Wanderungssaldo, die Aufenthaltsdauer sowie den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts eingegangen. Die Wanderungsbewegungen hängen von den in der Schweiz geltenden Gesetzen ab. Sie schwanken von Jahr zu Jahr und stehen – insbesondere was die asiatische und die afrikanische Bevölkerungsgruppe betrifft – in engem Zusammenhang mit politischen Ereignissen im Herkunftsland. Der Geburtsort sowie die Aufenthaltsdauer in der Schweiz sind entscheidende Faktoren, um die Sesshaftigkeit der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung zu ermitteln. Die Sesshaftigkeit ist zudem eines der Einbürgerungskriterien. Daher muss unterschieden werden zwischen zuwandernden Personen und Ausländerinnen und Ausländern, die die Wohnsitzerfordernisse für die Einbürgerung erfüllen (vgl. Tabelle T5).
Kennzahlen zu Geburtsort, Anwesenheitsdauer, Wanderungssaldo und roher EinbürgerungszifferT5
Schweiz | Europa | Asien | Afrika | Amerika | Nordamerika | Süd- und Zentralamerika, Karibik | Ozeanien | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Geburtsort (in %) | ||||||||
in der Schweiz geboren | 87,6 | 20,5 | 12,4 | 17,4 | 6,9 | 6,8 | 7,0 | 7,4 |
im Ausland geboren | 12,4 | 79,5 | 87,6 | 82,6 | 93,1 | 93,2 | 93,0 | 92,6 |
Anwesenheitsdauer (in %) | ||||||||
0–4 Jahre | 4,3 | 31,0 | 49,8 | 42,5 | 41,1 | 53,0 | 35,3 | 54,5 |
5–9 Jahre | 4,6 | 20,6 | 19,6 | 25,4 | 26,3 | 23,3 | 27,7 | 21,9 |
10–14 Jahre | 6,1 | 12,4 | 10,5 | 14,1 | 14,4 | 9,4 | 16,9 | 10,2 |
15 Jahre und älter | 26,4 | 34,7 | 19,5 | 17,2 | 17,6 | 13,4 | 19,6 | 12,7 |
ohne Angabe | 57,2 | 0,4 | 0,4 | 0,6 | 0,3 | 0,4 | 0,3 | 0,6 |
Wanderungssaldo je 1 000 Einwohner/innen | ||||||||
1991 | 0,3 | 46,9 | 125,3 | 87,3 | 82,6 | 45,1 | 115,5 | 74,1 |
1995 | – 1,3 | 12,1 | 41,8 | 65,6 | 72,3 | 41,9 | 94,6 | 4,0 |
2000 | – 0,8 | 9,3 | 82,9 | 84,5 | 83,7 | 51,2 | 103,9 | 93,4 |
2005 | – 1,4 | 24,5 | 46,8 | 70,6 | 71,6 | 47,0 | 84,3 | 7,7 |
2010 | – 0,7 | 34,6 | 56,8 | 106,1 | 67,8 | 49,5 | 77,6 | 28,3 |
2016 | – 1,0 | 27,0 | 122,4 | 94,9 | 32,9 | 16,2 | 41,1 | 31,5 |
Rohe Einbürgerungsziffer | ||||||||
1991 | – | 0,7 | 2,8 | 1,8 | 2,7 | 1,2 | 4,0 | 1,3 |
1995 | – | 1,1 | 4,8 | 4,0 | 3,1 | 1,7 | 4,1 | 1,4 |
2000 | – | 1,8 | 5,1 | 6,1 | 4,4 | 2,0 | 5,8 | 1,3 |
2005 | – | 2,3 | 5,1 | 4,9 | 3,3 | 1,9 | 4,0 | 2,1 |
2010 | – | 2,1 | 4,6 | 4,7 | 3,0 | 1,9 | 3,5 | 1,7 |
2016 | – | 2,0 | 3,4 | 4,2 | 3,5 | 3,2 | 3,6 | 3,0 |
Quelle: Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung (BEVNAT), Statistik der Bevölkerung und der Haushalte (STATPOP)
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12% der Personen aus Asien sind in der Schweiz geboren, 0,7% in Europa und 85,4% in Asien. Der restliche Anteil betrifft Personen, die auf einem anderen Kontinent geboren wurden. Die meisten von ihnen wurden somit im Ausland geboren und sind seit unterschiedlich langer Zeit in der Schweiz wohnhaft. 70% der Asiatinnen und Asiaten leben seit weniger als zehn Jahren, 30% seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz. 2016 war die Wanderungssaldoziffer (pro 1000 Einwohner/innen) bei den asiatischen Staatsangehörigen mit 122‰ am höchsten. Dieser Wert war im Beobachtungszeitraum schwankend, was unter anderem auf die Ereignisse im Nahen Osten im Jahr 2015 Diese Zuzüge wurden zu den Einwanderungen der ständigen Wohnbevölkerung im Jahr 2016 gezählt, sofern sich diese Personen Ende 2016 immer noch in der Schweiz aufhielten (Regel der zwölfmonatigen Aufenthaltsdauer). zurückzuführen ist. Beim Bürgerrechtserwerb werden ausschliesslich Personen berücksichtigt, die die Wohnsitzerfordernisse für die Einbürgerung erfüllen und folglich seit mehreren Jahren in der Schweiz wohnhaft sind. 2016 liessen sich 3,4% der Asiatinnen und Asiaten in der Schweiz einbürgern. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Personen, die in der Schweiz geboren wurden (7,9%; im Ausland Geborene: 2,6%). Die Schweizer Nationalität wird häufiger von Männern beantragt (3,5%; Frauen: 3,3%).
Unter all den in der Schweiz vertretenen Minderheiten weist die afrikanische Bevölkerungsgruppe den grössten Anteil an in der Schweiz geborenen Personen auf. Ihr Anteil beträgt 17%. Die übrigen Geburtsorte verteilen sich wie folgt: 0,7% sind in Europa und 80,1% in Afrika zur Welt gekommen. Der restliche Anteil betrifft Personen, die auf einem anderen Kontinent geboren wurden. Nahezu 70% der Afrikanerinnen und Afrikaner sind seit weniger als zehn Jahren in der Schweiz wohnhaft, mehr als 30% leben seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz. Die Wanderungssaldoziffer der Personen aus Afrika belief sich 2016 auf 95‰. Dieser Wert ist – wie bei der asiatischen Bevölkerungsgruppe – relativ hoch und mit den Ereignissen am Horn von Afrika verknüpft. 4,2% der Afrikanerinnen und Afrikaner haben 2016 die Schweizer Staatsbürgerschaft erworben. Die rohe Einbürgerungsziffer ist bei der afrikanischen Bevölkerungsgruppe am höchsten. Bei den Eingebürgerten handelt es sich mehrheitlich um Personen, die in der Schweiz geboren wurden (6,9%; im Ausland Geborene: 3,6%). Die Schweizer Nationalität wird häufiger von Frauen als von Männern beantragt (4,6% gegenüber 3,8%).
7% der Personen aus Amerika sind in der Schweiz geboren, 2,4% in Europa und 87,2% in Amerika. Im Vergleich zu den übrigen Bevölkerungsgruppen wurden die Amerikanerinnen und Amerikaner am häufigsten auf ihrem Herkunftskontinent geboren. Zwei Drittel der Personen amerikanischer Herkunft leben seit weniger als zehn Jahren in der Schweiz, ein Drittel seit mindestens zehn Jahren. Die Wanderungssaldoziffer der Personen aus Amerika ist mit jener der Personen europäischer Herkunft vergleichbar (33‰ gegenüber 27‰). Von den Personen, die die Wohnsitzerfordernisse für die Einbürgerung erfüllen und folglich seit mehreren Jahren in der Schweiz wohnhaft sind, liessen sich 3,5% im Jahr 2016 in der Schweiz einbürgern. Im Vergleich zu den übrigen Bevölkerungsgruppen ist diese rohe Einbürgerungsziffer relativ hoch. Es handelt sich mehrheitlich um Personen, die in der Schweiz geboren wurden (6,0%; im Ausland Geborene: 3,3%). Die Schweizer Nationalität wird häufiger von Frauen als von Männern beantragt (3,7% gegenüber 3,0%).
7% der Personen aus Ozeanien sind in der Schweiz geboren. Von den im Ausland geborenen Personen ozeanischer Herkunft leben drei Viertel seit weniger als zehn Jahren und ein Viertel seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in der Schweiz. Einige der im Folgenden präsentierten Zahlen sind aufgrund der geringen Anzahl Beobachtungen mit Vorsicht zu interpretieren. Die Wanderungssaldoziffer (pro 1000 Einwohner/innen) der Personen aus Ozeanien ist mit jener der Personen europäischer Herkunft vergleichbar (32‰ gegenüber 27‰). 3,0% haben 2016 die Schweizer Staatsbürgerschaft erworben. Es handelt sich mehrheitlich um Personen, die in der Schweiz geboren wurden (4,4%; im Ausland Geborene: 2,8%). Es ist die einzige Bevölkerungsgruppe, in der die Schweizer Nationalität häufiger von Männern als von Frauen beantragt wird (3,2% gegenüber 2,7%).
4.4 Fazit
Das gemeinsame Merkmal der Personen asiatischer, afrikanischer, amerikanischer wie auch ozeanischer Herkunft ist, dass sie kleinen Gemeinschaften angehören. Ihre Aufenthaltsdauer in der Schweiz beträgt in der Regel weniger als zehn Jahre.
Ein Vergleich dieser Gemeinschaften zeigt, dass die amerikanische Bevölkerungsgruppe einen vergleichsweise hohen Frauenanteil aufweist, während die afrikanische Bevölkerungsgruppe mehrheitlich jung ist. Afrikanerinnen sind ausserdem bei der Geburt des ersten Kindes am jüngsten und haben die meisten Kinder. Ebenso ist der Anteil nicht ehelicher Geburten bei den Personen afrikanischer Herkunft am höchsten. In der ozeanischen Bevölkerungsgruppe heiraten Männer früher als Frauen. Zudem haben sie eine höhere Heiratswahrscheinlichkeit. Bei den übrigen Bevölkerungsgruppen ist die Wahrscheinlichkeit, vor dem 50. Altersjahr zu heiraten, bei den Frauen höher. Werden die Gruppen nach den verschiedenen Variablen Migration, Geburtsort, Aufenthaltsdauer oder Erwerb des Schweizer Bürgerrechts betrachtet, sind bei den Personen asiatischer Herkunft im Jahr 2016 bedeutende Wanderungsbewegungen auszumachen. Die afrikanische Bevölkerungsgruppe weist den grössten Anteil an in der Schweiz geborenen Personen sowie die höchste Einbürgerungsquote auf. In der Regel lassen sich mehr Frauen einbürgern. Bei den Personen aus Ozeanien erwerben hingegen mehr Männer die Schweizer Nationalität.
Fabienne Rausa, BFS
5 Diversität auf dem Arbeitsmarkt
In der Schweiz stammen 12,2% der ausländischen Erwerbsper-sonen aus einem aussereuropäischen Land und gehören somit auf dem Arbeitsmarkt einer Minderheit an. Nach Herkunftsregion betrachtet unterscheiden sich die einzelnen Minderheitengruppen stark: Kanadier und US-Amerikaner weisen eine hohe Erwerbsbeteiligung auf und 80% dieser Erwerbstätigen sind hochqualifiziert. Zwar ist diese Ausländergruppe am häufigsten in einem befristeten Arbeitsverhältnis, im Gegenzug profitiert sie überdurchschnittlich oft von flexiblen Arbeitszeiten. Die Situation der Ausländerinnen und Ausländer aus Afrika ist deutlich weniger günstig: Diese arbeiten vergleichsweise häufig auf Abruf und zu atypischen Arbeitszeiten (abends, nachts oder am Wochenende) und sie verfügen seltener über flexible Arbeitszeiten. Weiter ist diese Ausländergruppe am stärksten dem Risiko der Erwerbslosigkeit ausgesetzt.
Gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) sind in der Schweiz 25,9% der Erwerbspersonen ausländischer Herkunft Die kommentierten Ergebnisse dieser Analyse beruhen auf einem Datenpooling der Jahre 2013 bis 2017. . Knapp neun von zehn ausländischen Erwerbspersonen stammen aus Europa, während die aussereuropäischen Nationalitäten mit einem Anteil von 12,2% zur Minderheit gehören. Unter diesen aussereuropäischen Erwerbspersonen sind die Asiaten am stärksten vertreten (38,1%), gefolgt von den Afrikanern (27,9%) und den Lateinamerikanern (22,8%); die entsprechenden Anteile der Erwerbspersonen aus Kanada und den USA (8,8%) sowie Ozeanien (2,4%) sind markant tiefer (vgl. Grafik G28).

Nachfolgend wird die Situation dieser Minderheitengruppen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt näher untersucht und mit der Situation der Ausländerinnen und Ausländer aus Europa verglichen Die Situation der Ausländerinnen und Ausländer aus Ozeanien wird aufgrund der geringen Fallzahlen nicht näher untersucht. .
5.1 Erwerbsbeteiligung
Mit rund 60% nehmen aussereuropäische Personen weniger oft am Arbeitsmarkt teil als Personen aus europäischen Herkunftsländern, welche zu 70% erwerbstätig sind. Personen aus Kanada und den Vereinigten Staaten weisen unter den Minderheiten die höchsten Erwerbstätigenquoten auf (62,7%); die Quote beläuft sich bei Personen aus Asien und Lateinamerika auf je 60% (Afrika: 56,2%).
Zu beachten ist allerdings eine nach Herkunftsregion unter-schiedliche Struktur der Erwerbstätigenbevölkerung: während die Erwerbstätigen aus Lateinamerika mehrheitlich Frauen sind (58,7%), ist bei den restlichen untersuchten Gruppen das Gegenteil der Fall. Dabei reicht der Männeranteil von 54,5% bei den Erwerbstätigen aus Asien bis zu 62,6% bei jenen aus Afrika. Die unterschiedliche Altersstruktur ist ebenfalls hervorzuheben: die Erwerbstätigenbevölkerung aus Afrika und Lateinamerika ist vergleichsweise jung (63,1% bzw. 61,1% der Erwerbstätigen sind zwischen 15- und 39-jährig, gefolgt von jenen aus Asien mit 58,4%). Demgegenüber sind 52,1% der Erwerbstätigen aus Kanada und den Vereinigten Staaten zwischen 40- und 64-jährig.
Erwerbstätige Kanadier und US-Amerikaner haben öfter eine Führungsfunktion inne als die restlichen aussereuropäischen Erwerbstätigen: 38,2% arbeiten als Arbeitnehmer in der Unternehmensleitung oder als Arbeitnehmer mit Vorgesetztenfunktion. Bei den erwerbstätigen Afrikanern, Lateinamerikanern und Asiaten (je rund 20%) fällt dieser Anteil deutlich geringer aus.
5.2 Qualifikationen der Erwerbstätigen
Je nach Herkunftsregion weisen die Ausländerinnen und Ausländer eine sehr unterschiedliche Qualifikationsstruktur auf. Hervorzuheben ist das hohe Ausbildungsniveau der Erwerbstätigen aus Kanada und den Vereinigten Staaten: 83,0% haben eine Ausbildung auf tertiärer Stufe absolviert (vgl. Grafik G29). Im Vergleich dazu liegt der entsprechende Wert der Erwerbstätigen aus Lateinamerika (34,6%) und Afrika (27,6%) unter jenem der Ausländerinnen und Ausländer aus Europa (36,7%). Die Verteilung nach Ausbildung geht praktisch einher mit der Verteilung nach ausgeübtem Beruf: der höchste Anteil der Hochqualifizierten ist ebenfalls mit deutlich über 80% bei den Erwerbstätigen aus Kanada und den Vereinigten Staaten zu beobachten. Als hochqualifiziert gelten Erwerbstätige, die als Führungskräfte arbeiten, einen akademischen Beruf ausüben bzw. als Techniker oder in gleichrangigem Beruf tätig sind. Von den erwerbstätigen Afrikanern ist lediglich ein Viertel hochqualifiziert (Asien: 42,9%; Europa: 45,0%). Im Gegenzug sind überdurchschnittlich viele als Hilfsarbeitskräfte tätig (Afrika: 12,7%; Lateinamerika: 18,0%); unter den Ausländern aus Europa sind es 8,0%.
Zusätzlich zu den tatsächlichen Qualifikationen kann untersucht werden, inwiefern die erworbenen Kompetenzen beim Ausüben der Erwerbstätigkeit auch tatsächlich eingesetzt werden können. Die Überqualifikation ist eine Möglichkeit, diese Übereinstimmung zu messen: als überqualifiziert gelten hier Arbeitnehmende Arbeitnehmende ohne Führungsfunktion oder Arbeitnehmende mit Führungsfunktion und maximal einer unterstellen Person mit Tertiärausbildung, die einen Beruf ausüben, für den eine solche Ausbildung im Prinzip nicht notwendig wäre. Unter den Arbeitnehmenden aus Lateinamerika und Afrika ist die Überqualifikation mit 36% stark verbreitet; an zweiter Stelle folgt Asien mit 26,1%. Arbeitnehmende aus Europa sind deutlich weniger stark von der Überqualifikation betroffen (17,5%).

5.3 Arbeitsbedingungen
5.3.1 Befristete Beschäftigung
Im Hinblick auf die Vertragsform sind die Minderheiten deutlich ungünstigeren Arbeitsbedingungen ausgesetzt als Ausländerinnen und Ausländer aus Europa. Arbeitnehmende aus Kanada und den Vereinigten Staaten sind am häufigsten in einem befristeten Arbeitsverhältnis (20,2%), gefolgt von denjenigen aus Asien (16,7%) und Afrika sowie Lateinamerika (je 13,1%, vgl. Grafik G30). Bei den Arbeitnehmenden aus Europa sind Arbeitsverträge mit einer befristeten Dauer deutlich schwächer verbreitet (8,5%).

5.3.2 Atypische Arbeitszeiten
Als atypische Arbeitszeit zählt u.a. die regelmässige Arbeit am Abend, in der Nacht oder am Wochenende. Diese Arbeitsform kann von den einen als vorteilhaft und von den anderen als nachteilig empfunden werden. So kann die atypische Arbeitszeit je nach Situation einer freien Entscheidung entsprechen (beispielsweise als bessere Vereinbarkeit mit dem Studium), sie kann aber auch belastend sein und Auswirkungen auf den Tagesrhythmus und die Gesundheit haben.
Nach Herkunftsregion betrachtet fällt klar auf, dass die Erwerbstätigen aus Afrika am häufigsten abends, nachts oder am Wochenende arbeiten. An zweiter Stelle, aber ebenfalls mit überdurchschnittlich hohen Anteilen an atypischen Arbeitszeiten, folgen jene aus Asien (vgl. Grafik G31).
Von den vier untersuchten atypischen Arbeitszeiten fällt die Samstagsarbeit am stärksten ins Gewicht (abgesehen von Kanada und den Vereinigten Staaten). 28,8% der Erwerbstätigen aus Afrika und 26,7% derjenigen aus Asien arbeiten regelmässig an diesem Tag; bei Personen aus Kanada und den Vereinigten Staaten dagegen ist die Samstagsarbeit schwach ausgeprägt (14,9%, was unter den 19,5% der Ausländer aus Europa liegt). Abendarbeit wird ebenfalls oft geleistet: rund ein Viertel der Erwerbstätigen aus Afrika und Asien (27,1% bzw. 25,8%) arbeitet regelmässig zwischen 19 und 24 Uhr. Bei den restlichen Ausländergruppen beläuft sich die Abendarbeit auf rund 20%. Im Gegenzug wird vergleichsweise selten Nachtarbeit (zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens) ausgeführt, am häufigsten jedoch wiederum von den Ausländerinnen und Ausländern aus Afrika (10,3% der Erwerbstätigen).

5.3.3 Arbeit auf Abruf und flexible Arbeitszeiten
Jeder zehnte Arbeitnehmende aus einem lateinamerikanischen Land arbeitet auf Abruf; bei den Ausländerinnen und Ausländern aus Europa kommt diese Arbeitsform nur halb so oft vor. Personen aus Afrika und Asien leisten ebenfalls vergleichsweise oft Arbeit auf Abruf (vgl. Grafik G32).

Arbeitnehmende aus Kanada und den Vereinigten Staaten profitieren überdurchschnittlich oft von flexiblen Arbeitszeiten (60,7%), gefolgt von jenen aus Europa (36,2%) und Asien (30,2%). Demgegenüber verfügen lediglich 18,9% der Arbeitnehmenden aus Afrika über ein flexibles Arbeitszeitmodell.
5.4 Erwerbslosigkeit gemäss ILO
Von der Erwerbslosigkeit sind Afrikaner am stärksten betroffen: ihre Erwerbslosenquote gemäss Definition des Internationalen Arbeitsamtes (ILO) beläuft sich auf 25,7% (vgl. Grafik G33). Bei den Lateinamerikanern und den Asiaten ist die Quote zwar deutlich tiefer (16,8% bzw. 13,2%), jedoch immer noch wesentlich höher als bei den Ausländerinnen und Ausländern aus Europa (7,5%).
Zusätzlich zu einer hohen Erwerbslosenquote gemäss ILO zeichnen sich die Afrikaner durch einen hohen Anteil an Langzeiterwerbslosigkeit aus: über die Hälfte der erwerbslosen Afrikaner sind seit über einem Jahr aktiv auf Arbeitssuche. Im Vergleich dazu sind es bei den erwerbslosen Lateinamerikanern und Asiaten 46,1% bzw. 45,8% (Europäer: 38,9%).

Definitionen
Erwerbstätige
Als Erwerbstätige gelten Personen im Alter von mindestens 15 Jahren, die während der Referenzwoche
– Während mindestens einer Stunde einer bezahlten Arbeit nachgingen; oder
– Trotz zeitweiliger Abwesenheit von ihrem Arbeitsplatz (wegen Krankheit, Ferien, Mutterschaftsurlaub, Militärdienst usw.) weiterhin eine Arbeitsstelle als Selbstständigerwerbende oder Arbeitnehmende hatten; oder
– Unentgeltlich im Familienbetrieb mitgearbeitet haben.
Erwerbslose gemäss ILO (internationale Definition):
Als Erwerbslose gemäss ILO gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind, aktiv nach Arbeit suchen und für die Aufnahme einer Tätigkeit verfügbar wären.
Silvia Perrenoud, BFS
Referenzen:
BFS (2018) Arbeitsmarktindikatoren 2018, Neuchâtel.
United Nations Economic Commission for Europe (2015) Handbook on Measuring Quality of Employment. A Statistical Framework, Genf.
6 Segregation der ausländischen Bevölkerung
Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz wächst: 2016 lebten rund 8,4 Millionen Personen im Land. Dies sind 20% mehr als im Jahr 2000 (7 Millionen). Dieser Bevölkerungsanstieg gründet stark auf Einwanderung: Zwischen 2000 und 2016 sind insgesamt 1,1 Millionen Personen neu in die Schweiz gezogen. Unabhängig von der Nationalität wählen die Eingewanderten dabei mehrheitlich städtische Gebiete als Wohnort. Die ausländische Bevölkerung verteilt sich demnach nicht gleichmässig über den Raum, sondern sie segregiert je nach Nationalität unterschiedlich. Nach wie vor ist die ausländische Bevölkerung aber in den Schweizer Gemeinden mit wenigen Ausnahmen in der Minderzahl. Basierend auf den Volkzählungs- und den STATPOP-Daten analysiert dieser Beitrag das Segregationsverhalten der verschiedenen ausländischen Nationalitätengruppen.
Wenn Personen aus dem Ausland zuwandern, tun sie dies aus verschiedenen Gründen, kommen aus unterschiedlichen Kulturen und haben unterschiedliche soziodemografische Eigenschaften. Dies spiegelt sich unter anderem in der Wahl der Wohngemeinde. Somit erfolgt diese Wahl nicht zufällig. Vielmehr zieht eine bestimmte Bevölkerungsgruppe gewisse Gemeinden oder Regionen anderen als Wohnort vor, so dass es zu einer räumlichen Konzentration der verschiedenen Gruppen kommt. In einem solchen Fall spricht man von Segregation, also Unterschieden in der räumlichen Verteilung von Bevölkerungsgruppen nach bestimmten Merkmalen. Eine solche Segregation ist nicht per se negativ, sondern eher Ausdruck unterschiedlicher Wohnortspräferenzen und ökonomischer Ressourcen der Bevölkerung.

6.1 24% der Bevölkerung müsste Wohnort wechseln
2016 hatten 75,0% der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz Die folgenden Auswertungen beziehen sich auf die ständige Wohnbevölkerung. einen Schweizer Pass oder anders gesagt: Jede vierte Person war ausländischer Nationalität. Würden sich schweizerische und ausländische Bevölkerung zufällig über alle Gemeinden verteilen, hätten 2016 in jeder der über 2000 Gemeinden drei von vier Personen die Schweizer und eine Person eine ausländische Nationalität besessen. Stellt man dieser theoretischen Verteilung die tatsächliche Verteilung der ausländischen Bevölkerung gegenüber, kann der Segregationsgrad errechnet werden. In der Schweiz lag dieser Wert 2016 bei 0,24. Segregationsindex nach Duncan and Duncan (1955) Das bedeutet, dass rund 24% der ausländischen Bevölkerung ihre Wohngemeinde hätten wechseln müssen, damit sich die ausländische und die schweizerische Bevölkerung gleichmässig über die Gemeinden verteilt hätten. Wie drückt sich diese ungleichmässige Verteilung über die Schweizer Gemeinden aus?
Die folgende Analyse des Segregationsverhaltens der ständigen Wohnbevölkerung basiert auf der Raumtypologie des «Städtischen Charakters» (vgl. Grafik G34) Vgl. BFS 2014 . Diese erlaubt eine Unterscheidung zwischen den städtischen Gemeinden, dem Umland und den ländlichen Gemeinden: Zu den städtischen Gemeinden gehören einerseits die hochdichten «Kernstädte» und andererseits weitere dicht besiedelte Gemeinden des «städtischen Raums», zum Umland die «Einflussgebiete städtischer Kerne», die mit den städtischen Gemeinden stark durch Pendlerströme verflochten sind. Gemeinden, die weder dicht besiedelt sind, noch eine hohe Pendlerverflechtung zu den Zentren aufweisen, werden zur vierten Kategorie der «ländlichen Gemeinden» gezählt.
Ständige Wohnbevölkerung nach Nationalitätengruppen T6
2000 | 2016 | Vgl. 2000 / 2016 | |||
---|---|---|---|---|---|
Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | Prozentpunkte | |
Schweizer Bevölkerung | 5 635 240 | 80,2 | 6 318 404 | 75 | – 5,2 |
Ausländische Bevölkerung | 1 386 952 | 19,8 | 2 098 911 | 25 | 5,2 |
Afrika | 39 036 | 0,6 | 102 988 | 1,2 | 0,6 |
Amerika und Ozeanien | 46 609 | 0,7 | 82 966 | 1,0 | 0,3 |
Asien | 75 974 | 1,1 | 154 023 | 1,8 | 0,7 |
Nordeuropa und Westeuropa | 240 162 | 3,4 | 574 166 | 6,8 | 3,4 |
Osteuropa1 | 25 195 | 0,4 | 98 602 | 1,2 | 0,8 |
Südeuropa und Südwesteuropa | 608 184 | 8,7 | 750 387 | 8,9 | 0,2 |
Südosteuropa | 351 792 | 5,0 | 335 779 | 4,0 | –1,0 |
Missings | 284 | 0,0 | 2 235 | 0,0 | |
Total | 7 022 476 | 100 | 8 419 550 | 100 |
1 Zu den osteuropäischen Staaten zählt auch Russland.
Quelle: Statistisches Amt Kanton Zürich, BFS, VZ, STATPOP
© BFS 2019
2016 wohnten 36,6% der Personen ausländischer Nationalität in Kernstädten, aber nur 25,0% der Schweizer Staatangehörigen (vgl. Grafik G35). Letztere wohnten dagegen häufiger als die ausländische Bevölkerung in den Einflussgebieten von städtischen Kernen (24,1%) oder ländlichen Gemeinden (16,9%). Der Anteil der ausländischen Bevölkerung lag 2016 in diesen Räumen bei 15,0% bzw. 10,7%.

6.2 Heterogene ausländische Bevölkerung
Die Unterscheidung zwischen ausländischer und Schweizer Bevölkerung lässt aber keine ausreichend differenzierte Aussage über die Segregation der ausländischen Bevölkerung zu. Denn diese Bevölkerungsgruppe ist keineswegs homogen, sondern unterscheidet sich nach sozialen und kulturellen Merkmalen, was sich auch auf das Wohn- und damit auf das Segregationsverhalten auswirkt. Im Folgenden sollen deshalb die relativen Anteile verschiedener Nationalitätengruppen näher analysiert werden. Die Ländergruppierung richtet sich dabei vorwiegend nach Kontinenten sowie für europäische Länder nach der Länderklassifizierung des BFS.
Personen aus nord-, west-, süd- und südwesteuropäischen Ländern, die beinahe deckungsgleich mit den alten EU-Mitgliedstaaten sind, machen in der Schweiz einen vergleichsweise hohen Anteil der ausländischen Bevölkerung aus. 2016 stammten 15,7% der ständigen Wohnbevölkerung aus diesen Ländern. Vier Prozent der Bevölkerung waren 2016 Bürger eines südosteuropäischen Staates. Die weiteren Nationalitätengruppen Afrika, Amerika und Ozeanien, Asien sowie Osteuropa und Russland machten 2016 jeweils weniger als zwei Prozent der Wohnbevölkerung der Schweiz aus.
6.3 Unterschiedliche Entwicklung der Nationalitätengruppen
Wie hoch der Anteil einer Bevölkerungsgruppe an der Gesamtbevölkerung ist, hängt einerseits damit zusammen, wie stark sie im Vergleich zur Entwicklung der Gesamtbevölkerung aus dem Ausland oder durch Geburten Zuwachs erhält. Andererseits können Nationalitätengruppen auch durch Einbürgerungen oder Wegzüge ins Ausland an Stärke verlieren.
Auch wenn die ausländische Bevölkerung seit der Jahrtausendwende sowohl absolut als auch relativ zugenommen hat, hat nicht jede Bevölkerungsgruppe gleichermassen an Bedeutung gewonnen (vgl. Tabelle T6). Vor allem Personen aus nord- und westeuropäischen Staaten waren 2016 häufiger als noch 2000. Diese Nationalitätengruppe nahm zwischen 2000 und 2016 um 3,4 Prozentpunkte zu. Dagegen waren Personen südosteuropäischer Nationalität 2016 sowohl zahlen- als auch anteilsmässig weniger stark vertreten als noch 2000. Die restlichen fünf Nationalitätengruppen haben bis 2016 im Vergleich zur Jahrtausendwende um weniger als ein Prozentpunkt zugenommen.
Wie wirkt sich die relative Veränderung der einzelnen Nationalitätengruppen auf ihre Verteilung über die Schweizer Gemeinden aus? Ziehen die Neuzugezogenen vor allem in Gemeinden, in denen bereits Angehörige ihrer Gruppe wohnen? Oder hat der höhere Anteil der Gruppe hauptsächlich zur Folge, dass sich diese gleichmässiger über die Schweizer Gemeinden verteilt?
6.4 Abnahme der Segregation seit 2000
Die ausländische Bevölkerung war 2000 allgemein stärker segregiert als 2016: 2000 hätten 27% der Bevölkerung ihren Wohnort wechseln müssen und somit sechs Prozentpunkte mehr als 2016, damit in jeder Gemeinde die ausländische und die Schweizer Bevölkerung denselben Anteil der Wohnbevölkerung ausmachen würden. Eine nach einzelnen Nationalitätengruppen differenzierte Betrachtung zeigt, dass sämtliche Nationalitätengruppen, die zwischen 2000 und 2016 an Zahl und Anteil zugenommen haben, 2016 weniger segregierten als noch 2000 (vgl. Tabelle T7). Es zeigen sich aber deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Nationalitätengruppen.
Segregations- und Dissimilaritätsindex nach Nationalitätengruppen T7
Nationalitätengruppe | Segregationsindex | Dissimilaritätsindex | ||
---|---|---|---|---|
2000 | 2016 | 2000 | 2016 | |
Schweizer Bevölkerung | 0,27 | 0,24 | – | – |
Ausländische Bevölkerung 1 | 0,27 | 0,24 | 0,27 | 0,24 |
Afrika | 0,49 | 0,35 | 0,52 | 0,39 |
Amerika und Ozeanien | 0,38 | 0,37 | 0,41 | 0,41 |
Asien | 0,34 | 0,28 | 0,37 | 0,32 |
Nordeuropa und Westeuropa | 0,26 | 0,24 | 0,28 | 0,26 |
Osteuropa | 0,31 | 0,22 | 0,34 | 0,25 |
Südeuropa und Südwesteuropa | 0,31 | 0,29 | 0,34 | 0,32 |
Südosteuropa | 0,29 | 0,31 | 0,31 | 0,33 |
1 Werden nur zwei Gruppen betrachtet, unterscheiden sich der Segregations- und der Dissimilitäritsindex nicht, da die Restpopulation der Referenzgruppe entspricht.
Lesehinweis zur Tabelle: Segregationsindex nach Duncan and Duncan (1955): Damit sich die Personen aus nord- und westeuropäischen Staaten im Vergleich zur Restbevölkerung gleichmässig über die Schweizer Gemeinden verteilen, hätten 2000 26% ihre Wohngemeinde wechseln müssen.
Dissimilaritätsindex nach Duncan and Duncan (1955): Damit sich Personen aus nord- und westeuropäischen Staaten wie die Schweizer Bevölkerung über die Gemeinden verteilen würden, hätten 2000 28% ihre Wohngemeinde wechseln müssen.
Quellen: Statistisches Amt Kanton Zürich, BFS, VZ, STATPOP
© BFS 2019
Tabelle T7 weist den Segregationsindex sowie den Dissimilaritätsindex nach Duncan and Duncan (1955) aus. Ersteres misst, wie stark sich die räumliche Verteilung einer Bevölkerungsgruppe von der Verteilung der Restbevölkerung unterscheidet. Dagegen stellt der Dissimilaritätsindex die räumliche Verteilung der interessierten Gruppe einer bestimmten Referenzgruppe gegenüber. Mit Hilfe dieses Masses lassen sich räumlich ähnliche oder komplementäre Muster zwischen Bevölkerungsgruppen herauskristallisieren. Für beide Indizes steht der Wert 1 für eine vollständige räumliche Segregation oder Dissimilarität der Bevölkerungsgruppe und 0 für die räumliche Gleichverteilung gegenüber der Referenzgruppe.
Personen aus nord- oder westeuropäischen Staaten verteilen sich ähnlich wie die Schweizer Bevölkerung über die Gemeinden, sowohl was die Gleichverteilung (Segregationsindex) als auch das räumliche Muster (Dissimilaritätsindex) anbelangt. Dagegen weisen Personen aus afrikanischen Staaten eine vergleichsweise hohe Ungleichverteilung und ein divergierendes räumliches Muster zur Schweizer Bevölkerung auf. Wie lassen sich diese unterschiedlichen Werte erklären?
6.5 Häufiger in Kernstädten, seltener in Einflussgebieten
Im Vergleich zur Schweizer Bevölkerung lebt die ausländische Wohnbevölkerung allgemein häufiger im städtischen Raum und Kernstädten und weniger in den Einflussgebieten von städtischen Kernen (vgl. Grafik G35). Differenziert nach Nationalitätengruppen nehmen die Unterschiede weiter zu: Knapp jede zweite Person aus afrikanischen Staaten wie auch jede zweite Person aus Amerika und Ozeanien wohnte 2016 in einer der 59 Schweizer Kernstädte, aber nur jede vierte Person mit Schweizer Pass (vgl. Grafik 36).
Allgemein zeigt sich, dass ein höherer Segregations- und Dissimilaritätsindex (vgl. Tabelle T7) mit einer gewissen Konzentration der Nationalitätengruppe in den Kernstädten und einer tieferen Präsenz in den Einflussgebieten der städtischen Kerne einhergeht. Nationalitätengruppen wie die nord- und westeuropäische oder die osteuropäische, die wie die Schweizer Wohnbevölkerung vergleichsweise häufig in Einflussgebieten städtischer Kerne wohnen, haben dagegen einen relativ tiefen Segregations- und Dissimilaritätsindex.

6.6 Veränderung in der räumlichen Verteilung
Die Wohnbevölkerung verteilte sich 2016 annähernd gleich über die vier Räume wie 2000: Rund 28% der Gesamtbevölkerung wohnte in den Kernstädten und rund 35% in anderen Gemeinden des städtischen Raums (vgl. Grafik G37). Damit lebte nur etwas mehr als jede dritte Person in Gemeinden der Einflussgebiete von städtischen Kernen (2000: 21,2%, 2016: 21,8%) oder in ländlichen Gemeinden (2000: 16,2%, 2016: 15,4%). Es zeigen sich aber Unterschiede, wenn zwischen ausländischer und Schweizer Nationalität differenziert wird: Der Anteil der ausländischen Bevölkerung hat nach 2000 in den Kernstädten an Bedeutung verloren: 2016 wohnten weniger Personen mit ausländischem Pass in Kernstädten als dies 2000 der Fall war (– 3,1 Prozentpunkte.) Dagegen wählte die ausländische Bevölkerungsgruppe 2016 häufiger Gemeinden im Einflussgebiet von städtischen Kernen (+ 2,3 Prozentpunkte) oder ländliche Gemeinden (+ 0,9 Prozentpunkte). Auch die Schweizer Wohnbevölkerung wohnte 2016 häufiger in Einflussgebieten von städtischen Kernen (+ 0,8 Prozentpunkte), aber auf Kosten der ländlichen Gemeinden (– 0,8 Prozentpunkte).
Noch deutlicher ist die Veränderung, wenn die einzelnen Nationalitätengruppen betrachtet werden: Seit 2000 haben die osteuropäische (– 10,3 Prozentpunkte), die afrikanische (– 8,2 Prozentpunkte) und die asiatische Nationalitätengruppe (– 6,6 Prozentpunkte) insbesondere in den Kernstädten an Bedeutung verloren. Dagegen wählten diese Nationalitätengruppen 2016 häufiger Gemeinden im Einflussgebiet von städtischen Kernen oder ländliche Gemeinden als Wohnort (vgl. Grafik G38).
Aber auch bei anderen ausländischen Nationalitätengruppen zeigte sich nach 2000 eine gewisse Verlagerung aus den Kernstädten und dem städtischen Raum in die Einflussgebiete von städtischen Kernen. Einzig Personen aus nord- und westeuropäischen Staaten (+ 0,4 Prozentpunkte) wohnten 2016 marginal häufiger in Kernstädten als noch 2000. Bei der Nationalitätengruppe Amerika und Ozeanien verlieren die Kernstädte (– 0,6 Prozentpunkte) zugunsten des städtischen Raums an Bedeutung.


6.7 Räumliche Diversifizierung oder Verdrängung?
Mit Ausnahme der südosteuropäischen Nationalitätengruppe haben sämtliche ausländische Bevölkerungsgruppen seit 2000 absolut und anteilsmässig zugenommen. Die ausländische Bevölkerung segregierte 2016 jedoch weniger stark als noch zur Jahrtausendwende. Grund hierfür ist vor allem die geringere Konzentration der ausländischen Bevölkerung in den Schweizer Kernstädten. Generell hat zwischen 2000 und 2016 eine gewisse Verlagerung der ausländischen Bevölkerung ins Umland und in ländliche Gemeinden stattgefunden.
Nicht alle Nationalitätengruppen haben jedoch in den Kernstädten an Bedeutung eingebüsst: Personen aus nord- und westeuropäischen Staaten wählten 2000 wie 2016 annähernd gleich häufig eine Kernstadt als Wohnort. Im Vergleich zu anderen ausländischen Nationalitätengruppen weisen Personen aus Nord- und Westeuropa ein vergleichsweise hohes Bildungsniveau auf und gehören damit in der Tendenz zu den Besserverdienenden. Über die letzten Jahre haben vor allem in den Kernstädten wie Zürich und Genf die Wohnkosten deutlich zugenommen. Ein gewisser Verdrängungseffekt von weniger einkommensstarken Nationalitätengruppen aus diesen Mietpreishochburgen kann deshalb nicht ausgeschlossen werden. Die Ausweitung der ausländischen Bevölkerung in die Einflussgebiete der städtischen Kerne kann jedoch auch Ausdruck der zunehmenden Verstädterung des Umlands sein.
Schliesslich sind die verschiedenen Sprachregionen der Schweiz für die einzelnen Nationalitätengruppen unterschiedlich attraktiv. Einzelne Nationalitätengruppen weisen deshalb einen vergleichsweise hohen Segregationsindex auf. So wählten zum Beispiel 2016 Personen aus Süd- und Südwesteuropa häufiger das Tessin (20,3%) oder die Genferseeregion (14,1%) als Wohngebiet, weniger aber eine der deutschsprachigen Grossregionen (< 10%). Personen aus Afrika wohnten dagegen vergleichsweise häufig in der Genferseeregion (2,3%), aber auch im Espace Mittelland (1,4%) und seltener in den übrigen Grossregionen (< 1%).
Julie Craviolini, Statistisches Amt des Kantons Zürich
Referenzen
BFS (2014) BFS Aktuell. Raum mit städtischem Charakter der Schweiz 2012. Eine neue Definition der Agglomerationen und weiteren städtischen Raumkategorien. Neuchâtel.
Duncan, Otis Dudley et al. (1955) A Methodological Analysis of Segregation Indexes. American Sociological Review 41, pp. 210–217.
7 Zusatzinformationen
Das Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten ist das erste rechtsverbindliche multilaterale Instrument Europas zum Schutz nationaler Minderheiten. Es hat zum Ziel, das Bestehen nationaler Minderheiten in dem jeweiligen Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten zu schützen und die vollständige und tatsächliche Gleichheit der nationalen Minderheiten zu fördern, indem es geeignete Bedingungen schafft, die es ihnen ermöglichen, ihre Kultur zu erhalten und zu entwickeln und ihre Identität zu bewahren. In der Schweiz wurde das Rahmenübereinkommen 1998 ratifiziert und am 1. Februar 1999 in Kraft gesetzt. In der Schweiz werden zurzeit die Angehörigen der nationalen sprachlichen Minderheiten, die Angehörigen der jüdischen Gemeinschaft und die sesshaft und fahrend lebenden Jenischen, Sinti und Manouches als nationale Minderheiten anerkannt.
Die Eidgenössische Migrationskommission (EKM) befasst sich zudem mit Fragen zum Thema Identität und Zugehörigkeit . Über den Aufbau gemeinsamer Identitäten können Gruppen mobilisiert werden, spezifische Interessen zu artikulieren und gestützt darauf strategisch zu handeln.
An den Schweizer Statistiktagen im August 2018 wurde ein Workshop zum Thema Vielfalt und Minderheiten in der Schweizer Statistik durchgeführt.
Die Integrationsindikatoren räumliche Segregationsindex des Bundesamtes für Statistik (BFS) vergleichen die statistischen Werte, die die einzelnen Gruppen der ständigen ausländischen Bevölkerung bzw. der Bevölkerung mit Migrationshintergrund aufweisen. Der räumliche Segregationsindex steht im Zusammenhang mit der Dimension der Lebensbedingungen. Dieser Indikator zeigt, in welchem Ausmass Personen verschiedener Bevölkerungsgruppen räumlich konzentriert in bestimmten politisch-administrativen Raumeinheiten leben. Er dient als Indikator der gesellschaftlichen Integration bzw. Isolation.